Am Anfang war nur das Schimpfwort

Zweibrücken · Der Begriff „protestantisch“ war früher negativ besetzt, allerdings trägt die Evangelische Kirche in der Pfalz diese Bezeichnung bis heute.

 Das Melanchthon-Heim in Zweibrücken an der Ecke Dingler-/Bismarkckstraße. Foto: von waldow

Das Melanchthon-Heim in Zweibrücken an der Ecke Dingler-/Bismarkckstraße. Foto: von waldow

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Als einzige Kirche in Deutschland trägt die Evangelische Kirche in der Pfalz nach wie vor den Namen "Protestantische Landeskirche". Dieser stammt von dem massiven Widerstand, den protestierende Theologen sowie weltliche Politiker ihrem Kaiser auf dem zweiten Reichstag zu Speyer 1529 entgegensetzten. Wir erinnern uns: Bereits drei Jahre zuvor, 1526, war Luther von Kaiser Karl V. geächtet worden. Allerdings sah sich der Kaiser zu dieser Zeit noch gezwungen, Kompromisse mit den Anhängern Luthers auszuhandeln, denn zur Bewältigung seiner außenpolitischen Bedrohung (Türken, Frankreich, Paps) war er dringend auf die Unterstützung aller Reichsfürsten und Reichsstädte angewiesen. Der Reichstagsbeschluss, der jedem Landesherrn und jeder Reichsstadt die Entscheidung zur Umsetzung des im Wormser Edikt festgelegten Verbots der evangelischen Lehre überließ, führte zur Ausbreitung der Reformation.

Beim Reichstag 1529, abermals in Speyer, ließ sich Karl V. von seinem Bruder Ferdinand vertreten. Ziel war es, den Beschluss von 1526 aufzuheben und alle reformatorisch Gesonnenen durch einen Mehrheitsbeschluss zur katholischen Lehre zurückzuzwingen. Sechs Fürsten und 14 Reichsstädte "protestierten" unter Berufung auf ihre Gewissensfreiheit in Glaubensfragen, die Geburtsstunde des Protestantismus hatte geschlagen. Die Reformation war längst kein rein theologisches Anliegen mehr, sondern erhielt Schlagkraft durch die Machtinteressen der weltlichen Politiker. Aus dem damaligen Schimpfwort wurde die am stärksten verbreitete Bezeichnung für Evangelische, nämlich "Protestanten".

Auf dem Augsburger Reichstag 1530 forderte der Kaiser von Protestanten und Katholiken einen schriftlichen Bericht über ihre Glaubensinhalte. Anstelle des mit der Reichsacht gebannten Martin Luther legte sein Freund und Vertrauter Philipp Melanchthon die 28 Artikel umfassende "Confessio Augustana" vor. In den ersten 21 Artikeln betonte der Humanist und Theologe die Gemeinsamkeiten beider Lehren. Sieben Artikel zeigten die Missstände der Kirche auf, die es zu überwinden galt. Sie fanden kein Gehör. Nach dem inakzeptablen Ultimatum, binnen eines halben Jahres zum alten Glauben zurückzukehren, begannen die Protestanten mit dem Aufbau eigener Landeskirchen. Die innerkirchliche Reformation war gescheitert, die - von Luther unbeabsichtigte - Kirchenspaltung vollzogen. Erst nach dem Schmalkaldischen Glaubenskrieg (1546/47) wurde beim Frieden von Augsburg das Luthertum offiziell als zweite Konfession anerkannt, gleichberechtigt mit dem Katholizismus. Fortan bestimmten die Landesherren die Konfession ihrer Untertanen: "Cuius regio, eius religio - wessen das Land, dessen der Glaube."

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