"Man muss auch mal ein Machtwort sprechen"Über verbrannte Finger und kostenlosen Klobesuch

Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Auch in Sachen Stadtwurst habe sich die Gültigkeit dieser alten Weisheit wieder einmal bewahrheitet, findet Werner von Blon. Über die Posse rund um den Ein-Euro-Brätling können von Blon und Jürgen Lambert nur den Kopf schütteln. Beide sind Ehrenbürger der Stadt. Im Redaktionsgespräch mit dem Pfälzischen Merkur reden sie Klartext

 Die Stadt der Rosen und Rosse kann ein echtes Schmuckkästchen sein. Leider aber macht sie oft mit Querelen auf sich aufmerksam. Foto: dpa

Die Stadt der Rosen und Rosse kann ein echtes Schmuckkästchen sein. Leider aber macht sie oft mit Querelen auf sich aufmerksam. Foto: dpa

 Die beiden einzigen lebenden Zweibrücker Ehrenbürger Werner von Blon (Dritter von rechts) und Jürgen Lambert (Zweiter von rechts) im Gespräch mit den Merkur-Journalisten Michael Klein (rechts), Mathias Schneck (links) und Fritz Schäfer (Zweiter von links). Fotos: voj

Die beiden einzigen lebenden Zweibrücker Ehrenbürger Werner von Blon (Dritter von rechts) und Jürgen Lambert (Zweiter von rechts) im Gespräch mit den Merkur-Journalisten Michael Klein (rechts), Mathias Schneck (links) und Fritz Schäfer (Zweiter von links). Fotos: voj

Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Auch in Sachen Stadtwurst habe sich die Gültigkeit dieser alten Weisheit wieder einmal bewahrheitet, findet Werner von Blon. Über die Posse rund um den Ein-Euro-Brätling können von Blon und Jürgen Lambert nur den Kopf schütteln. Beide sind Ehrenbürger der Stadt. Im Redaktionsgespräch mit dem Pfälzischen Merkur reden sie Klartext. "Die Stadtwurst wandert in der Stadt herum - und der Stadtvorstand soll sich dann mit diesem Thema auseinandersetzen. Der Stadtvorstand! Das muss man sich mal vorstellen! Na, wenn der nichts anderes zu besprechen hat, dann scheint es uns ja gut zu gehen", merkt von Blon ironisch an. Für ihn hätte das Gezetere um die Wurst viel früher beendet werden müssen. "Da muss man auch mal ein Machtwort sprechen. Sicher: Der Oberbürgermeister versucht, es jedem recht zu machen. Aber das funktioniert halt nicht. Irgendeiner wird immer unzufrieden sein. So ist das eben. Das Amt des Oberbürgermeister beinhaltet nicht immer nur eitel Sonnenschein", weiß von Blon, der selbst von 1980 bis 1992 dieses Amt innehatte. Lambert weist auf die schwierige Konsensbildung hin, die entsteht "wenn es 40 Sitze im Stadtrat gibt". Auswärtige Besucher seien da schon ins Staunen geraten. Lambert: "Ich erinnere mich an einen Besuch aus unserer Partnerstadt Yorktown. Als ich sie in den Ratssaal unserer Stadt führte, schauten sie ungläubig auf die Anzahl der Stühle. ,So viele Sitze! Wie soll es denn da eine Entscheidung geben?'", erinnert sich Lambert lachend an die Verwunderung der Besucher aus den USA. Die heute oft überbordende Diskussionsfreudigkeit im Rat habe es früher in diesem Ausmaß nicht gegeben, merkt Lambert, der von 1999 bis 2004 Oberbürgermeister war, an. Er könne ja verstehen, dass große Fraktionen "ihre eigenen Felder, ihre einen Themen haben, die sie in den Vordergrund stellen". Aber es sei nicht angebracht, "mutwillig eigene Lösungen zu suchen", hebt er hervor. Welche Fraktionen meint er? Lambert drückt sich zurückhaltend aus. "Eigentlich braucht man nur mal zu schauen, wo Kontinuität in der Fraktionsführung herrscht und wo Wechsel stattfinden. Diese Wechsel in der Führung führen übrigens oft nicht zu einer Befriedung."Bei Abweichlern in der eigenen Partei sei es früher im Interesse einer schnellen Lösung pragmatischer zugegangen, erinnert sich von Blon. "Wenn wir wussten, dass jemand mit einem bestimmten Tagesordnungspunkt Probleme hat, sagten wir zu ihm: ,Geh' einfach raus, wir stimmen hier ab und wenn wir fertig sind, kommst Du wieder rein.'"Wie sehen die beiden Ehrenbürger und Ex-Oberbürgermeister die Arbeit ihres Amtsnachfolgers Helmut Reichling? Er habe im Wahlkampf "die Messlatte sehr hoch gelegt", findet Lambert. Es habe in den Medien eine regelrechte "Messias-Erwartung" bestanden. "Viele dachten: Endlich mal einer, der als Parteiloser alles umkrempelt, der Arbeitsplätze schafft, den Haushalt auf Vordermann bringt - aber diese Erwartungen waren nicht zu erfüllen", zieht Lambert eine kritische Zwischenbilanz. "Vieles von dem, was derzeit die Stadt voranbringt, was Arbeitsplätze schafft, ist übrigens auf die erfolgreiche Konversionspolitik des Landes zurückzuführen." Von Blon sagt, er habe Reichling vor der Wahl "den Rat gegeben, nicht als Parteiloser anzutreten". Es sei überaus schwierig, als parteiloser Oberbürgermeister Mehrheiten um sich zu scharen. Bezüglich der Zusammenarbeit zwischen dem Oberbürgermeister und den Mitarbeitern in der Verwaltung findet Lambert kritische Worte: "Leider hat sich da ein Misstrauen gegenüber den Mitarbeitern entwickelt. Viele reagieren ganz verdutzt darauf, dass ihnen der Oberbürgermeister mit diesem Misstrauen begegnet und ziehen sich regelrecht zurück." Von Blon fügt hinzu: "Dabei würde Reichling doch nicht seinen Nimbus beschädigen, wenn er - etwa zu der Kämmerei - sagen würde, ich kenne mich in dem und dem Punkt nicht so gut aus, helft mir mal weiter." Lambert wirft ein: "Man kann als Oberbürgermeister nicht nur als Generalist arbeiten. Man muss sich auch mal in Details einarbeiten." Wo steht Zweibrücken für die beiden Ehrenbürger? Beide sehen die Stadt dank DOZ, Flughafen und den großen Firmen wie Terex, John Deere und Pallmann gut aufgestellt. Auch wenn der gewaltige Schuldenberg ein Manko sei. Ob Zweibrücken auf Dauer kreisfrei bleiben wird, ist für beide fraglich. Es sei auch nicht generell schlecht, wenn die Stadt in den Kreis aufgenommen werde. Man müsse sachlich die Vor- und Nachteile diskutieren. Kritisch sehen von Blon und Lambert den Umgang der Stadt mit Investoren. Ihnen werde oft mit Misstrauen begegnet, statt sich um sie zu bemühen. Von Blon findet: "Leider ist unser Bauamt oftmals eine Bauverhinderungsbehörde. Dabei sollte es vielmehr ein Bauförderungsamt sein."Zweibrücken. Auch wenn die Stadt Zweibrücken hoch verschuldet ist - manchmal beweist sie größte Sparsamkeit. Etwa, wenn es darum geht, den Titel "Ehrenbürger" zu vergeben. "Seit 1945 hat die Stadt Zweibrücken diesen Titel lediglich vier Personen zugesprochen. Dem früheren Oberbürgermeister Ignaz Roth, Justizrat und Rechtsanwalt Max Schuler sowie Jürgen Lambert und mir", erklärt Werner von Blon.Ignaz Roth und Max Schuler (dieser wirkte an der Rückkehr des Oberlandesgerichts von Neustadt nach Zweibrücken mit) sind verstorben. Folglich hat die Stadt Zweibrücken derzeit nur zwei lebende Ehrenbürger: die beiden früheren Oberbürgermeister Werner von Blon, 79, und Jürgen Lambert, 72. Wie fühlt man sich als Ehrenbürger? "Als ich alleiniger Ehrenbürger war - Herr Lambert erhielt diese Auszeichnung nach mir - kam ich mir manchmal schon etwas exotisch vor", schmunzelt von Blon. Lambert fügt hinzu: "Das ist ja keine Auszeichnung, die man von sich aus anstrebt." Goldene Löffel seien mit diesem Titel nicht verbunden. "Ich bekomme im Sommer eine Freikarte für das Freibad", sagt von Blon. Und Lambert fügt lachend hinzu: "Und wir dürfen umsonst die Toilette des Stadtvorstandes benutzen." Werden die beiden von den Akteuren, die jetzt im Stadtrat das Geschehen bestimmen, auch mal um Rat gefragt? "Also, bei mir ist das bislang noch nicht vorgekommen - aber dafür habe ich auch Verständnis. Ich hätte vielleicht früher auch gedacht - och, der Opa, was will er mir denn schon sagen", so von Blon altersmilde. Lambert pflichtet bei: Auch bei ihm habe noch kein Stadtrat angeklopft. Aber so sei das halt. "Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen und sich selbst die Finger verbrennen", hat von Blon gelernt. Ihr Wissen bringen dennoch beide ehrenamtlich ein: Von Blon ist Vorsitzender des Seniorenbeirats und war bis vor kurzem auch Vorsitzender der Lebensabend-Bewegung. Lambert engagiert sich in drei Vereinen: als Vorsitzender des Verkehrsvereins, im Vorstand des Reit- und Fahrvereins und im erweiterten Vorstand der Gesellschaft deutscher Rosenfreunde. eck

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