Zweibrücker Rat einstimmig für fünf weitere Polleranlagen – massivere als am Hallplatz Anti-Terror-Poller rund um die Fußgängerzone

Zweibrücken · Nach der tödlichen Amokfahrt von Trier ist im Zweibrücker Stadtrat die Ablehnung weiterer Poller Einstimmigkeit für gleich fünf neue Anlagen gewichen. Die neuen Sperren bieten deutlich mehr Schutz als die bislang einzig vorhandene am Hallplatz. Der Merkur hat nachgefragt, warum diese wichtige Zufahrt nicht aufgerüstet wird.

 Die versenkbaren Poller in Zweibrücken – im Bild die bislang einzigen am Übergang Rosengartenstraße/Hallplatz – bekommen kräftigeren Nachwuchs.

Die versenkbaren Poller in Zweibrücken – im Bild die bislang einzigen am Übergang Rosengartenstraße/Hallplatz – bekommen kräftigeren Nachwuchs.

Foto: Lutz Fröhlich

Soll die Zweibrücker Fußgängerzone mit versenkbaren Pollern vor unberechtigt Einfahrenden geschützt werden? Jahrelang war diese Frage heftig umstritten. So hing die Entscheidung des Stadtrats im Mai 2019, zumindest mal an einer Zufahrt (Rosengartenstraße) Poller auszuprobieren, an einer einzigen Stimme. Und bei den Haushaltsberatungen im November 2020 scheiterte der SPD-Antrag, Poller auch am anderen Ende der Fußgängerzone an der Alexanderstraße aufzustellen, am Widerstand aller anderen Fraktionen (bei Enthaltung der Grünen).

Jetzt aber gibt es einen massiven Sinneswandel: Der Stadtrat hat sich am Mittwochabend für gleich fünf neue Polleranlagen ausgesprochen, die sogar mehr Geld kosten werden als in der Rosengartenstraße – und das sogar einstimmig.

Der Grund für diese radikale Kehrtwende hat allerdings nichts mit Zweibrücken zu tun. Wenige Tage nach dem Nein des Stadtrats vorigen November zu einem weiteren Poller raste ein Amokfahrer durch die Fußgängerzone von Trier und erfasste dabei in offensichtlich gezieltem Zickzack-Kurs viele Menschen – fünf starben, 24 wurden körperlich teils schwer verletzt, weitere rund 300 erlitten psychische Verletzungen.

Noch in der gleichen Woche kündigte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) an, Kommunen finanziell zu unterstützen, die als Sperren wirksame Poller oder andere Schutzeinrichtungen installieren.

Das Geld war bis dahin für viele Stadträte im hoch verschuldeten Zweibrücken der Knackpunkt gewesen. Doch bei 90 Prozent Zuschuss, die das Innenministerium in Aussicht stellt, sagte kein Stadtrat Nein zu dem Beschlussvorschlag, „die Maßnahme zu beantragen“. (Lediglich bei der Genehmigung der außerplanmäßigen Haushaltsaufwendung gab es eine Gegenstimme von Thomas Eckerlein, CDU, und zwei Enthaltungen aus der AfD).

Installiert werden sollen die Poller an den folgenden Einmündungen zur Fußgängerzone: Alexanderstraße, Einfahrt von der Hauptstraße (Busbahnhof ZOB) auf den Alexanderplatz, Ritterstraße, Mühlstraße und Poststraße.

„Wir haben eine veränderte Situation nach Trier“,begründete Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) den Verwaltungsvorschlag. „Großer Diskussionspunkt waren in der Vergangenheit ja die Kosten – mit dem Zuschuss wird das aber eine tragbare Belastung.“ Die Kosten pro „Hochsicherheitspoller“ betragen laut Verwaltungsvorlage 77 700 Euro, für fünf Anlagen also insgesamt 378 500 Euro. Bei 90 Prozent Förderung muss die Stadt also nur 37 850 Euro zahlen.

FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler sagte: „Die FWG war in der Vergangenheit dagegen wegen der Kosten. Jetzt ist das anders. Wichtig ist uns, dass das Hochsicherheitspoller sind und es 90 Prozent Zuschuss gibt.“ Fraktionskollege Patrick Lang ergänzte, der städtische Eigenanteil sei auch deshalb verkraftbar, weil die Poller ja auch Geld für Betonbarrieren oder quergestellte Laster spare, mit denen man bislang (seit dem Terroranschlag 2016 auf den Weihnachtsmarkt in Berlin) bei Veranstaltungen wie dem Stadtfest die Zufahrten zur Fußgängerzone absperre.

Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann erinnerte daran, dass die Poller an der Rosengartenstraße mit 40 000 Euro deutlich günstiger waren und fragte: „Warum? Ist das wegen höherer Sicherheit?“ Oberbügermeister Wosnitza antwortete: „Genau. Vor dem Hintergrund der Kosten hatten wir uns damals gegen sogenannte Gefahrenabwehrpoller entschieden.“

Was die Frage aufwirft – die in der Sitzung niemand stellte, danach aber der Pfälzische Merkur der Stadtverwaltung: Wenn die neuen Poller die Fußgängerzone nicht nur vor Falschfahrern und Falschparkern schützen soll, sondern auch vor Amok- und Terror-Fahrten: Warum bleibt dann ausgerechnet diejenige Zufahrt schlechter geschützt, die die Stadt bei der Entscheidung 2019 als vorrangig pollerbedürftig eingestuft hatte? Warum hat die Stadtverwaltung dem Rat keinen Antrag auf Fördermittel vorgeschlagen, um auch die Zufahrt über die Rosengartenstraße nach dem höheren Standard der übrigen Zufahrten aufzurüsten?

Der neue Stadtsprecher Jens John antwortete am Donnerstag: „Die Rosengartenstraße wurde jüngst schon abgesichert. Es sind nur Neuinstallationen förderfähig. Nach Rücksprache mit der Firma, welche den Poller geliefert haben, hält der Poller eine Anpralllast eines Pkw mit 30 km/h Geschwindigkeit stand. Diesen Nachweis zu führen bzw. durch die BASt (Bundesanstalt für Straßenwesen) anzuerkennen lassen würde den Kostenrahmen sprengen.“

Wird die Stadtverwaltung bei Großereignissen die Zufahrt Rosengartenstraße zusätzlich mit Barrieren wie Betonsperren absichern – oder ist die Sicherheit durch die bereits installierten Poller ausreichend? Stadtsprecher John mailte: „Großveranstaltungen, wie beispielsweise das Stadtfest, werden bei der Planung, Konzeption und Vorbereitung unter anderem in Abstimmung mit den Ordnungs- und Rettungsdiensten und der Polizei hinsichtlich ihrer Gefährdungslage bewertet. Demgemäß werden auch die sicherheitsrelevanten Absperrungen im Sicherheitskonzept der Veranstaltung festgeschrieben. Soweit fest installiere Absperrungen vorhanden sind und entsprechend zur Absicherung der jeweiligen Veranstaltung ausreichen, werden sie berücksichtigt. Darüber hinausgehende sicherheitsrelevante Absperrungen werden wenn nötig ergänzt. Ob dies Betonsperren oder entsprechend zertifizierte Wassertanks sind, wird jeweils für den Standort situativ festgelegt.“

Der Zweibrücker Polizeiinspektionsleiter Matthias Mahl hat in einem Schreiben an die Stadtverwaltung die Installation der fünf weiteren Polleranlagen deutlich begrüßt.

Mahl verweist auf die weltweite „Verschärfung der Sicherheitslage durch terroristische Bedrohungen unterschiedlicher religiöser, politischer und sonstiger Strömungen“ in den letzten Jahren und die Terroranschläge von Nizza und Berlin, wo 2016 mit Lastern 86 und 12 Passanten getötet wurden. Die Entwicklung hin zu Angriffen auf „sogenannte ,weiche Ziele’ „ habe „die polizeiliche Sicherheitsarchitektur innerhalb kurzer Zeit nachhaltig beeinflusst“, erläutert Mahl: „Die Sicherung von Veranstaltungs- und Bewegungsräumen einer Vielzahl ungeschützter Menschen gehört mittlerweile zu den polizeilichen und ordnungspolizeilichen Standardmaßnahmen. Die Fußgängerzone der Stadt Zweibrücken als potenzielles ,weiches’ Anschlagsziel darf bei dieser Sicherheitsbetrachtung nicht außer Acht gelassen werden uns sollte ganzjährig gegen das unbefugte Befahren mit Fahrzeugen aller Art bedarfsgerecht und zeitlich regulierbar gesichert werden. Versenkbare Polleranlagen sind vor diesem Hintergrund als Anti-Terror-Schutz sehr sinnvoll.“

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