Zweibrücker Stadtrat Heftiger Schlagabtausch um Ärzte-Projekt

Zweibrücken · CDU sieht wichtiges Mittel gegen Mediziner-Mangel, SPD kritisiert Kosten und Instrumentalisierung für OB-Wahlkampf.

 15 000 Euro zahlt die Stadt, um um junge Mediziner zu werben.

15 000 Euro zahlt die Stadt, um um junge Mediziner zu werben.

Foto: picture alliance / dpa/Rolf Vennenbernd

Droht Zweibrücken ein Ärztemangel? Soll die Stadt deshalb Geld ausgeben, um Mediziner-Nachwuchs in die Stadt zu locken? Und ist es in Ordnung, wenn der Bürgermeister darüber ohne vorherige Beteiligung des Stadtrats entscheidet? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer teils erregt geführten Debatte am Mittwochabend im Stadtrat.

Die SPD-Fraktion hatte das Thema durch einen Antrag auf die Tagesordnung gebracht. Sie wisse nämlich bislang nur durch eine Pressemeldung und eine E-Mail vom gleichen Tag, dass Zweibrückens Bürgermeister Christian Gauf, Südwestpfalz-Landrätin Susanne Ganster und der Pirmasener Bürgermeister Markus Zwick (alle CDU) das Projekt „Sicherung der ambulanten (haus)ärztlichen Versorgung in der Südwestpfalz“ vorgestellt hatten. Weder im Hauptausschuss noch im Ältestenrat habe Gauf darüber informiert, regte sich SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin auf. Das unterscheide sich „deutlich von bisherigen Gepflogenheiten“ im Umgang zwischen Stadtvorstand und Stadtrat. „Es ging wohl darum, die Inszenierung nicht zu stören“, deutete Moulin an, dass das Projekt im laufenden Oberbürgermeister-Wahlkampf in Zweibrücken und Pirmasens den OB-Kandidaten Gauf und Zwick nutzen solle.

Gauf berichtete, die Teilnahme an dem Projekt koste Zweibrücken (wie Pirmasens und die Südwestpfalz jeweils auch) 15 000 Euro. Das sei deutlich unterhalb der Schwelle, wo der Stadtvorstand eine Rats-Zustimmung brauche. „Personelle Ressourcen aus der Verwaltung werden nicht benötigt.“

Organisatorisch betreut wird das Projekt von der „Medi Südwest GmbH“ aus Kaiserslautern und dem Ärztenetz Südwest. Deren beider Geschäftsführer Axel Motzenbäcker hielt im Stadtrat einen ausführlichen Vortrag, in dem er vor allem Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung präsentierte. Demnach sei zu erwarten, dass bis 2023 in der Region Südwestpfalz/Pirmasens/Zweibrücken, „wenn die Babyboomer ausscheiden“, 65 Prozent der Hausärzte und 50 Prozent der Fachärzte in Ruhestand gingen. Schon heute falle es Praxis-Inhabern immer schwerer, Nachfolger zu finden. Junge Mediziner scheuten heute oft das Risiko, selbstständig eine Praxis zu führen. Insbesondere Frauen legten zudem Wert auf familienfreundliche Arbeitszeiten. Deshalb habe das Projekt zwei Ziele: Ältere Ärzte zu überzeugen, noch länger zu arbeiten – und bei jungen Medizinern für die Vorteile der Region zu werben. Zudem wolle man bei der Umwandlung von Einzelpraxis-Sitzen in Medizinische Versorgungs-Zentren helfen (in MVZs arbeiten Ärzte als Angestellte). Zwar drohe Zweibrücken nicht so ein großer Ärztemangel wie der Südwestpfalz und Pirmasens, „Zweibrücken kann sich mittel- bis langfristig aber nicht von der Entwicklung abkoppeln“, mahnte Motzenbäcker: „Die Südwestpfalz kann nur als einheitliche Zukunftsregion für neue, junge Ärzte konkurrenzfähig werden!“

Walter Rimbrecht (SPD) übte daran inhaltlich Kritik: „In Zweibrücken praktiziert die Hälfte der Ärzte der gesamten Region.“ Und das Evangelische Krankenhaus sei wegen „Überversorgung“ geschlossen worden – es gebe also keinen Grund für Zweibrücken, 15 000 Euro für einen hier nicht existierenden Ärztemangel auszugeben. Zumal für die Arztpraxen-Versorgung die Kassenärztliche Vereinigung zuständig sei: „Und die hat mehr Geld als wir!“

CDU-Vizefraktionschefin Christina Rauch nannte Motzenbäckers Argumente „überzeugend“ und die SPD-Kritik an Gaufs Informationspolitik „kleinkariert“, diese geschehe „nur vor dem Hintergund des OB-Wahlkampfs“. Rauch verwies auch darauf, dass „die Bevölkerung immer älter wird und wir deshalb künftig eine erhöhte ärztliche Versorgung brauchen“. Sie begrüße deshalb „den Vorstoß von den Ärzten der Region und Bürgermeister Gauf“, 15 000 Euro dafür seien „gut investiert“.

„Mich stört, wie sich die SPD-Fraktion verhält“, kritisierte auch FDP-Chefin Ingrid Kaiser. Und Bürgermeister Gauf betonte, er habe die Teilnahme an dem Projekt im Januar noch in Abstimmung mit dem (im Juni verstorbenen) Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) vereinbart: „Das will ich nur mal sagen, wenn man meint, mir im OB-Wahlkampf ans Bein pinkeln zu müssen!“

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