Sparkassen-Chef Rolf E. Klein geht in Rente „Ich bin ein Typ, der nach vorne blickt“

Zweibrücken · Seit fast zehn Jahren ist Rolf E. Klein Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Südwestpfalz. Am 30. Juni räumt er seinen Schreibtisch. Erlebt hat er in seinem Beruf viel. Ein Blick zurück— aber auch einer nach vorne.

 Der scheidende Sparkassenchef Rolf E. Klein blickt ohne Wehmut auf seine Laufbahn zurück.

Der scheidende Sparkassenchef Rolf E. Klein blickt ohne Wehmut auf seine Laufbahn zurück.

Foto: Jan Althoff

Nicht alle Menschen blicken dem nahenden Ruhestand mit der gleichen Gelassenheit entgegen wie Rolf E. Klein. „Ich bin mir darüber im Klaren, dass mit dem 1. Juli der Schritt in die Bedeutungslosigkeit vollzogen ist“, sagt der 65-Jährige, der in der vergangenen Dekade und noch bis Ende Juni die Geschicke der Sparkasse Südwestpfalz als Vorstandsvorsitzender leitet(e). Klein wirkt dabei mit sich im Reinen. Keine Wehmut. Kein Pathos. Keine aufgesetzte Sentimentalität: „Natürlich ist der Ruhestand eine Zäsur in meinem Leben. Aber ich bin ein Typ, der nach vorne blickt“, sagt er: „Ich bin mir sicher, dass ich den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören gefunden habe.“ Es ist also kein tränenreicher Abschied – und das, obwohl Klein sein Beruf früh in Fleisch und Blut übergegangen ist: „Einen Schlips trage ich seit ich Mitte 20 bin. Der gehört dazu. Der ist für mich nichts anderes als die Schutzkleidung für einen Autolackierer“, sagt er. Und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Auch wenn ich den Schlips bis heute nicht richtig binden kann.“

Doch was kommt, nachdem er am 30. Juni seinen Schreibtisch geräumt hat? „Mir fallen tausend Dinge ein, für die ich nun endlich Zeit habe. Ich fahre gerne Rad und Ski“, erzählt Klein. Und fügt nach kurzer Überlegung hinzu: „Vielleicht mache ich aber auch eine Zeit lang konsequent gar nichts.“ Klein trägt die Worte mit einem verschmitzten Lächeln vor – und doch klingt ein gewisser Ernst mit. Kleins Beruf wird in der öffentlichen Wahrnehmung wohl nicht mit Dramatik assoziiert. Doch die lange Zeit an der Spitze der Sparkasse war auch eine Zeit der Verantwortung, schwerer Entscheidungen und nervenaufreibender Arbeit. Als 2012 beim Zweibrücker Zerkleinerungshersteller Pallmann die Insolvenz drohte, fror die Sparkasse vorübergehend die Kreditlinien für das Unternehmen ein – und wurde dadurch für die Arbeiter zum Sündenbock. Klein selbst erhielt Drohbriefe. „Natürlich trifft mich das persönlich. 400 Pallmänner, die vor dem Sparkassengebäude demonstrieren – so etwas nimmt man mit nach Hause“, erzählt er. Klein ergriff damals das Megaphon eines Demonstranten und rief den Arbeitern das zu, was er auch heute noch als Leitsatz formuliert: „Die Sparkasse lebt davon, dass es den Menschen in der Region gut geht.“ Neben der Verpflichtung gegenüber den Menschen habe er aber eben „auch eine moralisch-ethische Verpflichtung gegenüber meinem Beruf“, sagt Klein. Er erklärt: „Für manche mag es angenehmer sein, Vertragsabschlüsse in geselliger Runde bei einer Flasche Champagner auszuhandeln. Aber wenn ich der Überzeugung bin, dass das, was beschlossen werden soll, nicht funktionieren kann, muss ich dazu Nein sagen. Und das war damals der Fall.“ Verständnis erfuhr Klein nicht: „Die Menschen hatten Sorgen. Viele meinten: ‚Ihr wollt uns ruinieren‘. Sie wollten nicht hören, dass das aberwitzig ist und wir uns damit selbst schaden würden.“

Auch bei der Erhöhung der Girokonto-Gebühren 2016 bekam die Sparkasse Gegenwind. „Es ist noch nicht in den Köpfen der Menschen angekommen, dass Kontoführung Geld kostet. Man denke nur an die Rechenzentren. Kontoführung wird immer noch als kommunale Leistung betrachtet, die gewissermaßen selbstverständlich ist“, moniert Klein.

Den technischen Wandel der Sparkasse, den der angehende Pensionär über Jahre erlebt und selbst mitgestaltet hat, begrüßt er: „Die Welt verändert sich, das ist ein Naturgesetz. Es hat keinen Sinn, Kraft dafür zu verschwenden, das Alte zu bewahren. Man sollte die Energie darauf verwenden, sich dem Neuen zu stellen und das Beste daraus zu machen. Viele Dinge in der modernen Digitalisierung kann ich mit Leidenschaft nachvollziehen.“ Dass Menschen, die weniger technikaffin sind, durch neue Entwicklungen oder die Schließung von Filialen „abgehängt“ werden, glaubt Klein nicht: „Auf dem Land gibt es auch nicht mehr in jedem Dorf einen Bäcker. Aber die Menschen verhungern nicht. Kundenservicecenter wird es immer geben. Wenn auch nicht mehr überall“, sagt Klein, der es „nicht zielführend“ findet, „Neuerungen von vorn herein zu verteufeln“. Man müsse offen sein und Vorteile zu nutzen wissen: „Unsere Familie war noch nie so gut organisiert, wie heute mit einer Whatsapp-Gruppe.“

Auch die Politik realisiere langsam, dass Digitalisierung nicht nur von „ein paar Internetspinnern“ ausgehe: „Standardisierung und Technisierung helfen der Sparkasse, Qualität zu sichern und Kosten im Rahmen zu halten“, findet Klein, der die Automobilindustrie als Vorbild betrachtet: „Dort ist man schon weiter. Welches Werkzeug wird mit welchem Drehmoment eingesetzt? Bei diesen Fragen wird dort nichts dem Zufall überlassen“, schwärmt Klein. Kleinere Bedenken hat aber auch er. Man müsse acht geben, dass das Bauchgefühl bei einem Standardisierungsprozess nicht ganz auf der Streck bleibe. Als „Ärgernis ohne Maß und Sinn“ betrachtet er indes die Bürokratisierung im Bankenwesen. Über 20 Mitarbeiter bei der Sparkasse Südwestpfalz seien nur für die Regulatorik zuständig.

Die Zukunft der Sparkasse sieht Klein in ihrer beratenden Funktion. Und das, obwohl diese nicht mehr in jedem Bereich notwendig sei: „Wegen der Frage, ob in Schweden noch die Landeswährung benötigt wird, braucht man die Sparkasse in Zukunft nicht mehr. Aber wenn wir schon eine persönliche Beziehung zum Kunden haben, dann müssen wir auch von uns aus hin marschieren und ihm Vorschläge machen.“ Denn bei der Frage nach sinnvollen Anlagemöglichkeiten sei die Sparkasse vor dem Hintergrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank noch immer einer der wichtigsten Ansprechpartner. „Der Realverlust auf den Sparbüchern hat die Menschen zutiefst verunsichert. Da ist auch kein Ende in Sicht. Viele denken sich: ‚Bevor ich etwas falsch mache, lasse ich das Geld erstmal auf dem Sparbuch liegen.‘ Die Einstellung ist nicht verkehrt. Persönlich würde ich aber zu einem aktiven Fondsmanagement raten.“

Nur noch wenige Wochen und Klein wird diese Ratschläge nur noch als Privatmann – und nicht mehr als Sparkassen-Vorsitzender aussprechen. Vor dem „Schritt in die Bedeutungslosigkeit“ steht aber noch der Abschied von den Kollegen an. Und vielleicht wird die langjährige Führungskraft am letzten Arbeitstag entgegen aller Beteuerungen ja doch noch ein kleines bisschen wehmütig.

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