Impfreihenfolge fällt an diesem Montag Ärzte erwarten Ansturm Impfwilliger

Berlin · Eigentlich können sich ab diesen Montag alle in Deutschland ab zwölf gegen Corona impfen lassen. Die Priorisierung nach Alter und Krankheit fällt. Doch Praxen sehen dem Schritt mit Sorge entgegen. Sie fürchten einen Ansturm und mahnen Impf-Geduld an.

 Die Hausärztin Burgis-Michaele Heckemann impft in ihrer Praxis 
 in Dresden 
 eine Frau mit dem Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer gegen das 
 Coronavirus. 
 An diesem 
 Montag fällt die Impfreihenfolge. Viele Ärzte 
 rechnen mit einem Ansturm 
 Impfwilliger.

Die Hausärztin Burgis-Michaele Heckemann impft in ihrer Praxis in Dresden eine Frau mit dem Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer gegen das Coronavirus. An diesem Montag fällt die Impfreihenfolge. Viele Ärzte rechnen mit einem Ansturm Impfwilliger.

Foto: dpa/Robert Michael

(dpa) Zum Start der neuen Impfphase ohne Priorisierung an diesem Montag befürchten die Ärzte in Deutschland einen Run auf die Praxen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mahnten die Menschen zur Geduld. In mehreren Bundesländern haben Menschen mit hohen Risiken auch nach der generellen Öffnung der Corona-Impfungen für alle vorerst weiter ausdrücklich Vorrang in Impfzentren. Bei Jüngeren ist die Bereitschaft zur Corona-Impfung laut einer Umfrage hoch.

„Nicht alle können gleichzeitig am Montag einen Termin bekommen“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“. KBV-Chef Andreas Gassen rechnet mit einem „Ansturm“ auf die Praxen. „Bitte haben Sie Geduld und bedrängen Sie nicht die Ärzte und Ärztinnen und deren Teams“, sagte er in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag).

Spahn betonte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Praxen und Zentren täten ihr Bestes. „Aber noch ist nicht genug für alle da.“

Spahn sagte: „80 Prozent der impfwilligen Erwachsenen werden bis Mitte Juli mindestens einmal geimpft sein.“ In der ARD-Talkshow „Anne Will“ vor einer Woche hatte Spahn von „an die 90 Prozent“ bis Mitte Juli gesprochen.

Die Impfkampagne in Deutschland hatte Ende vergangenen Jahres begonnen. Zunächst waren Menschen über 80, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und medizinisches Personal an der Reihe. Bevorzugt geimpft werden unter anderen auch chronisch Kranke mit erhöhtem Risiko für einen schweren und tödlichen Verlauf.

Laut Prognosen der Hersteller sollen kommende Woche fast 2,6 Millionen Dosen des Präparats von Biontech/Pfizer an die Praxen gehen. Hinzu kommen gut 300 000 von Astrazeneca und 514 000 von Johnson & Johnson. Daneben sollen die Impfzentren 2,5 Millionen Dosen bekommen. Mehr als 6000 Betriebsärzte sollen zum gleichzeitig erfolgenden breiten Impfstart in den Betrieben 702 000 Dosen bekommen. BDI-Präsident Siegfried Russwurm beklagte in der „Bild am Sonntag“ einen Mangel an Impfstoff: „Da hätte ich mir von der Politik mehr Wumms erhofft.“

Nicht überall sind Menschen mit hohen Risiken bereits geimpft, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Länder ergab. Wie im zentralen Hamburger Impfzentrum bleibt die Priorisierung in vielen Zentren noch bestehen. Laut der dortigen Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) gibt es noch viele Vorerkrankte ohne Impfung.

Auch in Schleswig-Holstein und Bayern soll die Priorisierung nach Risikogruppen in Impfzentren vorerst bestehen bleiben. In Bremen arbeiten die Zentren die Vorranglisten zunächst weiter ab. Im Saarland sollen Menschen der bisherigen Priorisierungsgruppen nach wie vor vorrangig bei Terminen bedacht werden. In den übrigen Ländern endet auch in den Impfzentren die bisherige Impfreihenfolge.

In den Arztpraxen fällt die Priorisierung bundesweit am Montag generell weg, wie Bund und Länder vereinbart hatten. Die Ländern können sie in Zentren aufrecht halten. Mehr als 45 Prozent der Bevölkerung haben mindestens eine Impfung. Vielerorts dominieren derzeit die Zweitimpfungen, denn erst mehr als jede und jeder Fünfte hat den kompletten Impfschutz.

Hoch ist auch die Bereitschaft jüngerer Menschen zur Corona-Impfung. Nach den Ergebnissen einer im April durchgeführten Befragung würden sich 58 Prozent der 16- bis 26-Jährigen impfen lassen, wenn sie am nächsten Tag ein Impfangebot bekämen. Die Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der TUI Stiftung lag der dpa vor.

Zu den Impfwilligen, die ab diesem Montag einen Termin beim Arzt erhalten könnten, zählen auch Kinder ab 12. Denn Europas Arzneimittelbehörde EMA hatte Ende Mai grünes Licht für die Zulassung des Präparats von Biontech/Pfizer für dieses Alter gegeben, zuvor war es ab 16 frei. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat bislang allerding keine Empfehlung zur Impfung von Kindern abgegeben. In den baden-württembergischen Impfzentren sollen mit dem Wegfall der Priorisierung am Montag bereits auch besonders gefährdete Kinder ab 12 Jahren gegen Corona geimpft werden.

Die Gesundheitsämter meldeten binnen eines Tages 2440 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 3852 Ansteckungen gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das Robert Koch-Institut am Sonntagmorgen mit bundesweit 24,7 an (Vortag: 26,3; Vorwoche: 35,2).

(dpa)
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