Kampf gegen wucherndes Halbwissen

Sexualkundeunterricht geht oft in dem Trubel vor den Sommerferien unter und muss anderen Themen weichen. Die Qualität und der Umfang der besprochenen Inhalte hängt dabei stark von der Schule und den entsprechenden Lehrkräften ab.

Überhaupt gibt es nicht genügend Raum für Schüler , um unangenehme Fragen zu stellen. So sieht es zumindest die Landesschülervertretung Rheinland-Pfalz, die mit der Sexualaufklärung an den Schulen im Land nicht zufrieden ist. Der Schwerpunkt liege meist auf "biologischem Basiswissen. Bereiche, die für Jugendliche eine große Relevanz haben, werden ausgelassen." Forderung der Schülervertreter: Schüler im Sexualkundeunterricht nach Geschlechtern trennen. So soll ein Klima geschaffen werden, indem offen über Sexualität geredet werden kann.

Auch an vielen Zweibrücker Schulen ist es aufgrund von Personal- und Zeitmangel oft nicht möglich, die Schüler zu trennen. Die Mannlich-Realschule-Plus lädt deshalb extra außerschulische Partner wie die Caritas für einen dreistündigen Workshop ein. Innerhalb des Workshops werden die Schüler für einige Zeit nach Geschlechtern getrennt. "Das ist eine positive Ergänzung des normalen Sexualkundeunterrichts. Wir versuchen damit, unseren Schülern die Möglichkeit zu bieten, in geschlechtergetrennten Gruppen Fragen zu stellen", erklärt Katja Pfirrmann, Fachleiterin Biologie: "Es stellt aber keinesfalls einen Unterrichtsersatz dar, sondern eine Vertiefung."

An einer Realschule-Plus sei Sexualkunde im rheinland-pfälzischen Lehrplan in Klasse sechs, sieben und neun vorgesehen. "Die erste Einheit kommt am Ende der sechsten Klasse kurz vor den Sommerferien. Dieser Zeitpunkt ist bewusst so gewählt, da die Schüler dann bereits ihren Lehrer und ihre Mitschüler kennen und sich so wohler fühlen", erläutert Pfirrmann. Die Benennung der Geschlechtsorgane, die Kindesentwicklung sowie die Veränderungen des Körpers während der Pubertät seien hierbei Hauptthemen. "Geistige, soziale und gefühlsmäßige Veränderungen werden natürlich auch angesprochen", ergänzt Pfirrmann. "In Klasse sieben dreht sich dann alles um Verhütung und wir stellen über einen Verhütungskoffer verschiedene Verhütungsmittel für Männer und Frauen vor wie zum Beispiel Kondom, Pille oder Spirale. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass es bei den Kindern viel Halbwissen gibt." In der neunten Klasse werde das Thema nochmal in Zusammenhang mit Immunschwächekrankheiten wie Aids aufgegriffen.

"Natürlich gibt es in der sechsten Klasse am Anfang Gekicher. Aber wir unterbinden das sofort und erklären, dass es sich hierbei um biologische Begriffe handelt, und dann klappt das auch und die Kinder sind sehr interessiert", weiß Pfirrmann aus Erfahrung.

Der Lehrplan für Gymnasien sieht eine ähnliche Verteilung vor. "Natürlich ist die Scham im Klassenverband vielleicht etwas höher, aber die Schüler haben auch immer die Möglichkeit zum Beispiel als Gruppe zum Lehrer zu gehen und Fragen zu stellen", sagt Kerstin Kiehm, Direktorin des Zweibrücker Helmholtz-Gymnasiums.

Auch im Sachunterricht an rheinland-pfälzischen Grundschulen ist Sexualkunde normalerweise Bestandteil des Lehrplans. "Vorab werden die Eltern aber immer an einem Elternabend über die genauen Inhalte des Unterrichts informiert, erklärt Sabine Theobald, Leiterin der Grundschule Pestalozzi in Zweibrücken. Die Benennung der Körperteile und die Entwicklung vom Embryo bis zum Kind stünden dabei im Vordergrund. "Wir hatten auch schon Ärzte oder schwangere Mamas im Unterricht zu Besuch", erzählt Theobald. "Natürlich weiß der eine Schüler mal mehr als der andere. Aber wir versuchen, alles, was von den Kindern kommt, sensibel aufzugreifen."

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