„Ich bin totaler Europa-Fan“

Der Comedian Bernhard Hoëcker über Wahrnehmungsverzerrung, Politik, Kollegen und die Tücken seines Familiennamens.

Obwohl Sie in Frankfurt und Bonn groß geworden sind, sind Sie in der Pfalz geboren!

Bernhard Hoëcker Richtig, die Hälfte meines Körpers ist ein Pfälzer, weil mein Vater Pfälzer ist. Ich bin in Neustadt an der Weinstraße geboren und habe dort ein Jahr gelebt. Da wir später häufig zu Besuch waren, ist das Pfälzische mein Heimat-Dialekt.

Hatten Sie auch Bezug zu Zweibrücken?

Hoëcker Nein, wir waren immer eher so in der Ecke um Ludwigshafen rum. Zweibrücken war meinen Eltern wahrscheinlich zu nah am Saarland. Die wollten mich wohl verschonen.

Oh, da kann ich Sie auch gleich vorwarnen - nicht dass Sie in Zweibrücken "meine lieben Saarländer" begrüßen.

Hoëcker So etwas mache ich gerne absichtlich: Wenn ich in Neunkirchen bin, sage ich den Leuten: "Ich bin total froh hier zu sein, denn ich bin ja auch in der Pfalz geboren…"

Mögen Sie die Automarke Citroën?

Hoëcker Hahaha, natürlich mag ich die! Gerade heute hat mir jemand ein Rätsel aus der Süddeutschen Zeitung gezeigt - da waren vier Bilder, Ferdinand Piëch, das Logo von Citroën, die Alëuten und ich, und man musste die Gemeinsamkeit rauskriegen. Das war natürlich das Trema, das uns alle miteinander verband. Das erkläre ich immer mit "Citroën", weil das die Leute kennen.

Aber wie finden Sie es, dass man jedes Mal umständlich das e mit den Pünktchen drauf suchen muss, wenn man etwas über Sie schreibt?

Hoëcker Ich persönlich? (Denkt nach) Ganz ehrlich, mir ist das total egal (lacht)! Es wäre nur dann ein Problem, wenn es jemand vergessen würde, aber das passiert nicht. Es ist nur ein Lautzeichen, damit man meinen Namen richtig ausspricht, also dass das o-e getrennt ist. In meinem Ausweis steht, dass ich Künstler bin und somit ist Hoëcker mein Künstlername geworden.

Hätte es ein einfaches h in der Mitte nicht auch getan?

Hoëcker Hätte es auch, aber dann wäre ich ein Ho-hecker gewesen. Ich hätte auch ein n nehmen können, dann wäre ich ein Honecker geworden. (lacht)

Sehen Sie sich mehr als Kabarettist, als Komiker oder als Comedian?

Hoëcker Ich selber bezeichne mich als Comedian. Kabarettist, das ist mir zu politisch, das ist quasi "linker Stammtisch". Da wird auf allem rumgehackt, aber keine Vorschläge gemacht. Ich finde es interessanter, gesellschaftliche oder wissenschaftliche Dinge zu erklären. "Comedian", der Begriff beschreibt so ein bisschen die Zeit nach "Samstag Nacht", vorher waren das so "Komödianten" oder "Komiker". Bei "Komiker" habe ich ein bisschen mehr das Alberne im Kopf, weniger das Wissenschaftliche.

Aber Politik ist schon ein Thema für Sie, da gibt es zum Beispiel Diskussionen mit Wigald Boning und anderen zum Thema Europa oder Sie hatte sich in einer Talkshow zum Thema Flüchtlinge geäußert…

Hoëcker Ja, ich rede in meinem Programm über so etwas wie Wahrnehmungsverzerrung. Und die Flüchtlings-Problematik, ah nein, ich wollte vermeiden, das so zu sagen, also: das Flüchtenden-Thema war so ein interessanter Fall, weil die Wahrnehmung komplett darauf hingewirkt hat - einfach durch das Nennen von großen Zahlen -, dass man dachte, es seien total viele. Und um zu erklären, wie uns unser Gehirn eine Falle stellt, nämlich vorgaukelt, es kämen Massen an Menschen, habe ich das in Relation gesetzt, indem ich Leute aufstehen lasse im Verhältnis wie es in Deutschland mit den Flüchtlingen ist. Das habe ich bei einer NDR-Talkshow gemacht und unfassbar viele böse Mails bekommen. Aber auch noch mehr positive. Aber da waren eben Sachen dabei, die einen treffen. Das war ganz spannend, denn das war mal eine politische Äußerung. Mir ging es darum zu sagen, dass die Begriffe "Masse", "Überschwemmung", "wir werden überrollt" und "die Kultur ist am Arsch" falsch sind. Dass es keine Probleme gibt, habe ich aber nie behauptet. Man kriegt dann ja Sachen vorgeworfen, die man nie behauptet hat.

Und dann gibt es mit Wigald Boning und Tommy Krappweis eine Diskussionsrunde bei Facebook, die wir einmal im Monat machen wollen. Wir reden dann über ein Thema und versuchen das nicht so kontrovers zu halten, dass man sich nur noch beschimpft oder nur noch in Floskeln redet, sondern versucht in die Tiefe zu gehen. Wigald und Tommy setzen sich mit kritischem Denken auseinander, sie möchten die rhetorische Floskel-Schlagerei entlarven.

Sie haben sich da sehr für den europäischen Gedanken stark gemacht - sind Sie am Ende Merkel-Fan?

Hoëcker Ich weiß gar nicht, ob Angela Merkel so sehr Europa-Fan ist, wie ich das möchte. Ich bin totaler Europa-Fan. Derzeit glaube ich sogar, dass Martin Schulz mehr mein Europa-Verständnis hat als Angela Merkel. Gut, bei ihr weiß man nicht, was sie genau denkt und sie muss auch noch auf die CSU Rücksicht nehmen, und die will ja noch nicht mal Deutschland. Bayern zuerst! Ich selber träume von den Vereinigten Staaten von Europa, einer Europäischen Republik oder wie man das auch immer nennen möchte. Also dass Europa quasi so aussieht wie jetzt auch Deutschland.

Auf Ihr aktuelles Programm bezogen: Wie liegt man denn am besten falsch?

Hoëcker Also wir leben in einer Welt der Wahrnehmungsverzerrung. Unser Gehirn sieht Dinge und interpretiert sie so um, dass wir die komplexe Welt schnell verstehen.. Es erkennt Muster. Das ist total super, und auf diese Art und Weise kommen wir hervorragend zurecht in dieser Welt. Allerdings irren wir uns manchmal. Zum Beispiel stehen in der Zeitung nur negative Sachen. Da steht einfach nicht "Heute ist nichts passiert" oder irgendetwas sei besonders gut gelaufen. Und das führt dazu, dass wir denken: "Es passiert immer was Schlechtes". Zum Beispiel die Nachrichten über den Islam. Immer wenn das Wort "Islam" auftaucht, ist es mit einem Problem verbunden. Ganz selten ist es der Tag der offenen Tür in einer Moschee oder "Zwei Islam-Gläubige haben einer alten Dame geholfen". Es werden immer nur negative Sachen erwähnt. Das verändert dann unsere Wahrnehmung. Das ist erstmal okay so, wir brauchen das, weil wir die Welt vereinfachen müssen. Wir müssen uns nur darüber klar sein, dass man manchmal richtig falsch liegt. Das fängt mit so harmlosen Sachen an, wie dass wir alle denken, die Erdbeere wäre eine Beere, dabei ist sie eine Nuss. Oder: "Daumen hoch" bedeutet super, klasse. Aber in der Türkei und Griechenland ist das der Stinkefinger! Das ist dann beim Trampen ein Problem. Mit solchen Dingen, auch komplexerer Art, hangele ich mich durch den Abend…

Wer ist Ihr Lieblingskollege?

Hoëcker Persönlich sind es natürlich die alten Switch-Leute, weil wir damals zusammen angefangen haben, und so einen Kontakt vergisst man nicht. Das sind einfach total nette Menschen, die sich immer freuen, wenn sie sich sehen. Und dann ist es Bastian Pastewka, weil ich den schon von der Schule kenne, mit dem habe ich angefangen Comedy zu machen…

Sie waren mit Pastewka auf einer Schule?

Hoëcker Er war ein Jahr unter mir! Mit dem habe ich schon in St. Ingbert und Idar-Oberstein gespielt - in grauer Vorzeit.

Die Fragen stellte Sebastian Dingler.

Zum Thema:

Der Pfälzische Merkur verlost drei mal zwei Karten für den Auftritt von Bernhard Hoëcker am Mittwoch um 20 Uhr in der Festhalle Zweibrücken. Mitmachen kann man heute bis zwölf Uhr mittags unter unter www.pfaelzischer-merkur.de/ticketsgewinnen

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