Euroclassic-Konzert Ein Mann, eine Gitarre, eine Band

Zweibrücken · Der junge Russe Alexandr Misko begeisterte am Samstagabend das Publikum in der Alten Feuerwache in Zweibrücken.

 Der  russische Fingerstyle-Gitarrist Alexandr Misko am Samstag bei seinem Auftritt in der „Wache Kultur“ in Zweibrücken.

Der  russische Fingerstyle-Gitarrist Alexandr Misko am Samstag bei seinem Auftritt in der „Wache Kultur“ in Zweibrücken.

Foto: Rainer Ulm

Es war zweifellos ein spektakuläres Musikerlebnis, was am Samstagabend in der Mehrzweckhalle Alte Feuerwache, die jetzt unter dem Namen „Wache Kultur“ firmiert (wir berichteten) über die Bühne ging. Dessen war sich der Zweibrücker Kulturamtschef Thilo Huble schon vor dem Auftritt des Fingerstyle-Gitarristen sicher, der den Russen „in der neuen Location“, der Alten Feuerwache, und „in einer schwierigen Zeit“ geradezu überschwänglich begrüßte.

„Wir haben nur eine einzige Gemeinsamkeit: Wir spielen beide linksrum“, sagte Huble, der selber als Gitarrist bei der Band Changes mitspielt– als Linkshänder. Der junge Mann habe ihn „vollauf begeistert“, als er ihn zum ersten Mal gehört und deshalb zum Euroclassic-Festival eingeladen habe. Zumal der 24-jährige russische Musiker gut zum diesjährigen künstlerischen Motto des Festivals der Region Saar-Pfalz-Pays de Bitche passe: „Ostwind“.

Ein Thema, das übrigens lange vor Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine festgelegt worden war. Vom 27. August bis 31. Oktober sind zwischen Zweibrücken, Pirmasens, Blieskastel und dem grenznahen Bitscher Land Künstler aus Ländern zu hören, die östlich dieser Region liegen.

„Vollauf begeistert“ waren denn auch die Zuhörer in der gut gefüllten Alten Feuerwache gleich neben dem Helmholtz-Gymnasium, die an diesem Samstagabend zum ersten Mal als Veranstaltungshalle genutzt wurde, von dem Fingerstyle-Gitarristen, Komponisten und Arrangeur. Der junge Mann aus Krasnodar im südlichen Teil Russlands und unweit des Schwarzen Meeres war innerhalb kürzester Zeit übers Internet weltweit bekannt geworden – mit seinen eigenwilligen Cover-Titeln. Hier hatte er zum Beispiel seine originellen Instrumental-Versionen von Whams „Careless Whisper“, Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ und Eric Claptons „Wonderful Tonight“ auf der Klampfe zum Besten gegeben – ebenso Michael Jacksons „Billie Jean“. Dieser Cover-Titel brachte es im Januar 2017 auf weit über 30 Millionen Aufrufe im sozialen Netzwerk Facebook, was sein erster großer Schritt in die globale Gitarrenszene war. Klar, dass er seinen Erfolgstitel am Samstagabend seinem Zweibrücker Publikum nicht vorenthielt. Zudem präsentierte der Gitarren-Virtuose mehrere selbst komponierte Stücke aus seinem in den auftrittsfreien Lockdown-Zeiten entstandenen, jüngst vorgelegten Album „Take your time“ (Nimm dir Zeit), auf dem er mit seinem Freund und Bass-Gitarristen Dmitriy Toporov zu hören ist.

Misko wurde inzwischen zum Youtube-Star, erreichte über 200 Millionen Klicks auf der Videoplattform und hat dort mehr als eine Million Follower.

Sein Zweibrücker Publikum ließ er am Samstagabend nicht im Unklaren, was „Fingerstyle“ überhaupt ist. Er erklärte in recht guten Deutsch: „Eine Person, also ich, spielt auf der Gitarre mehrere Instrumente – ohne Playback. Zum Schluss soll alles wie eine Band klingen.“ Und so machte er vor, wie aus seiner Gitarre ein Bass („tief und bumm-bummig“) und ein Schlagzeug („hell und scharf“) werden kann – alle von ihm zu gleicher Zeit gekonnt nachgeahmt.

Mal nahm er dabei zwei simple Holzstäbchen, die zum Geigenbogen wurden, oder seinen „Freund Scott“, ein Gitarrenkissen, wie er erläuterte, zur Hilfe. Und das eine oder andere Mal bediente er sich der Mitwirkung seines Publikums, das er zum rhythmischen Mitklatschen oder zum „Mitsingen“ – bei dem aber nur ein einsilbiges „haaa, haaa – haaa, haaa, haaa“ nötig war – aufforderte. Und das Zweibrücker Publikum ließ sich nicht lange bitten und gab gerne den vielstimmigen Background-Chor. Einmal wich er an diesem Abend aber von der, wie er sagte, „eisernen Fingerstyle-Regel“ ab, nicht zur Gitarre zu singen, und rappte seine Version des Eminem-Titels „The real slim shady“ und sang: „Please stand up“. Was das Publikum in der Alten Feuerwache dann auch tat: Es spendete dem außergewöhnlichen Künstler stehend langen Applaus.

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