Tierauffangstation Tierart in Maßweiler Ein Leben für die Tiere

Maßweiler · Die erste Auszubildende zur Zootierpflegerin bei der Tierauffangstation war ein Glücksgriff. Dabei sah die Schulzeit von Julia Bös aus Krähenberg alles andere als rosig aus. Jetzt lebt sie für die Tiere.

 Julia Bös freut sich, dass sich der behinderte Fuchs Porthos zufrieden in der Sonne entspannt.

Julia Bös freut sich, dass sich der behinderte Fuchs Porthos zufrieden in der Sonne entspannt.

Foto: Cordula von Waldow

Im Gespräch mit anderen Menschen ist Julia Bös eher schüchtern. Doch wenn die 19-jährige Tierfreundin von ihren Aufgaben bei der Tierauffangstation Tierart in Maßweiler und vor allem von ihren Tieren erzählt, wird sie lebhaft: Ihre Augen beginnen zu strahlen, ihre Wangen röten sich vor Begeisterung und die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus.

Noch vor zwei, drei Jahren schien dies undenkbar. Noch vor Ende der offiziellen Schulpflicht verließ die junge Krähenbergerin die Herzog-Wolfgang-Realschule plus in Zweibrücken. Bereits während ihres Schülerpraktikums 2018 fand Julia Bös hier ihre Berufung in einem „tollen Team“, das ihre weit überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft ebenso anerkennt, wie ihr Gespür im Umgang mit den verschiedenen Tieren.

Zunächst verlängerte sie ihr Praktikum in die Herbstferien. Immer quälender wurde die Schul-Unlust, immer stärker der Wunsch, bei den Tieren etwas Sinnvolles zu leisten. So wurden bei der Tierauffangstation in Maßweiler die Voraussetzungen geschaffen für ein FÖJ, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. In diesem Rahmen baute Julia, die Zuhause ein Futterküken großzog und ihrem Hähnchen einen Harem zulegte, ihre Hühnerzucht auf. Bei Tierart baut sie noch ein Hühnergehege, in das die sechs unterschiedlichen Hühner dann umziehen. „Verfüttert werden aber nur die Eier“, verspricht sie.

Seit diesem Sommer ist sie die allererste Auszubildende dort. Eine Aufgabe, die die 19-Jährige spürbar zutiefst befriedigt und permanent über sich selbst hinauswachsen lässt. Die junge Frau, die in ihrer Schulzeit zahllose Fehlstunden anhäufte, durchwacht seit bald zwei Jahren Nächte, um die ihr anvertrauten Jungtiere der Auffangstation zu versorgen.

Sie zählt auf: „Bei mir waren schon kleine Igel, Eichhörnchen, Wildkatzen, Füchse, Marder, Waschbären und viele Feldhasen.“ Betreut Julia Bös zwei Tiere gleichzeitig, die alle zwei Stunden Nahrung benötigen, kommt oft das eine, wenn das andere gerade gefüttert ist. Noch immer tut es ihr ein bisschen weh, wenn ein Tier, das sie selbst von Hand aufgezogen hat, ausgewildert wird. Doch die Freude überwiegt, „weil es dorthin gehört“.

Schlimmer ist es, wenn zum Beispiel eines der von ihr gepäppelten Feldhasenkinder kurz davor doch noch stirbt, wie im Sommer. Umso mehr hofft sie, dass der nächste diesen Sprung schafft, sobald er mit einem Kilogramm sein Entlassungsgewicht erreicht hat. Sie weiß: Ohne das Team der Tierauffangstation wären die Tiere längst tot und so haben sie einen zweiten Geburtstag, eine zweite Chance auf ein freies Leben in der Natur. „Wir stellen uns immer vor, dass es ihnen gut geht“, bestätigt die stellvertretende Betriebsleiterin Eva Lindenschmidt.

Julia Bös, die seit Kindesbeinen schon immer ihre Zeit lieber mit Tieren verbrachte, von Hunden über Pferde und Katzen bis hin zu Papageienvögeln, war für die Tierauffangstation schlicht der Glücksgriff. Für keine Aufgabe inklusive aller Reinigungsarbeiten ist sie sich zu schade, nichts ist ihr zu viel, geht es um das Wohl der Tiere. Klarheit in ihren Entscheidungen und Konsequenz machen sie für die Tiere einschätzbar, sodass sie mit allen Arten gut zurechtkommt, inklusive den Tigern.

Diese gaben den Ausschlag dafür, dass Julia Bös sich bei Tierart für das Schulpraktikum bewarb. „Das fand ich cool. Hier wollte ich hin“, erinnert sie sich. „Julia ist unser Pilotprojekt“, lacht die studierte Biologin Eva Lindenschmidt, denn erst jetzt haben sich zwei Tierpfleger offiziell zum Ausbilder weitergebildet. Doch Julia Bös passte von Anfang an ins Team.

Zeit für Freunde hat die Tierfreundin kaum noch. „Ich arbeite oder versorge Jungtiere“, skizziert sie. Denn auch in ihrer Freizeit an den freien Wochenenden muss „Taxi Mama“ die Strecke von Krähenberg nach Maßweiler überbrücken, damit Julia nach „ihren“ Tieren schauen kann. Dabei freut sie sich auch auf ihre Erfahrungen in anderen Zoos, um weitere Tierarten kennenzulernen, die in der Tierauffangstation kein Zuhause finden.

Praktika bei Tierart sind begehrt, allerdings können maximal zwei Schüler zugleich betreut werden. Anfragen am besten per E-Mail an wildtierauffangstation@tierart.de richten.

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