"Ich bin gar kein Politiker"

Zweibrücken. Der ungeübte Eis-Esser staunt nicht schlecht, als der Oberbürgermeister seine Bestellung aufgibt. Gleich zwei Eisbecher auf einen Schlag ordert Helmut Reichling beim Gespräch mit dem Merkur im Zweibrücker Eiscafé La Perla für sich. Hier verbringt der OB gern seine Mittagspause. Des Öfteren nimmt er Rathaus-Mitarbeiter mit

 OB Helmut Reichling (r.) beim Eis-Essen mit Merkur-Redakteur Gerrit Dauelsberg. Foto: Wille

OB Helmut Reichling (r.) beim Eis-Essen mit Merkur-Redakteur Gerrit Dauelsberg. Foto: Wille

Zweibrücken. Der ungeübte Eis-Esser staunt nicht schlecht, als der Oberbürgermeister seine Bestellung aufgibt. Gleich zwei Eisbecher auf einen Schlag ordert Helmut Reichling beim Gespräch mit dem Merkur im Zweibrücker Eiscafé La Perla für sich. Hier verbringt der OB gern seine Mittagspause. Des Öfteren nimmt er Rathaus-Mitarbeiter mit. "Irgendjemand findet sich immer", sagt Reichling, während er die erste Portion in Angriff nimmt - einen Minze-Lemon-Becher.Hier, auf seinem Stammplatz gleich links am Gang, kommt Reichling ins Plaudern. Er erzählt wie es ist, Oberbürgermeister zu sein. "Es lässt einen nie los. Wenn man nachts um zwei ins Bett geht, denkt man immer noch an diese Stadt."

2003 kam Reichling quasi aus dem Nichts und erzielte als Parteiunabhängiger mit 68 Prozent auf Anhieb ein sensationelles Ergebnis. Rückblickend vergleicht sich Reichling - ganz unbescheiden - gerne mit US-Präsident Barack Obama: "Wie ihn haben auch mich viele gewählt, weil sie ihre ganz persönlichen Hoffnungen mit mir verbunden haben." Doch dass man es als Oberbürgermeister nicht jedem Recht machen kann, das habe er schnell lernen müssen.

Die erste Eis-Portion ist aufgegessen, ohne Umschweife geht es an die zweite: ein Amarena-Becher. Der Oberbürgermeister wirkt entspannt und zuversichtlich. Er glaubt fest daran, dass die Bürger ihn im September erneut wählen - auch wenn er es eben nicht jedem Recht machen konnte. Denn: "Mittlerweile kennen mich die Menschen." Und seine Arbeit sei noch nicht zu Ende: Die Fußgängerzone soll ein neues Gesicht bekommen, weitere Menschen und Firmen sich in der Region ansiedeln. Und er will den Haushalt in Ordnung bringen.

Als parteiunabhängiger Kandidat müsse er auf keine Parteiräson Rücksicht nehmen. "Meine Unabhängigkeit ist mir mehr Wert als die Unterstützung durch eine Partei." Doch warum ist er dann noch CDU-Mitglied? "Ich denke, jeder braucht eine Art Werte-Gerüst, das auch nach außen hin transparent sein sollte." Reichling bezeichnet sich selbst als gläubigen Katholiken.

Während des Gesprächs lässt er oft durchblicken, dass er gern als anderer Typ von Politiker wahrgenommen werden möchte. Mehr noch: "Ich bin gar kein Politiker." Das habe etwas von Netzwerke spinnen. Das sei seine Sache nicht. Zwar müsse man auch als Oberbürgermeister Kontakte pflegen, doch das dürfe kein Selbstzweck sein. Auch auf Angriffe gegen die Gegenkandidaten verzichtet er, bezeichnet sie lieber als "Mitbewerber" statt als "Rivalen".

Der aussichtsreichste "Mitwerber" sei ganz klar Kurt Pirmann von der SPD, sagt Reichling. Und warum ist der Amtsinhaber besser als sein Herausforderer? "Ich bin nicht besser, ich bin nur anders", sagt der OB, um dann geschickt hinzuzufügen: "Ich bin ein sehr urbaner Mensch, Kurt Pirmann ist ein Mann der Fläche." Er sei in Zweibrücken verwurzelt, der SPD-Kandidat der "King" im Landkreis.

Inzwischen stehen zwei leere Eisbecher vor Reichling. Zeit für den OB, neue Visionen für sein Zweibrücken zu entwerfen. 2020 endet seine Amtszeit, wenn er denn gewählt wird. 45 000 Einwohner wird die Stadt dann zählen, prophezeit Reichling, Handel und Gewerbe blühen. Der Zweibrücker Hengst Bipontinos gewinnt Gold bei Olympia, auf der Rennwiese findet ein Konzert der Rolling Stones statt. In solchen Momenten gelingt es Reichling, nicht wie ein typischer Politiker zu wirken.

pfaelzischer-merkur.de/

oberbuergermeisterwahl2011

Wenn man nachts um zwei ins Bett geht, denkt man immer noch an diese Stadt."

Helmut Reichling

Zur Person

Helmut Reichling wurde 1952 in Zweibrücken geboren. Er studierte Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaft. 1981 übernahm er die Leitung des Familienunternehmens, einer Stahlgroßhandelsfirma. Heute ist er deren alleiniger Inhaber. 1994 wurde er als Professor an die Zweibrücker Fachhochschule berufen. Seit 2003 ist Reichling, der verheiratet ist, Oberbürgermeister von Zweibrücken. gda

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