Moment mal Attraktion adé oder: Große Chance im Kleinen vertan

Hamburg, Bexbach und Zweibrücken bilden nicht unbedingt eine logische Aufzählung. Doch die Aneinanderreihung der drei Städte regt eventuell zum Nachdenken an, wie im Kleinen eine große Chance vertan werden kann – findet Merkur-Chefredakteur Michael Klein.

Moment mal: Attraktion adé oder: Große Chance im Kleinen vertan
Foto: SZ/Roby Lorenz

Es ist so etwas wie vermintes Gebiet, in Zweibrücken über die Elbphilharmonie zu reden. Spätestens seit Kurt Pirmann beim Neujahrsempfang der Stadt im Januar dieses Jahres den Abermillionen teuren Prachtbau am Beginn der Hamburger Speicherstadt in den Mund nahm, um ihn als passendes Beispiel großmannsüchtigen Wirtschaftens und ungleicher Startbedingungen auf kommunaler Ebene zu zeichnen, ist das mondäne, beim Bau schlagzeilenträchtig aus allen finanziellen Fugen geratene Konzerthaus ein Tabuwort. Da hilft es auch nichts, dass eben jene Elbphilharmonie, in der am Wochenende für die G20-Gipfel-Staatsfrauen und -männer  Beethovens „Neunte“ erklang, nur ein paar Monate nach ihrer offiziellen Eröffnung inzwischen die meistbesuchte touristische Attraktion in Deutschland ist.
Vom Andrang darf sich ruhig jeder selbst überzeugen. Erst vor ein paar  Tagen hatte auch ich zusammen mit meiner Frau die Chance, als einer von vielen in einer im Hamburger Nieselregen ausharrenden Menschenschlange geduldig auf den Einlass zu warten. Belohnt wird man für die Ausdauer mit der Möglichkeit eines Rundgangs auf der Plaza und einem spektakulären Ausblick über den Hamburger Hafen.
Aber warum so viele Worte über Hamburg, die Stadt im Norden, und deren gigantische Attraktion? Na ja, sie verhilft der Hansestadt zu einer Ausnahmesituation, markiert ein Alleinstellungsmerkmal wie es seit wenigen Tagen auch – Bexbach hat!
Hamburg? Bexbach? Wir sollten doch bitte schön über Zweibrücken reden, oder? Stimmt! Drum also die Frage, wo denn unsere Stadt in der Aufzählung bleibt. Und die überspitzt formulierte Antwort darauf direkt hinterher: Auf der Strecke!
Der Hintergrund der verknappten Feststellung: In Bexbach, genauer in Bexbachs guter Stube, dem Blumengarten, präsentiert sich seit 28. Juni die Gulliver Welt 2.0. Ohne dass die Stadt sonderlich in ihre Schatulle greifen musste, ist dort jetzt eine Ansammlung weltweit bekannter Bauwerke en miniature zu sehen, die bis zum Jahre 2012 im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken über gut zweieinhalb Jahrzehnte die Besucher begeisterte. Vor fünf Jahren hat die Homburger Firma Dr. Theiss Naturwaren, insbesondere in Form ihrer Chefs Peter Theiss und Giuseppe Nardi, die rund 40 Miniaturen im Maßstab 1:33 umfassende Sammlung erstanden – und dafür einen neuen Standort gesucht.
Homburg, das Areal ums vormalige Stadtbad, ist in der Findungsphase aufgrund der Flüchtlingssituation und der dafür zwischenzeitlich benötigten Fläche ausgefallen. Neben Bexbach hatten auch andere Städte bei der Homburger Firma und den beiden Unternehmern angeklopft. Zweibrücken – wenn keiner der Verantwortlichen mauert – dem Vernehmen nach leider nicht. Dabei wäre es doch wenigstens einen Versuch wert gewesen.
Denn bei der offiziellen Einweihung der Miniaturwelt (ich war dabei  nicht der einzige „Zweibrücker“) ist nicht nur mir in den Sinn gekommen, dass sich auch der Rosengarten als neue Heimat der imposanten Nachbildungen weltweiter architektonischer Unikate mehr als angeboten hätte – allem Bewahren der denkmalschützenden Gralshüter zum Trotz. Ja, auch Zweibrücken hätte auf diese Weise ein Alleinstellungsmerkmal gehabt. Bundesweit gibt es das in dieser Form nämlich nicht mehr. Besucher von weit außerhalb unserer Stadtgrenzen hätten mit einem Mal einen tollen und exquisiten Anreiz gehabt, sich nach Zweibrücken, in unsere Stadt,  in den Rosengarten und eben genau dort auf eine Weltreise im Kleinen zu begeben. Was sicherlich die Zahl der jährlich  gut 100 000 Rosengarten-Besucher noch gesteigert hätte.
Schade, die Chance ist vertan. Allen persönlichen Verbundenheiten der hier und im nahen Saarland agierenden Bestimmer und Multiplikatoren zum Trotz, die doch eigentlich nicht müde werden, routiniert die engen Kontakte und das gute Miteinander zu loben.
Übrigens: Ganz nebenbei hätte die kleine Welt des großen Gulliver auch das Potenzial gehabt, dem Umwelt-und Servicebetrieb Zweibrücken (UBZ) dabei zu helfen, das sich verringernde Defizit (aktuell minus 470 000 Euro im Jahr 2016) des Rosengartens auch ohne die dieser Tage vereinbarten buchhalterischen Verschiebungen noch schneller gegen null zu fahren oder auszumerzen.

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