"Ich konnte erst reiten, dann laufen"Technik gegen Tradition

Zweibrücken. Die neunjährige Johanna Rubly ist mächtig stolz. Nicht nur, dass sie beim Fohlenchampionat während der Zweibrücker Pferdetage am vergangenen Wochenende ihre mit der Staatsprämie ausgezeichnete Ponystute Venezia selbst vorstellen durfte, nein: Ihr selbst gezogenes Deutsches Reitpony wurde auch zum Sieger der Stutfohlen gekürt

 Johanna Rubly mit Ponystute Venezia und Schwester Victoria mit dem Siegerfohlen. Foto: cvw

Johanna Rubly mit Ponystute Venezia und Schwester Victoria mit dem Siegerfohlen. Foto: cvw

Zweibrücken. Die neunjährige Johanna Rubly ist mächtig stolz. Nicht nur, dass sie beim Fohlenchampionat während der Zweibrücker Pferdetage am vergangenen Wochenende ihre mit der Staatsprämie ausgezeichnete Ponystute Venezia selbst vorstellen durfte, nein: Ihr selbst gezogenes Deutsches Reitpony wurde auch zum Sieger der Stutfohlen gekürt. Gekleidet in das grüne T-Shirt des Pferdezuchtverbands führte Johanna Venezia im Trab durch den Ring, das muntere Fohlen frei an der Seite der Mutter. Ordnungsgemäß stellte sie sie auf, damit die Richter die Tiere begutachten konnten. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Neunjährige stammt gleich aus zwei Züchterfamilien: Familie Rubly aus Bundenbach züchtet ebenso seit Generationen Zweibrücker wie Familie Schuster mütterlicherseits einen guten Namen in der Reitponyzucht besitzt. Nur bei der Auswahl des Fohlenvaters hat Mutter Sandra unterstützt. "Man hört halt, welche Hengste gut und nicht zu teuer sind", kennt auch die Tochter schon die Auswahlkriterien. Dabei sitzt das schmale blonde Mädchen auch sicher im Sattel."Ich konnte erst reiten, dann laufen", sagt sie. Ganz dem Vorbild ihres erfolgreichen Vaters folgend, der mehrfacher Landesmeister war, springt Johanna am liebsten. Mit ihrem 16-jährigen Lehr-Pony Fury wird sie von Andreas Rubly auch trainiert. "Das macht besonderen Spaß, weil er immer neue Hindernisse aufbaut", strahlt sie und berichtet von Turniererfolgen in der Einstiegsklasse E. Auch ihre elegante schwarz-braune Ponystute Venezia reitet die Viertklässlerin von Anfang an selbst, nämlich seit drei Jahren "Sie hat sie auch jedes Jahr für das Bundeschampionat qualifizieren können und in den Prüfungen dafür selbst geritten", sagt Mutter Sandra. Wenn Johanna nicht auf dem elterlichen Pferdehof hilft, spielt sie Klavier. Oder reitet mit den Eltern und Schwester Victoria einfach zum Spaß spazieren oder auf eine Wiese, um die Pferde grasen zu lassen. "Ein bisschen Freizeit muss auch sein", findet Johanna. Dabei liegt der Ehrgeiz in der Familie, denn die beiden Schwestern konkurrieren sowohl im Sattel als auch bei der Zucht. Als das Fohlen der fünfjährigen Victoria in einem Wettbewerb höher bewertet wird als Johannas, gibt es neidvolle Blicke von der großen, während diesmal die Kleine ihren Triumph auskostet. Zweibrücken. "Ein Pferd ohne Brandzeichen ist wie ein Mercedes ohne Stern." Für Ingrid Schäfer aus Käshofen und ihre Familie, Pferdezüchter in vierter Generation, ist ein Brandzeichen zugleich ein Markenzeichen und ein Verkaufsargument. Sie hat "den Glauben, dass es nicht ganz abgeschafft wird". So haben die Schäfers ihre Fohlen am Wochenende mit der gekrönten Doppelbrücke zieren lassen, obwohl sie nach internationalen Bestimmungen mit einem Chip unter der Halshaut gekennzeichnet sein müssen. Die Pferdezüchterin hat in den Jahrzehnten ihrer Arbeit noch nie gehört, dass beim Brennen ein Fohlen zu Schaden gekommen sei. Steffen Hauter, internationaler Springreiter, Pferdehändler und Züchter, hält den Schenkelbrand im Zuge der Europäisierung für überholt. Er berichtet: "Wir haben Pferde aus Ungarn, die rein deutscher Abstammung sind." Sie ungarisch zu brennen, hält der 31-jährige Betriebswirt für verwirrend und wenig sinnvoll, das Chippen zudem für tierfreundlicher. Für Hans-Günter Klein, Chefbereiter im Landgestüt Zweibrücken und Pferdezüchter, gehört der Schenkelbrand als Erkennungszeichen einfach dazu. "Den Chip sieht man nicht. Sonst ist ein Brauner auf den ersten Blick eben ein Brauner und kein Zweibrücker'", befürchtet er. "Sicher ist das Brennen schmerzhaft, aber ich weiß nicht, wie weh einem Fohlen das Chippen tut." Ausbilder und Springreiter Andreas Rubly aus Bundenbach entstammt einer Züchterfamilie und ist mit einer Züchterin verheiratet. Früher sei das Brennen eine riesige Sache gewesen, doch heute würden nur noch Haare und die oberste Hautschicht verletzt. Obwohl der Chip erst jetzt verpflichtend ist, hat Rubly breits 15 bis 20 Pferde mit Transponder unter dem Sattel gehabt. Aus seiner Sicht ist das "System Chip" noch im Aufbau. "Wenn man ohnehin chippen muss, braucht man nicht auch noch zu brennen." Für Walter Müller aus Walshausen wäre das sonst eine doppelt gemoppelte Kennzeichnung. Der Schenkelbrand zeige lediglich, wo das Fohlen aufgewachsen sei. "Wenn ich hier aus einer Hannoveraner Stute ein Fohlen von einem Hannoveraner Hengst ziehe, bekommt es trotzdem den Zweibrücker Brand." Natürlich sei der Brand auch etwas fürs Auge. cvw

HintergrundDer Pferdezuchtverband Rheinland-Pfalz Saar ist mit den Ergebnissen seiner Elitestutenschau und des Fohlenchampionats am Wochenende hoch zufrieden; qualitativ wie auch quantitativ mit 18 vierjährigen und zwölf dreijährigen Elitestuten und fast hundert Warmblut- und Ponyfohlen. Große Freude auch im Landgestüt: Bei den prämierten Hengstfohlen führte kein Weg an Alfred Kohn aus Vierherrenborn und den beiden Siegerfohlen vorbei, dann jedoch rangierten ausschließlich die Söhne der Landbeschäler Sir Schiwago, Stockholm und Qui Lago. cvw

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