Anwälte für Freiheit und Demokratie

Zweibrücken · In der Zeit des Vormärz machten gleich mehrere liberale Advokaten am Zweibrücker Appellationsgericht, dem Vorläufer des heutigen Oberlandesgerichtes, von sich reden. Berühmtester ist sicherlich Friedrich Schüler.

 Das Zweibrücker Schloss, Sitz des Pfälzischen Oberlandesgerichts, das heuer 200 Jahre wird.Foto: Svenja Kissel

Das Zweibrücker Schloss, Sitz des Pfälzischen Oberlandesgerichts, das heuer 200 Jahre wird.Foto: Svenja Kissel

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Friedrich Schülers ausgezeichnetes Talent und eine ebensolche Redegabe, mit der er seine radikalliberale Position im Münchner "Sturmlandtag" von 1831 vertrat, machten ihn binnen weniger Monate zu einem der bekanntesten pfälzischen Politiker. Zum Wortführer der radikalen Opposition gewählt, nutze er als Landtagsabgeordneter in München regelmäßig die Rednertribüne als Forum für seine Kritik am König, an dessen Regierung und insbesondere der Pressezensur . Die Feste, die nach Schülers Rückkehr nach Zweibrücken Anfang 1832 ihm zu Ehren im Gasthaus Ladeberger (Bubenhausen) gefeiert wurden, waren wichtige Stationen auf dem Weg zu Hambacher Fest 1832. Mit seinen mutigen Reden dort ging Schüler (1791-1873) endgültig in die deutsche Geschichte ein. Aus seinem Exil in Frankreich heraus, wohin er nach dem Hambacher Fest geflohen war, wurde der Zweibrücker Anwalt in die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt. Wie alle pfälzischen Abgeordneten, vertrat er eine konsequent demokratische Linie. Als Innenminister gehörte er der fünfköpfigen Regierung des Deutschen Reiches an. "An dem pfälzischen Aufstand jedoch beteiligte er sich nicht, weil seiner Auffassung nach die Bewegung dort den Boden der Rechtsmäßigkeit verlassen hatte", berichtet Stadtmuseumsleiterin Charlotte Glück. Nachdem die Deutsche Nationalversammlung gescheitert war, ging Schüler zurück nach Frankreich ins Exil, wo er 1873 zurückgezogen verstarb.

Auch der Advokat Gustav Adolph Gulden (1808-1882) gehörte als Abgeordneter des (dritten pfälzischen) Wahlkreises Homburg der Frankfurter Nationalversammlung an. Seine Mutter Henriette war die Schwester des Zweibrücker Advokaten-Duos Christian und August Culmann, so dass Gulden den familiären Freiheitsdrang wohl ebenso "geerbt" hat wie die Juristerei. Seine liberalen Aktivitäten führten zu einem Eintrag im "Schwarzen Buch" der Bundeszentralbehörde, dem Index politisch missliebiger, weil demokratisch gesinnter, Personen und damit zunächst zu einem Berufsverbot. Erst 1837 konnte er sich in Zweibrücken als Anwalt niederlassen. Die Beseitigung des Adels, die Abschaffung der Todesstrafe, konfessionell ungebundene Schulen sowie das passive Wahlrecht für jeden Deutschen waren Forderungen, die Gulden mit unterzeichnete. Dazu gehört auch der Antrag "Das deutsche Volk ist souverän. Alle Reichsgewalt rührt vom Volke her", der ebenso abgelehnt wurde, wie später die Reichsverfassung, der die bayerische Regierung ihre Anerkennung verweigerte. Ein Dorn im Auge war Gulden die viel gepriesene "Volkstreue" gegenüber den angestammten Herrschern. Am 23. April 1849 schrieb Gulden ins Parlamentsalbum in der Paulskirche: "Erlangt das Volk in seiner großen Mehrzahl einmal statt dieser aus der Volkssklaverei stammenden Treue den Bürgerstolz und das Selbstgefühl des freien Mannes, dann ist die Souveränität des Volkes tatsächlich begründet und die Unterdrückung durch des Volkes Kräfte zur Unmöglichkeit geworden." Auch er beteiligte sich nicht an den Aufständen 1849, sondern nahm seine Anwaltstätigkeit in Zweibrücken wieder auf. So verteidigte er seinen Onkel August Culmann in dessen Disziplinarverfahren wegen Beteiligung an eben jener "Pfälzischen Revolution". 1851 wirkte Gulden als Anwalt bei dem Verfahren gegen die "Bergzabener Freischaren" vor einem Spezialgericht bei einem der wichtigsten Verfahren in der Folge der "Pfälzischen Revolution" mit. Der Vorsitzende der Anwaltskammer gehörte viele Jahre lang dem Zweibrücker Stadtrat an.

Das Leben von August Ferdinand Culmann (1804-1891) bringt Abwechslung in die liberalen Streiter, die zumeist Juristen , Politiker und Journalisten waren. Seine Karriere begann allerdings ebenfalls als Advokat, zunächst am Bezirksgericht in Kaiserslautern und ab 1830 am Appellationsgericht der Pfalz in Zweibrücken . Während er sich im Vorfeld des Hambacher Festes kaum politisch betätigte, profilierte er sich 1833 im Assisenprozess in Landau als liberal gesinnter Advokat für viele Hambach-Verfolgte. In dieser Zeit war die Kanzlei seines älteren Bruders Johann Christian, in die August Ferdinand eingetreten war, hoch erfolgreich. Sie schrieb Justizgeschichte, indem sie bei einem viele Jahre währenden Prozess für die Grafen von der Leyen die Rückgabe deren Kohlengruben vom Königreich Bayern forderte. Während der Revolution 1848/49 engagierte sich Culmann politisch, rückte für den Wahlkreis Landau als Linksradikaler in die Paulskirche nach. Seine Ziele: Verfassungs-Recht auf Arbeit, das Staatsoberhaupt als periodisch gewählter Präsident und eine parlamentarische Abstimmung über Krieg oder Frieden. Wegen "Komplotts, Attentats und direkter Provokation durch Reden" als einer der Hauptangeklagten 1851 zum Tode verurteilt, wurde Culmann erst durch die Generalamnestie 1865 begnadigt. Bereits 1844 war er der Gesellschaft Grube Frankenholz beigetreten, der größten Privatgrube links des Rheins. Er war dort Bergwerksdirektor, Präsident des Verwaltungsrates und Generaldirektor.

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