Wo Pflicht aufhört und Kulanz beginnt

Was kann ich von einem guten Servicebetrieb erwarten?Brigitte Fromme: Ein serviceorientierter Betrieb sollte Kunden nicht abwimmeln. Wichtig ist, dass man sie ernst nimmt, ihnen höflich und vernünftig erklärt und begründet, warum man einer Beschwerde nicht stattgeben kann. Die meisten Leute verstehen und akzeptieren dies auch

 Probleme beim Umtausch - im Kontext von Service immer ein heißes Diskussionsthema. Foto: dpa

Probleme beim Umtausch - im Kontext von Service immer ein heißes Diskussionsthema. Foto: dpa

Was kann ich von einem guten Servicebetrieb erwarten?Brigitte Fromme: Ein serviceorientierter Betrieb sollte Kunden nicht abwimmeln. Wichtig ist, dass man sie ernst nimmt, ihnen höflich und vernünftig erklärt und begründet, warum man einer Beschwerde nicht stattgeben kann. Die meisten Leute verstehen und akzeptieren dies auch. Ist der Umtausch von Waren bereits eine Serviceleistung?Fromme: Grundsätzlich müssen Verträge eingehalten werden. Und ein Umtauschrecht gibt es nicht, solange die Waren keine Mängel aufweisen. Wenn also die ausgepackte Hose oder zu große Schuhe zurückgenommen werden, dann ist das sehr wohl Kulanz, also Service. Aus Kundensicht wichtig: Man sollte vor dem Kauf bereits klären, ob man die Ware zurückgeben kann und ob man dann auch das Geld zurück oder einen Gutschein bekommt. Wichtig ist, sich dies schriftlich geben zu lassen und auf jeden Fall den Kassenzettel aufzubewahren.Sind Mitarbeiter in einem Geschäft dazu verpflichtet, Kunden zu beraten?Fromme: Nein, das ist in der Regel eine reine Serviceleistung. Es steht einem Supermarktmitarbeiter natürlich gut zu Gesicht, wenn er etwa der älteren Dame, die ihre Lesebrille vergessen hat, den Einkaufszettel vorliest. Oder auf die Frage 'Wo steht bei Ihnen die Milch' nicht nur sagt 'Da hinten' oder 'Reihe neun', sondern auch mitgeht und den Artikel zeigt. Das wäre guter Service. Wird man als Kunde schlecht behandelt, dann hat man nur die Chance, den Laden nicht mehr zu betreten. Guten Service sollte man neben den reinen Preisenin einem Geschäft unbedingt berücksichtigen.Was kann ich unternehmen, wenn ich in einem Geschäft ständig lange auf die Bedienung warten muss?Fromme: Auch hier ist die beste Möglichkeit, woanders einzukaufen. Man kann als Kunde deutlich darauf hinweisen, dass man mit der Dienstleistung nicht zufrieden ist. Wiederholt sich das häufiger und ist es etwa der einzige Baumarkt in der Nähe, kann man auch an die Konzernzentrale schreiben und seine Beschwerden vorbringen.Was sind eigentlich Beispiele für richtig guten Service?Fromme: Etwa Heimlieferdienste für ältere oder verletzte Menschen, die sich schlecht bewegen können. Man gibt seine Bestellung telefonisch durch und etwa Apotheker oder Bäcker bringen die Waren an die Haustür, Autowerkstätten bringen das reparierte Auto zurück. Das machen viele umsonst, was den Service unterstreicht. Allerdings kann der Bringdienst auch Geld kosten, man hat keinen Anspruch darauf, dass er gratis ist. So ist es übrigens auch, wenn man einen Leihwagen oder Ersatzfernseher bekommt. Die sind erstmal Serviceleistungen, umsonst müssen sie aber nicht sein. Am besten man fragt immer gleich nach.Was kann ich machen, wenn im Geschäft eine vorher selbstverständliche Leistung plötzlich Geld kosten soll?Fromme: Das hängt immer davon ab, ob eine solche Leistung im Geschäft üblich ist. Der Kaffee beim Friseur etwa ist unüblich. Wenn ich also gefragt werde, ob ich einen trinken möchte, darf er später nicht berechnet werden. Denn ein Friseurladen ist nunmal kein Kaffeeausschank. Vor allem wenn der Kaffee vorher gratis war, kann man nicht vorhersehen, dass er plötzlich etwas kostet. In einem solchen Fall kann man mit dem Ladeninhaber schon mal klarstellen, dass man dies als Service angesehen hat und den Posten nicht zahlt. Man begleicht nur, was man als Leistung anerkennt. Seine Adresse für Rückfragen oder Ähnliches, die sollte man aber schon angeben.Wie sieht das bei Kostenvoranschlägen aus? Ist das auch Service?Fromme: Kostenvoranschläge sind klar geregelt: Dass für sie Geld anfällt, muss vorher ankündigt sein. Ein Maler kann zum Beispiel nicht für einen Kostenvoranschlag erst mal eine Wohnung ausmessen und danach eine bestimmte Summe X in Rechnung stellen.Ich habe Nachfragen zu meinem neuen Handy. Ist es Service oder gesetzliche Vorschrift, dass ich diese über eine kostenlose Telefonnummer stellen kann?Fromme: Grundsätzlich ist das nicht gratis, man sollte es vor Vertragsschluss klären. Kann man über das Handy keine Verbindung aufbauen und erreicht über Hotlines niemanden, wird ständig weiterverbunden, dann sollte man schriftlich reklarmieren. Dabei kann man eine Frist setzen. Wichtig dabei: Schreiben, insbesondere auch Vertragskündigungen, als Einschreiben mit Rückantwort schicken. Denn nachher muss man als Kunde beweisen, dass man die Kündigung verschickt hat. Bei Störungen wichtig: Detailliert angeben, welcher Natur sie sind. Und immer notieren, wann man mit wem gesprochen hat.Ist es wirklich eine Servicefrage, wenn Kundendienstmitarbeiter, die etwa bei mir das Telefon umschalten wollen, genau angeben, wann sie kommen?Fromme: Ja, das ist es. Viele geben als Zeitraum einfach den ganzen Tag an. Treffen sie niemanden an, wird eine Gebühr fällig und sie müssen wiederkommen. Service ist hier, eine konkrete Uhrzeit anzugeben, wenigstens einen begrenzten Zeitraum oder anzurufen, wenn man vom vorherigen Kunden losfährt. Auch hier ist es wichtig, sich Bestätigungen schriftlich geben zu lassen und etwa mit den Mitarbeitern im Vorfeld abzusprechen, dass sie zum Beispiel beim eingeweihten Nachbarn klingen.Manche Geschäfte werben mit ausgefallenen Sonderangeboten als Spezialservice. Gibt es da Haken?Fromme: Es kann sein, dass eine solche Ware sehr schnell ausverkauft ist oder sie mehr kostet, als ausgewiesen. Wenn Sonderangebote sehr schnell ausverkauft sind und das sich häuft, können die Verbraucherverbände, zum Beispiel die Verbraucherzentralen, die Geschäfte abmahnen.

HintergrundUm das Thema Service geht es auch auch beim nächsten "Merkur im Dialog" das am Montag, 29. März, um 17 Uhr stattfindet. Dabei diskutiert Merkur-Chefredakteur Michael Klein mit interessierten Bürgern im Mehrgenerationenhaus über den Stellenwert guter Dienstleistungen für die Geschäfte in der und um die Rosenstadt. ek

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