Angriff auf Gefängnis-Personal

Saarbrücken · Drei Sicherheitsbeamte in der Saarbrücker Justizvollzugsanstalt „Lerchesflur“ wurden bei einem brutalen Angriff eines Gefangenen verletzt. Zwei Häftlinge stellten sich schützend vor eine Beamtin.

 In diesem Haftgebäude wurde der Vollzugsbeamte angegriffen und schwer verletzt. Foto: B & B

In diesem Haftgebäude wurde der Vollzugsbeamte angegriffen und schwer verletzt. Foto: B & B

Foto: B & B

. Justizintern wird der Vorfall als der schwerste Angriff seit vielen Jahren auf Vollzugspersonal im Saarbrücker Hochsicherheitsgefängnis "Lerchesflur" eingestuft. Günter Matschiner, Chef der Abteilung Strafvollzug im Justizministerium, bestätigte gestern Informationen unserer Zeitung, wonach ein 35-jähriger Häftling bereits am Sonntagmorgen, kurz nach acht Uhr, unmittelbar nach Aufschluss der Zellen einen 39 Jahre alten Beamten unvermittelt angegriffen hat. Der Vorfall ereignete sich im zweiten Stock von "Haus vier", dem Neubau auf dem weitläufigen Anstaltsgelände. Der Gefangene mit deutscher Staatsbürgerschaft und Wurzeln in der früheren Sowjetunion sei sofort nach Öffnung seiner Zellentür "ohne Vorankündigung" auf den Beamten losgegangen und habe mit Fäusten auf ihn eingeschlagen. Als der Uniformierte zu Boden stürzte, trat der Häftling weiter mit Füßen auf ihn ein. In Begleitung des Angegriffenen war eine 35-jährige Kollegin, die ebenfalls von dem Gefangenen attackiert wurde. Zwei Häftlinge , die als "Ausspeiser" mit der Verteilung des Frühstücks auf der Ebene beschäftigt waren, halfen der Frau. Sie konnten den gewalttätigen Gefangenen zurückhalten, bis die über Funk alarmierte Verstärkung der Vollzugskräfte eintraf. Über den internen Notruf wurde angeordnet, dass alle Zellen geschlossen werden und "alle verfügbaren Kräfte auf Ebene zwei" kommen sollten. Elf Beamte und zwei ihrer Kolleginnen waren den Angegriffenen zu Hilfe geeilt. Der wegen räuberischer Erpressung inhaftierte Mann wurde, da er sich weiter massiv wehrte, "mit unmittelbarem Zwang" in einen besonders gesicherten Haftraum gebracht. Aus Sicherheitsgründen wurden die geplanten Gottesdienste abgesagt und Besuchstermine verlegt.

Kollegen brachten den 39-Jährigen und die Beamtin in die Saarbrücker Winterberg-Kliniken. Der Mann wurde schwer verletzt, wird seit vier Tagen stationär behandelt. Die Frau erlitt leichte Verletzungen, konnte nach ambulanter Behandlung nach Hause. Sie ist vorerst dienstunfähig. Ein weiterer Beamter, der den Gefangenen letztlich abführte, wurde ebenfalls leicht verletzt.

Nach Informationen wurde der Angreifer bereits wenige Stunden nach dem Vorfall in die forensische Klinik nach Merzig verlegt. Gegen ihn wird von der Justizvollzugsanstalt (JVA) und wohl auch von den Verletzten Strafanzeige erstattet. "Die Übergriffe werden immer brutaler", kommentiert Markus Wollscheid, Chef des Bundes saarländischer Justizvollzugsbeschäftigter, den Vorfall. In dem Gefängnis sitzen aktuell 618 Gefangene ein, davon sind 130 in Untersuchungshaft. Wollscheid berichtet: "Die Gewalt hinter Gittern nimmt zu. Wir halten für den Staat den Kopf hin!" Er lobt die Gesetzesinitiative des saarländischen Innenministers Klaus Bouillon (CDU ) und des Saar-Justizministers Reinhold Jost (SPD ) im Bundesrat, mit der Justizbedienstete, Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Soldaten besser vor Gewalt geschützt werden sollen. Das geltende Strafrecht soll verschärft werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort