Vorsicht vor der Geschmacksfalle

Der Mensch ist, was er isst - diesen Satz formulierte vor über 150 Jahren bereits der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach. Doch viele scheinen ihnen heute nicht mehr so recht zu beachten. Eine "Geiz-ist-Geil"-Mentalität zeigen viele Verbraucher nämlich inzwischen auch beim Lebensmitteleinkauf. Bestes Essen, schön günstig und flott zubereitet, verspricht die Werbung

Der Mensch ist, was er isst - diesen Satz formulierte vor über 150 Jahren bereits der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach. Doch viele scheinen ihnen heute nicht mehr so recht zu beachten. Eine "Geiz-ist-Geil"-Mentalität zeigen viele Verbraucher nämlich inzwischen auch beim Lebensmitteleinkauf. Bestes Essen, schön günstig und flott zubereitet, verspricht die Werbung. Wer lange arbeitet oder wenig Bares hat, springt darauf gerne an. Fatalerweise, wie Jörg Glauben, Sternekoch in der Fasanerie findet. Entscheidend sei ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Doch Billiges tendiere dazu, minderwertig zu sein. Glauben: "Irgendwann wird's schwierig, den Spagat zwischen günstig und qualitativ hochwertig zu schaffen, ohne sich die Knochen zu brechen." Bei hochwertigen Waren sei die Entstehungskette eine andere. "Es ist ein Unterschied, ob man eine Million Hühner in Massenhaltung züchtet oder 1000 mit großem Personalaufwand von Hand aufzieht. Da kalkuliert man die Kosten ganz anders", erläutert der Sternekoch. Die immer zahlreicher werdenden Discounter sorgten zwar für eine "Grundnahrungsmittelabdeckung" wie es Glauben nennt. Das Gebotene ermögliche aber eher ein Überleben, als ein Genießen.Billigwein etwa sei uniformiert im Geschmack, so dass man leichten Zugang dazu habe. Der Charakter gehe verloren. Rotwein schmecke süß, habe wenig Holz, Weißwein fehle die Säure. "Auch Olivenöl, das pro Flasche vier Euro kostet, kann nicht die Qualität haben, wie ein gutes, das erst bei zehn Euro anfängt." Irreführende Werbung tue ein Übriges, wenn etwa der Eindruck erweckt werde, Joghurtdrinks, die angeblich die Darmflora verbesserten, müssten wie ein Medikament täglich eingenommen werden. Dabei sei ihr Nutzen mehr als zweifelhaft, so Glauben.

Die Geschmacksfalle

Generell würden Geschmacksverstärker und künstliche Aromen bei den Bürgern die Geschmacksstandards setzen. Glutamat etwa überdecke den Grundgeschmack. Wer sich viel von Fertigprodukten, Tütensuppen, Instantpürees oder Mikrowellen-Currywürsten ernähre, der gewöhne sich an einen falschen Geschmack. Viele Bürger entwickelten gegen die Kunststoffe auch Allergien. Ob Kunstlebensmittel gefährlich seien, könne er nicht sagen. "Sie führen uns aber in eine Geschmacksfalle, aus der wir nicht mehr rauskommen." Sein Tipp: sich Zeit fürs Essen und Kochen nehmen, etwa die Tradition des Sonntagsbratens im Familienkreis pflegen und die Mahlzeit als Chance nutzen, wichtige Dinge zu besprechen. Verbraucherhilfen, die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln deutlich machen, begrüßt Glauben. Er findet aber auch: "Verbraucher müssen sich ein Stück weit selbst schützen."

Tipps für den Einkauf

Jeder sollte beim Einkauf von Produkten etwa die Etikette genau anschauen und Angaben zur Herkunft, Inhalt und Haltbarkeit lesen. Entscheidend sei gerade bei frischen Waren wie Fleisch auch, die Verkäufer zu befragen. Zeugen die Antworten von Unwissenheit, rät er zur Vorsicht. Ebenso, wenn der Preis besonders niedrig ist. Denn Qualität koste nunmal mehr. Dafür müsse man oft Fachgeschäfte aufsuchen. Doch Fisch aus Wildfang etwa sei unbezahlbar. Tiere aus Aquakultur seien eine preiswerte Alternative.

Ist das Fleisch noch frisch?

Beim Fleisch gelte es darauf zu achten, ob es schon in Flüssigkeit liegt. "Dann ist es alt, der Gewichtsverlust ist umso größer", erklärt Glauben. Auch eingeschweißte Discounter-Schnitzel sind mit Vorsicht zu genießen. Das Problem hier sei, dass Discounter Produkte nicht wie Metzger weiterverarbeiten könnten. "Der lokale Metzger kann noch Pastete oder Wurst daraus machen", sagt der Spitzenkoch.

Rindfleisch werde auch aus Argentinien importiert und lagere teils über Wochen in Häfen, ehe es an die Läden weiterverteilt wird. Mit Konservierungsgasen besprüht, ist sich Glauben sicher. Doch auch zu schnell verkauftes Rindfleisch schmecke nicht gut. Denn es müsse einige Tage nachreifen, was man früher als Abhängen bezeichnete. Es schmecke nicht so gut, wenn es direkt nach der Schlachtung verkauft wird.

Hackfleisch sei besonders gefährlich, weil die Oberfläche für Bakterien ungleich größer sei. Am besten am selben Tag weiterverarbeiten, es roh zu essen sei "sehr riskant" erklärt Glauben. "Da weiß man auch nicht, was genau durchgelassen wurde. Ich kaufe mir das Fleisch und lasse es lieber selbst durch."

Einfrieren, ja oder nein?

Man sollte ein großes Stück Fleisch auch nicht länger als ein halbes Jahr eingefrieren, drei Monate seien besser. Fisch nicht länger als einen Monat. Glauben rät, Lebensmittel generell nicht unnötig einzufrieren. "Aus einzelnen Wurstscheiben würde ich einen Wurstsalat machen, anstatt sie in die Tiefkühltruhe zu legen", sagt Glauben. Man sollte Brot oder Gemüse aber auch lieber rechtzeitig einfrieren, als es lange liegen zu lassen. "Ein Vakuumiergerät leistet da gute Dienste, erhöht den Schutz" erklärt er. Generell solle man Waren schnell einfrieren und langsam auftauen. Fleisch etwa einen Tag, bevor man es zubereiten will, in Folie eingepackt in den Kühlschrank legen.

Gemüse sollte man unmittelbar vor dem Einfrieren blanchieren und wenn irgend möglich die Produkte auch zubereiten, ehe man sie ins Kühlfach steckt. Gekaufter Tiefkühlware stellt Glauben kein grundsätzlich schlechtes Zeugnis aus. "Erbsen oder Gemüse können sogar besser sein als frisch gekaufte, weil sie mehr Vitamine enthalten." Anders verhalte es sich mit Dosen- oder Glaskonserven. Da seien meist Zucker oder Geschmacksstoffe beigemischt, das Gemüse sei matschig. Wer frisches Gemüse kaufe, sollte die Jahreszeiten beachten. "Braucht man wirklich ganzjährig Tomaten oder Spargel?" fragt Glauben etwa. Treibhauszüchtungen oder über lange Strecken importierte Lebensmittel könnten wässriger und fader im Geschmack sein. Genauso verhalte es sich beim Obst.

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