Marktwert 1,5 Millionen Euro Cannabis-Gärtner ernten mehrere Jahre Gefängnis

Zweibrücken/Schindhard · Das Landgericht Zweibrücken hat vier Albaner verurteilt, die in der Südwestpfalz eine große Drogenplantage betrieben.

 23 Kilogramm fertiges Marihuana plus 2000 Cannabis-Pflanzen (Bild) hatte die Kripo im April in einer leerstehenden Industriehalle in Schindhard entdeckt.

23 Kilogramm fertiges Marihuana plus 2000 Cannabis-Pflanzen (Bild) hatte die Kripo im April in einer leerstehenden Industriehalle in Schindhard entdeckt.

Foto: Polizeidirektion Pirmasens

Gefängnis statt Ernteerlös: Im Landgericht Zweibrücken sind vier Albaner im Alter von 24 bis 47 Jahren, die in einer Industriehalle in Schindhard professionell und in großem Stil Cannabis angebaut hatten, wegen mehrerer Drogendelikte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Ein 27-Jähriger, als „Logistiker“ bezeichnete Mann wurde wegen Handels mit Betäubungsmitteln mit sechs Jahren und sechs Monaten Gefängnis bestraft, dessen drei 24, 45 und 47 Jahre alten Mittäter wegen Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln und wegen Drogenbesitzes zu je fünf Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt.

Die Sechste Große Strafkammer sei zugunsten der vier Angeklagten davon ausgegangen, dass die Ernte habe nicht verkauft und deshalb „nicht in Umlauf“ gebracht werden können, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Herzog.

Die Männer hatten Anfang des Jahres eine Industriehalle am Ortsrand der südwestpfälzischen 500-Seelen-Gemeinde Schindhard angemietet, um darin Cannabis-Pflanzen aufzuziehen. Zum Verkauf der Ernte kam es jedoch nicht. Denn am Abend des 26. April war es einer Spezialeinheit der Pirmasenser Kriminalpolizei in einer Blitzaktion gelungen, sich Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen. Darin trafen die Rauschgiftfahnder die vier Albaner an, die sofort festgenommen wurden (wir berichteten). Laut Polizeibericht seien „im Anschluss in eigens konstruierten Aufzuchträumen zirka 2000 Cannabis-Pflanzen, vom Steckling bis erntereif und in voller Blüte stehend, vorgefunden“ worden. Zudem habe in einem Trockenraum „feinstes, zum geruchsdichten Verpacken vorbereitetes Marihuana sichergestellt werden“ können, wie es damals weiter hieß. Die Ermittler nahmen aufgrund „der Größe der Anlage und der sehr professionellen technischen Ausstattung“ an, „dass damit ein erheblicher monatlicher Cannabis-Ertrag erzielt werden konnte“. Demnach ergebe sich „nach entsprechender Bearbeitung der Cannabis-Pflanzen eine Gesamtmenge von 151 Kilogramm Marihuana – einschließlich der abgepackt sichergestellten 23 Kilogramm. Durch „den gezielten Zugriff der Rauschgiftfahnder“ habe verhindert werden können, dass „die beachtliche Rauschgiftmenge von der Tätergruppierung in Umlauf gebracht werden konnte“. Den Wert des sichergestellten Marihuanas bezifferten die Drogenfahnder damals auf zirka 450 000 Euro.

Deutlich zu wenig, wie sich nun während des mehrtägigen Prozesses herausstellte. Staatsanwalt Christian Heinekamp ging vielmehr von einem Verkaufswert von 1,5 Millionen Euro aus. Er errechnete für die 151 Kilogramm Marihuana einen THC-Wirkstoffgehalt von 19,4 Kilogramm: „Das ist das 2500-Fache der nicht geringen Menge!“ Der Ankläger beantragte in seinem Plädoyer schließlich für den „Logistiker“ acht Jahre und für die drei „Gärtner“ jeweils sechs Jahre Haft.

Zumal die drei „Gärtner“ im Gegensatz zum „Logistiker“ ein vollständiges Geständnis abgelegt hatten. Sie hätten in Albanien in ärmlichen Verhältnissen gelebt und sich in Deutschland mit dem Cannabis-Anbau etwas dazuverdienen wollen, gaben sie an. Die Männer hausten vom Januar bis zu ihrer Entdeckung in einem dunklen Verschlag in der Industriehalle – „unter menschenunwürdigen Bedingungen“, gab ein Polizist während des Prozesses zu Protokoll. Der „Logistiker“ habe die Männer mit Essen und Trinken, mit Hygieneartikeln und Desinfektionsmitteln, mit Baumaterialien und Erntegeräten versorgt. In den Bau der 400 Quadratmeter große Indoor-Anlage, in der zum Schluss 1625 Cannabis-Setzlinge sprossen und 23 Kilogramm „Gras“ in mehreren Säcken aufbewahrt wurden, sollen, wie zu hören war, 100 000 Euro gesteckt worden sein. Dabei „sparten“ die Männer Energiekosten, indem sie – unbemerkt – für 80 000 Euro Strom aus dem Pfalzwerke-Netz abzapften, um ihr Gewächshaus zu betreiben.

Die im April  sichergestellten 23 Kilogramm Marihuana. Hätten die Drogenbauern die im Wachsen befindlichen Hanfpflanzen verarbeiten können, wären es mit diesem Marihuana zusammen 151 Kilo gewesen.

Die im April sichergestellten 23 Kilogramm Marihuana. Hätten die Drogenbauern die im Wachsen befindlichen Hanfpflanzen verarbeiten können, wären es mit diesem Marihuana zusammen 151 Kilo gewesen.

Foto: Polizeidirektion Pirmasens

Die vier Verteidiger der Angeklagten, der Zweibrücker Rechtsanwalt Max Kampschulte, der den „Logistiker“ vertrat, sowie die Pirmasenser Anwälte Christian Zinzow, Walter Höh und Thomas Stumpf, die den drei „Gärtnern“ beistanden, hielten Strafen „deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts“ beziehungsweise „von nicht mehr als fünf Jahren Haft“ für ausreichend.

Dem entsprach denn am vergangenen Dienstag auch die Strafkammer – zumindest annähernd. Gegen das Urteil des Landgerichts kann allerdings noch Revision eingelegt werden.