Wilhelm Buntz erzählt aus seinem Leben Von der Lunge bis ins Herz

Battweiler · Die aufregendsten Geschichten stammen nicht etwa aus der Feder eines noch so fantasievollen Romanautors. Die schier unglaublichsten Geschichten schreibt das Leben selbst. Davon konnten sich auf Einladung der Kirchengemeinde am Samstagabend bei einem Studio-Talk mit Wilhelm Buntz Interessierte im Battweiler Karolinenhaus überzeugen.

 Interviewt von Tilo Brach (links), berichtet der Bibelraucher Wilhelm Buntz aus seinem knallharten Leben.

Interviewt von Tilo Brach (links), berichtet der Bibelraucher Wilhelm Buntz aus seinem knallharten Leben.

Foto: Cordula von Waldow

148 Straftaten bis hin zu Tötungsdelikten gehen auf das Konto von Wilhelm Buntz, dem „Bibelraucher“. Bei einem Studio-Talk im Battweiler Karolinenhaus erzählte der inzwischen gläubige Christ im Gespräch mit Pfarrer Tilo Brach von seiner schier unglaublichen Wandlung. Aus eigener Erfahrung weiß der heute 66-jährige Baden-Württemberger: „Gott hat einen Plan mit jedem Menschen. Und er hilft jedem, egal, wie tief er gefallen ist.“

Seine Kindheitsgeschichte schockiert die gut 20 Zuhörer an dem heißen Sommerabend. Das völlig unversorgte, wie am Spieß dauerschreiende Baby wurde von der Mutter auf dem Feld ausgesetzt. Gleichmütig berichtete der sympatisch wirkende Mann: „Meine Mutter hat mich weggeworfen, wie ein Stück Gammelfleisch.“ Weder im Krankenhaus, in das ihn eine Nachbarin einlieferte, noch bei seinem jähzornigen und gewalttätigen Vater, der sich von der Mutter trennte und neu heiratete, bekam er Zuwendung. In seinem tiefen Schmerz verschloss er sich vor allen Gefühlen.

Sein Berufswunsch in der ersten Schulklasse: Gangster. Wilhelm Buntz konnte nicht ertragen, wenn andere Kinder Liebe und Zuwendung bekamen und begann, sie zu quälen. Er sagt: „Am liebsten habe ich die Gesichter der Kinder an der Hauswand gerieben, bis sie bluteten.“ Mit dem Spitznamen „Blutlache“ kam er mit sieben Jahren in das erste Kinderheim.

Eine Odyssee von Heim zu Heim folgte, weil niemand mit dem hasserfüllten, jähzornigen und eiskalten Knaben zurechtkam. Als 13-Jähriger gelang ihm beim Zeltlager die Flucht aus einem Heim für Schwersterziehbare. Mit dem Auto eines Erziehers raste er, des Fahrens unkundig, in einen Polizeiwagen: der erste Polizist war sofort tot, der zweite sitzt zeitlebens gelähmt im Rollstuhl. Die Verbrecherkarriere begann mit „allem, bis auf Sexualdelikte“.

„Ich war so glücklich, als sie mich endlich geschnappt hatten“, gesteht er und skizziert sein kanllhartes Leben, bei dem er dauerhaft, Tag und Nacht nur auf der Flucht war – getrieben von der Angst. Als 17-Jähriger erhielt er nach einem 18 Tage langen Prozessmarathon für seine Straftaten 14 Jahre Zuchthaus in Bruchsal mit anschließender Sicherheitsverwahrung, weil er eine lebenslange Gefahr für die Menschheit darstellt.

„Dass mein Vater mir im Gerichtssaal den Rücken zukehrte und die Todesstrafe für mich wünschte, war schlimmer als alles andere“, bekennt Wilhelm Buntz bewegt. Um rauchen zu können, ließ er sich vom Pfarrer eine Bibel geben. Jede Seite las er, bevor er seinen geschmuggelten Tabak darin rollte und sie verrauchte. Sechs Jahre das Alte Testament, anschließend das Neue. Er begann, mit einem Gott zu reden, an den er nicht glaubt. „Wenn du doch so viel stärker bist, musst du mich besiegen und mein Leben verändern“.

Die Stelle in der Bergpredigt „Ihr sollt das Salz der Erde sein“ inspirierte ihn dazu, über sein Leben nachzudenken. Und immer wieder erkennt er Gottes Führung in den Menschen, die ihm begegnen: Zunächst der gottesfürchtige Staatsanwalt, der „Bruder Buntz“ seine 100 Straftaten vergibt, von denen der Sträfling mangels Beweisen freigesprochen war und die er ihm kurz vor der Entlassung per Brief bekennt. Getreu dem Wort Gottes: „Du sollst Deine Sünden bekennen.“ Der Mann, der ihn bei sich aufnimmt, nachdem er eine der tiefsten Enttäuschungen und damit größten Anfechtungen nach seiner Entlassung erlebte und damit verhindert, dass der 31-Jährige rückfällig wird.

Die Witwe des getöteten Polizisten, die mit ihrer Familie für die Errettung des Jungen durch Jesus Christus gebetet hat und ihm vergibt, gemeinsam mit den fünf Kindern. Seine Frau, die ihm zwei Kinder geschenkt hat, die ihren Vater lieben. Und nicht zuletzt sein Vater, mit dem er sich ausgesöhnt hat.

Die wichtigste Erkenntnis von Wilhelm Buntz: „Jesus liebt uns so, wie wir sind. Aber wenn wir bei Jesus sind, bleiben wir nicht mehr so, wie wir sind.“

Viele Teilnehmer ließen sich von dem gewandelten Christen sein Buch „Der Bibelraucher“ signieren. So auch Christina Siegle. Die 30-jährige Zweibrückerin fühlt Ermutigung. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass „Gott Menschen verändern kann in ihrem Herzen.“

Tilo Brach ist noch gespannter auf Wilhelm Buntz Ende 2021 erscheinendes zweites Buch, in dem er berichtet, wie der „Ex-Knacki“ ins Leben und in die Gesellschaft zurückfand. Wilhelm Buntz predigte am Sonntag beim 16. Biker-Gottesdienst vor rund 140 Gläubigen in Winterbach. Der Studio-Talk ist über Youtube im Internet zu finden.

„Der Bibelraucher“ von Wilhelm Buntz, ISBN 9783775158602, 18,99 Euro.

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