100 Pfleger ans Uni-Klinikum?

Zweibrücken · Das Warten auf Gewissheit in Sachen Evangelisches Krankenhaus Zweibrücken soll heute enden. Der Träger-Vorstand trifft die Mitarbeiter, die Mitgliederversammlung tagt. Gestern suchte sich die Belegschaft Hilfe von außen – und Verdi weckte mit einem Vorstoß Hoffnungen.

 Verdi hofft, dass mit Zweibrücker Krankenhaus-Mitarbeitern der (aus Gewerkschaftssicht) Pflegenotstand an der Uniklinik Homburg (Bild) behoben wird, statt sie arbeitslos werden zu lassen.

Verdi hofft, dass mit Zweibrücker Krankenhaus-Mitarbeitern der (aus Gewerkschaftssicht) Pflegenotstand an der Uniklinik Homburg (Bild) behoben wird, statt sie arbeitslos werden zu lassen.

Foto: Maack

Bleibt die Klinik offen? Schließt sie? Und wenn ja: Wann? Während nach Merkur-Informationen Gespräche zwischen LVIM und potenziellen Interessenten andauern, warten die Mitarbeiter des Evangelischen Krankenhauses Zweibrücken weiter auf verlässliche Aussagen zu ihrer beruflichen Zukunft. Ob es sie heute gibt? Um 14.30 Uhr ist im Krankenhaus ein Gespräch mit der Spitze des Trägers LVIM (Landesverein für Innere Mission in der Pfalz) angesetzt - kurz nachdem von zehn bis 12.30 Uhr in Bad Dürkheim die LVIM-Mitgliederversammlung getagt hat. Diese müsste laut Satzung über eine eventuelle Klinik-Schließung abstimmen, denn die "Beendigung bisheriger Arbeitsbereiche" ist explizit dessen Hoheit. Eine Abstimmung steht aber nicht auf der Tagesordnung.

Sollte der Vorstand heute, wie gestern spekuliert wurde, über einen Sozialplan verhandeln wollen, werde man nicht mitspielen, gab sich Silvia Bezold, Chefin der Mitarbeitervertretung (MV) kämpferisch. Die MV sucht sich externen Beistand, der angesichts der aktuellen Situation unter die Arme greifen kann. Auch Protestaktionen seien möglich, etwa ein Flashmob oder eine Demonstration. Details wolle man am Montag besprechen.

Hoffnung selbst für den Fall einer Klinikschließung schürte gestern die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, zu der die Mitarbeitervertretung auch Kontakt sucht. Frank Murer, Sprecher der Verdi-Betriebsgruppe an der Uniklinik des Saarlandes (UKS) schlug vor, "mindestens 100 Kolleginnen und Kollegen des Evangelischen Krankenhauses in Zweibrücken in die Uniklinik zu übernehmen." Das UKS benötige dringend einen Personalpool, um dem Pflegenotstand Herr zu werden, betonte der Krankenpfleger. Die Arbeitsbelastungen seien unerträglich. Murer: "Mit hundert Beschäftigten mehr wären die Probleme zwar noch lange nicht gelöst, aber es würde sichergestellt werden, dass die Patienten auch versorgt werden könnten." Laut Michael Quetting, Verdi-Sekretär im Bezirk Saar-Trier, hat das UKS einen Bedarf von 500 bis 600 zusätzlichen Pflegekräften. Auf der neurochirurgischen Station habe man zuletzt sogar ein Ultimatum setzen müssen, um Personal zu erkämpfen, weil die Patienten nicht mehr hätten versorgt werden können. In Richtung des Zweibrücker Krankenhauspersonal sagt er: "Ich kann den Kollegen nur empfehlen, sich zu wehren!" UKS-Sprecher Roger Motsch leitete eine Merkur-Anfrage zu Murers Vorstoß an den UKS-Vorstand weiter. Der antwortete gestern nicht.

Derweil konkretisierte Zweibrückens Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD ) seine Idee einer Folgenutzung des Klinik-Baus. Er verwies auf das seit Oktober 2014 gebildete Gesundheitszentrum St. Josef Neuerburg in der Eifel. Der Träger, die Marienhaus Kliniken, hatte sein Krankenhaus schließen müssen. Unter neuer Trägerschaft und mithilfe von Landesfördergeldern ist aus dem Gelände ein Zentrum mit ambulanten medizinischen Angeboten geworden, ergänzt um pflegerische und therapeutische Leistungen. Pirmann nannte gestern auch Gesundheitsstaatssekretär David Langner (SPD ) dieses mutmachende Beispiel. Das Gesundheitsministerium wollte sich auf Merkur-Anfrage nicht an "Spekulationen zu einer anderweitigen Nutzung beteiligen". Der LVIM betreibe das Haus ja "zunächst" in Eigenregie fort. "Klar ist, dass wir die Stadt Zweibrücken nach Kräften unterstützen werden", schrieb Sprecherin Katharina Bennewitz weiter und fügte an "Wie gegebenenfalls weitere Landesmittel (über die in Aussicht gestellten acht Millionen Euro, d. Red.) infrage kommen, hängt vom Konzept ab." Im Falle einer Schließung stünden wie beim Flughafen "sowohl das Land als auch bei Bedarf die Arbeitsagentur stehen als Ansprechpartner zur Verfügung".

Grünen-Noch-Landtagsmitglied Fred Konrad, gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion, sieht Pirmanns Idee kritisch: "In ein solches Zentrum müsste man ja alle Ärzte in 20 Kilometer Entfernung reintun." Er könne nicht beurteilen, ob das Gebäude etwa als Demenzzentrum geeignet wäre. "Findet sich keiner, brauchen wir uns keine Gedanken über eine Anschlussnutzung zu machen." Er bekräftigt Pirmanns Aussagen, wonach das Nardini-Klinikum nach seinen früheren Informationen mehr Betten aus anderen Bereichen des Evangelischen zu übernehmen bereit gewesen wäre. "Dann wären mehr Arbeitsplätze gesichert worden." Doch Konrad sagt auch: "Das Krankenhaus wird weder heute noch morgen aufgegeben. Meines Wissens ist das letzte Wort über die zeitliche Dimension nicht gesprochen." Die Entwicklung am Evangelischen Krankenhaus schlägt Wellen bis nach Berlin. Die Lemberger SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner sorgt sich um drohende Arbeitsplatzverluste. "Die Evangelische Kirche als Arbeitgeber hat hier eine nachgehende Pflicht, damit die Menschen nicht auf der Straße stehen", fordert Glöckner den Klinikträger Landesverein für Innere Mission auf, seine Mitgliederversammlung heute dazu zu nutzen, noch einmal alle Faktoren in Erwägung zu ziehen, um eine Schließung zu verhindern. "Sollte die Schließung des defizitären Hauses unabwendbar sein, müssen sich die Verantwortlichen mit Land und Kommune an einen Tisch setzen und Konzepte erarbeiten, wie sich der Schaden für die Region minimieren lässt", fordert Glöckner.

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