Tradition in Gefahr

Zweibrücken. Seine Dienste immer nur kurz anbieten und dann woanders hin reisen? Diese Art des fliegenden Service war früher gang und gäbe. In Zweibrücken zuletzt im Mai 1970, als der 52 Jahre alte Zimmermann Ewald Janning in zunftgerechter Kleidung in Zweibrücken ankam. Seit 1955 befand sich der gebürtige Westfale "auf der Walz" kreuz und quer durch das damalige Westdeutschland

Zweibrücken. Seine Dienste immer nur kurz anbieten und dann woanders hin reisen? Diese Art des fliegenden Service war früher gang und gäbe. In Zweibrücken zuletzt im Mai 1970, als der 52 Jahre alte Zimmermann Ewald Janning in zunftgerechter Kleidung in Zweibrücken ankam. Seit 1955 befand sich der gebürtige Westfale "auf der Walz" kreuz und quer durch das damalige Westdeutschland. Jeweils sechs Wochen blieb er an einem Ort und bei einem Arbeitgeber. Nun machte er sich, wie es üblich war, auf die Suche nach einem Brötchengeber für die nächste Zeit. Obwohl damit noch einmal ein Handwerksbursche in Zweibrücken Station machte und seine Dienste anbot, ging die Zeit derartiger Aufenthalte in der Stadt definitiv zu Ende. Was über Jahrhunderte hinweg normal war und fest zum alltäglichen Leben gehörte, verschwand nun Zug um Zug aus dem Straßenbild. Und es waren eine ganze Menge Professionen, die für kurz oder lang in die Stadt kamen, einige Tage oder Wochen ihre Dienste anboten und dann weiter zogen. Neben den "ehrbaren Handwerkern" gab es aber auch "fahrendes Volk", das nicht so gern gesehen war, dessen Tätigkeiten bei Bedarf aber durchaus in Anspruch genommen wurde: Scherenschleifer und Kesselflicker etwa, Lumpensammler und Gassenkehrer. Offiziell durften diese ihre Dienstleistungen aber nur dann feilbieten, wenn sich in der Stadt und im festgelegten Umkreis kein ortsansässiges Geschäft im gleichen Metier fand. In Zweibrücken, im 18. Jahrhundert Residenzstadt und im 19. Jahrhundert Sitz des höchsten pfälzischen Gerichtes, war eine wohlsituierte Beamtenschaft zu Hause, die sich und ihren Familien etwas Besonderes nur entgehen ließ - luxuriösere Offerten lohnten also. Die Anzeigen, die dazu in den regelmäßig erscheinenden Zeitungen der Stadt geschaltet wurden, dokumentieren, dass sich so mancher fahrende Händler schönen Profit erhoffte. Zu Jahresbeginn 1825 etwa logierte der "Optikus E. Segensheimer aus Segnitz bei Würzburg dahier im Schwarzen Adler - aber nur bis Montag". Er empfahl sich "mit seinen nach optischen Kunstregeln geschliffenen Augengläsern und Coversations-Brillen, auch nach dem neusten System, durch deren Gebrauch die Augen nach ihrer verschiedenen Baschaffenheit nicht nur das erforderliche Licht, sondern auch vorzüglich gut erhalten werden". Daneben hatte er auch "Mikroskope, Lupen, Prismata und Lorgnetten" im Sortiment. Es war freilich nicht so, dass nur Handlungsreisende Annoncen aufgaben und für ihre spezielle Produkte warben. Auch einheimische Geschäftsleute lockten mit speziellen Waren Kundschaft - so gab es in den 1820er-Jahren mit Frederice Vecchioni einen "Italiener" in der Stadt, der nicht nur seine "ächte weise venezianische Seife" anpries, sondern auch immer wieder "frischen genuesischen Lasagne, Macceroni, Paste und Semula zu billigem Preis" vorhielt. Aber auch an ganz speziellen Geschäftsideen gab es keinen Mangel, und nicht selten spiegeln diese auch die damals aktuellen Probleme in Zweibrücken wieder. Im April 1825 hatte beispielsweise der Kammerjäger Litzenburger für vierzehn Tage bei Bäckermeister Zisius in der Oberen Vorstadt Quartier bezogen. Er pries ein "sehr vortheilhaftes Mittel um die Wanzen gänzlich zu vertreiben" an. Dabei garantierte er, "sie ganz auszurotten und begehrt keine Zahlung, bis diejenigen selbst erkennen, dass sie gänzlich von dem Ungeziefer befreiet sind". Das Mittel verursache keinen Geruch im Zimmer und sei auch Niemanden nachteilig, wofür ärztliches Attest vorliege.Neben derlei fliegenden Händlern gab es aber auch in der Stadt eine ganze Reihe von Gewerbetreibenden, die sich nicht allein auf eine Domäne verstanden - der approbierte Bader etwa. Bartscherer war er und Wundpfleger, Zahnzieher und Leichenbeschauer. Er wurde allerdings erst zugelassen, nachdem er einen mehrmonatigen medizinischen Kurs in Frankenthal absolviert hatte - erst mit der offiziellen Approbation durften Bader ihr vielfältiges Gewerbe in den pfälzischen Ortschaften betreiben. Weithin verbreitet war dieser Erwerbszweig: In Hornbach verrichteten sogar bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges noch zwei Männer diese Arbeit.

StichwortGuten Service braucht das Land. Daher ermöglicht der Pfälzische Merkur durch seine Aktion "Bester Service 2010" den Geschäften im Verbreitungsgebiet, sich von seinen Kunden beurteilen zu lassen. So erhalten sie eine offene Rückmeldung über die Güte ihres Service . Mehrere Zweibrücker Geschäfte bieten dabei schon spezielle Dienstleistungen, neuste Geräte oder umfassende Beratung an (wir berichteten), um sich von den Mitbewerbern abzuheben. Uns interessieren aber auch vorbildliche Dienstleistungsideen aus Deutschland und der Welt, von denen man in Zweibrücken noch lernen könnte. Haben Sie, liebe Leser zum Beispiel im Urlaub solche tollen Service-Ideen kennengelernt, etwa die Supermarktverkäufer, die die Einkäufe selbstverständlich für die Kunden in Tüten einpacken? Oder Gratiseintritt zu Sehenswürdigkeit, wenn man erst wenige Stunden vor Ende der Öffnungszeiten eintrifft? Lassen Sie uns an Ihren Erfahrungen teilhaben. Kommen Sie am besten einfach in der Redaktion vorbei, schicken Sie uns eine E-Mail an merkur@pm-zw.de oder rufen Sie uns an. Sie finden uns in der Hauptstraße 66 in Zweibrücken, Telefon (0 63 32) 80 00 50. ek

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