Plädoyers am Landgericht Zweibrücken Gewalttätiger Betrüger: Lange Haftstrafe droht
Zweibrücken · Staatsanwältin fordert fünf Jahre und elf Monate Gefängnis für früher in rechtsradikaler Szene aktiven Südwestpfälzer und 14 000 Euro Tatertrags-Einzug.
Fünf Jahre und elf Monate Freiheitsentzug hat Staatsanwältin Anja Neufing für einen 48-jährigen Südwestpfälzer, der sich vor dem Landgericht Zweibrücken wegen Betrug und Körperverletzung verantworten muss, gefordert. Sie legt dem Angeklagten in dem Prozess vor der Sechsten Großen Strafkammer 125 Betrügereien, zwei Körperverletzungen und einen Diebstahl zur Last.
Die Anklägerin beantragte zudem, den alkoholabhängigen 48-Jährigen zunächst in einem „Direktvollzug“ für ein Jahr zu inhaftieren, dann aber für zwei Jahre in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Was zur Folge haben könnte, dass die zu verbüßende Restfreiheitsstrafe nach den drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird – allerdings nur bei einem erfolgreichen Abschluss dieser Therapie. Zudem verlangte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, den „Tatertrag“ der Betrügereien – rund 14 000 Euro – bei dem Angeklagten einzuziehen.
Verteidiger Christian Zinzow plädierte auf eine „milde Freiheitsstrafe, die deutlich unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten liegen sollte“. Vor allem, weil sein Mandant die „zahlreichen Betrugshandlungen“ gestanden und dem Gericht damit „eine sehr, sehr umfangreiche Beweisaufnahme erspart“ habe. Außerdem habe der 48-Jährige inzwischen unter dem Gewesenen – der bis zur Glatze hinauf Tätowierte war auch lange Zeit in der rechtsradikalen Szene aktiv – „einen Strich gezogen“ und wolle sich nach der verbüßten Haft vor allem um „seine kleine Tochter“ kümmern.
Die Strafkammer hat inzwischen wie angekündigt mehrere schwere Band- und Siegelringe, teils mit Schlangen- und Totenkopf-Gepräge, in Augenschein genommen, die der Angeklagte in der Nacht zum 11. Juli 2021 getragen haben will, als er aus eher nichtigem Anlass einen 43-jährigen Besucher in seiner Pirmasenser Wohnung geboxt und schwer verletzt hat. Ursprünglich hatte ihm die Staatsanwältin vorgehalten, er habe dabei einen „ausziehbaren Totschläger“ benutzt, was der Angeklagte aber bestritt.
Hingegen gab der Angeklagte zu, einen 20-jährigen Nachbarn in dessen Wohnung wegen einer nächtlichen Ruhestörung geschlagen und ihm dabei – allerdings „unbeabsichtigt“ – den linken Unterkiefer gebrochen zu haben. Während der Verhandlung hatte er sich für den Gewaltakt bei dem jungen Mann entschuldigt. Auch einen Diebstahl in einem Pirmasenser Warenhaus gab er unumwunden zu.
Völlig unstrittig waren indessen die vielen Betrügereien zu Ungunsten von Bietern des Internet-Marktplatzes Ebay. Dort hatte er in einem kurzen Zeitraum im Monat Februar 2021 – „im Sekundentakt“, wie Staatsanwältin Neufing es ausdrückte – zig Mal Waren zum Schein angeboten und bundesweit verkauft, obwohl er sie gar nicht liefern konnte und wollte. Dabei gab er fremde Namen und falsche Adressen an. Zudem hatte er übers Internet bei mehreren deutschen Versandhäusern, darunter eines, das mit Erotik-Produkten handelt, Waren geordert und nicht bezahlt – alles klare Fälle von Computer- beziehungsweise Warenkreditbetrug.
Einige dieser Ebay-Betrügereien trug der Vorsitzende Richter Andreas Herzog beispielhaft vor. So hatte ein Mann aus dem hessischen Ginsheim-Gustavsburg bei der Polizei einen „Geldverlust“ angezeigt, nachdem er auf Ebay zwar eine Goldkette mit Anhänger für über 1000 Euro ersteigert und bezahlt, aber den Schmuck nicht erhalten hatte. Und ein Mann aus dem sächsischen Chemnitz sowie eine Frau aus dem bayerischen Weißenburg gaben bei den Ermittlern zu Protokoll, die ersteigerten und in der Folge auch bezahlten Tablets nicht bekommen zu haben.
Ihr Urteil zu dem vielfach – auch einschlägig wegen Betrugs und Körperverletzung – vorbestraften Mann will die Strafkammer diesen Mittwoch, 9. Februar, ab zehn Uhr sprechen.