Gedanken zur Zeit Wie Corona uns verändert, liegt vor allem an uns selbst

In unserer Region ist es Tradition, dass am Sonntag nach Ostern die Erstkommunion gefeiert wird. Wegen der aktuellen Ausgangsbeschränkung ist dieses Fest erstmal verschoben, was unseren Blick aber umso stärker auf das Evangelium dieses Tages lenken kann.

 Der Contwiger Pfarrer Johannes Müller.

Der Contwiger Pfarrer Johannes Müller.

Foto: Martin Wittenmeier

Der zweite Sonntag der Osterzeit wird auch „Weißer Sonntag“ genannt – in Anlehnung an die weißen Taufgewänder, die die Neugetauften in den ersten Jahrhunderten der Kirche an diesem Tag ablegten. In der Osternacht waren sie getauft und mit dem weißen Gewand bekleidet worden; weiß als Zeichen der Reinheit, die auf Jesus Christus hinweist, denn mit IHM sind wir Christen seit der Taufe verbunden, wir sind in IHN hineingeschlüpft wie in ein Gewand, wie in eine besondere Haut. Wer getauft ist, geht also auf „Tuchfühlung“ mit Jesus, der berührt den Herrn und wird von IHM berührt.

Auch im Evangelium des Weißen Sonntag geht es um Berührung. Thomas war nicht bei den übrigen Aposteln, als Jesus sich ihnen am Abend seiner Auferstehung zum ersten Mal zeigt. Wen wundert es, dass Thomas seinen Freunden nicht glauben möchte, dass ihnen der Auferstandene begegnet ist! Allerdings wendet sich der Apostel nicht völlig ab, sondern stellt eine Bedingung, um glauben zu können: Den Auferstandenen verlangt er, persönlich zu berühren. Diese Forderung erfüllt ihm Jesus bei einer weiteren Begegnung wenig später und so legt Thomas, der fortan als „Der Ungläubige“ bezeichnet wird, das kürzeste, aber treffendste Glaubensbekenntnis ab: „Mein Herr und mein Gott!“

Den Wunsch, Jesus zu begegnen, haben in diesen Tagen der Ausgangsbeschränkung, die zu einem Verzicht auf öffentliche Gottesdienste führt, viele von uns – nicht um den Glauben zu begründen, sondern zu stärken. Gottesdienste am Fernsehen oder per Live-Stream sind besser als nichts, aber die sakramentale Heilsbegegnung mit Jesus Christus können sie nicht ersetzen.

Die Corona-Pandemie wird uns verändern, nicht nur in ökonomischer Hinsicht oder in unserem künftigen gesellschaftlichen Verhalten, sondern auch religiös. Ob sie uns Christen nur in schmerzlicher Erinnerung bleibt, oder ob sie auch eine heilsame Verwandlung in unserem christlichen Benehmen fördert, liegt vor allem an uns selbst.

Als der Auferstandene dem Thomas und den Aposteln erschien, zeigte er ihnen seine Wundmale an Händen, Füßen und Seite. Diese waren „verklärt“, das heißt verwandelt; sie bluteten und schmerzten nicht mehr. Aber sie sind nicht nur eine Erinnerung an seinen Kreuzestod, sondern auch die Zeichen der Erlösung, die er uns gerade am Kreuz erwirkt hat. Der Tod Jesu war nicht nur eine, sondern die Veränderung für uns, für die Welt: Die Macht des Todes ist besiegt, das Tor zur Ewigkeit ist aufgetan für uns. Aus diesem hoffnungsvollen Gedanken entspringt unser Osterjubel – auch im Jahr 2020, auch während der Corona-Pandemie. Gehen wir als Christen mit dieser gläubigen Zuversicht auch durch diese schwierige Zeit!

Corona-bedingt darf man derzeit keine Gottesdienste besuchen, und der Merkur kann keine ankündigen. Stattdessen veröffentlichen wir in der gottesdienstfreien Zeit samstags eine geistliche Kolumne.

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