Verurteilte Frau legt Revision ein „Muttertagsgruß“ löst Justizbehörden-Ping-Pong aus

Pirmasens/Zweibrücken · Die NPD-Funktionärin Ricarda Walter-Riefling ist gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken in Revision gegangen.

 Landgericht Zweibrücken

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Foto: Rainer Ulm

Nein, sie gibt nicht klein bei. Zum wiederholten Mal nicht. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Rechtsaußen-Politikerin Ricarda Walter-Riefling erneut in Revision gegangen. Diesmal gegen das im Juli gefallene Urteil einer Berufungskammer des Landgerichts Zweibrücken. Am 18. Juli hatte die Vierte Strafkammer die Berufung der Wahl-Pirmasenserin gegen ein Urteil des Amtsgerichts Pirmasens verworfen, das sie am 27. Oktober 2020 wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu 450 Euro Geldstrafe verurteilt hatte (wir berichteten).

Rückblende: Am 10. Mai 2020 hatte Walter-Riefling auf ihrem Facebook-Account während eines Familienausflugs einen „Muttertagsgruß“ veröffentlicht und mit einem Bild geschmückt, das eine Frau mit Kindern und – links oben in der Ecke – das Emblem der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“, „NSV“, zeigt. Darunter war in der für die damalige Zeit typischen Frakturschrift zu lesen: „Schütze Mutter und Kind, das kostbarste Gut deines Volkes!“ Dieses Bild hatte Walter-Riefling mit den Worten „Heute hat das Muttersein erheblich an Bedeutung verloren“ kommentiert und gerühmt, dass Frauen mit Kindern einst seit 1942 sogar mit dem „Mutterkreuz“ geehrt worden waren. Dieser Post hatte seinerzeit das Dezernat Politisch motivierte Kriminalität des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamtes in Mainz auf den Plan gerufen, dessen Mitarbeiter das Internet hinsichtlich entsprechender Rechtsverstöße im Blick haben und ein Ermittlungsverfahren gegen Walter-Riefling eingeleitet hatten.

Die jüngste Verhandlung im Juli war bereits ihr zweiter – letztlich erfolgloser – Versuch vor dem Landgericht. Denn die aus Niedersachsen stammende und seit 2012 in Pirmasens lebende Walter-Riefling war dort schon einmal gegen das Urteil des Amtsgerichts in Berufung gegangen – damals vor dessen Dritter Strafkammer. Allerdings mit einem für sie geradezu desaströsem Ausgang. Da auch die Staatsanwaltschaft seinerzeit Berufung eingelegt hatte (die Anklägerin hatte in erster Instanz gar eine Geldstrafe von 1000 Euro beantragt), war es der Dritten Strafkammer möglich, am 7. November 2022 noch über das Strafmaß des Amtsgerichts Pirmasens hinauszugehen. Das Urteil: 800 Euro Geldstrafe.

Bei ihrer anschließenden Revision vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken war Walter-Riefling dann ein kleiner Zwischenerfolg beschieden. Überraschenderweise hob das OLG, das die Entscheidungen der Vorinstanz lediglich auf mögliche Rechtsfehler prüft, das Urteil – etwas überraschend – am 9. Februar auf und verwies das Verfahren ans Landgericht zurück (wir berichteten), wo sich die Vierte Strafkammer der Sache noch einmal annehmen musste. Allerdings hatte das OLG den Richterspruch nur deshalb aufgehoben, weil es die vorherige Berufungskammer des Landgerichts versäumt hatte, in ihrem Urteil festzuhalten, ob der rechtlich beanstandete „Muttertagsgruß“ von der Angeklagten aus dem In- oder Ausland abgesetzt worden war. Denn wäre er aus dem Ausland gesendet worden, hätte die Angeklagte nach damaliger Rechtslage freigesprochen werden müssen. Der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Andreas Wölfel aus dem oberfränkischen Tröstau, hatte die Revision nämlich damit begründet, seine Mandantin könnte den beanstandeten „Muttertagsgruß“ seinerzeit auf der Rückfahrt vom Silzer Wild- und Wanderpark Südliche Weinstraße, wo sie an jenem Sonntag mit ihrer Familie unterwegs gewesen sein will, von Lothringen aus verschickt haben. Im Übrigen, so der Verteidiger damals, habe seine Mandantin das „NSV“-Emblem weder wahrgenommen noch gekannt. Nicht sehr plausibel. Denn die Sozialassistentin und Kulturwissenschaftlerin Walter-Riefling ist Vizevorsitzende des Kreisverbands Westpfalz und stellvertretende rheinland-pfälzische Landeschefin der NPD, die sich seit Juni „Die Heimat“ nennt, und Vize-Bundesvorsitzende des „Rings Nationaler Frauen“ („RNV“). Dass der betreffende Post seinerzeit in Frankreich abgesetzt worden sein soll, dafür gebe es „keine objektiven Anhaltspunkte“, befand die Vierte Strafkammer am Ende der Berufungsverhandlung. Es blieb damit bei 800 Euro Geldstrafe. Jedoch ordnete die Strafkammer an, dass Walter-Riefling nun auch noch die Gerichtskosten einschließlich der des Revisionsverfahrens zu tragen habe.

Dieses für sie im teurer werdende Verfahren hielt Walter-Riefling offensichtlich nicht davon ab, zum zweiten Mal Revision beim OLG einzulegen. Allerdings stehe das Verfahren „noch nicht unmittelbar zur Entscheidung des Senats an“, antwortete OLG-Pressesprecherin Tanja Rippberger am Freitag auf eine entsprechende Nachfrage unserer Zeitung. Es liefen „noch Fristen für die Beteiligten“. Eine Entscheidung sei laut Rippberger erst „in bis zu drei Monaten“ zu erwarten.

Vielleicht findet das nunmehr drei Jahre andauernde Justizbehörden-Ping-Pong ja dann ein Ende.

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