Gefrorene Gefühle

Rosenkopf · „TV-Nonstop“ ist eine Mixtur aus Comedy und Satire. Selbst Filmszenen und Werbespots kommen in den Handlungen, welche Julian Weis und seine Mitstreiter geschrieben haben, vor und sorgen für richtig gute Unterhaltung.

 Julian Weis und Luca Ruppert im Wilden Westen. Foto: Lehmann

Julian Weis und Luca Ruppert im Wilden Westen. Foto: Lehmann

Foto: Lehmann

Die Jugend des Heimat- und Kulturvereins in Rosenkopf hat sich mit dem neuen Theaterstück "TV-nonstop" vom Boulevard-Theater weit wegbewegt. Heuer geht‘s um Comedy und bittere Medienschelte. Die digitale Welt lässt die Gefühlswelt verarmen. Dauerfernseher verlieren Bezug und Interesse an der wirklichen Wirklichkeit und dämmern vor der Glotze geistlos dahin.

Während der Ehemann im Schlafzimmer ein neues Ehebett zimmert, sitzt die Frau geistig und seelisch ermattet vor der Mattscheibe und hat selbst die Lust auf Lust verloren. Sie sitzt am Seitenrand der Bühne auf dem Sofa und zappt durch die Kanäle, das Fernsehprogramm selbst füllt den Rest der Bühne mit drastischen Live-Aktionen. Sportgeschehen, Frauenfußball mit drei Stunden Nachspielzeit, Wildwestromantik mit Maschinengewehren, ein vierter Mann wird abgeknallt, weil zum Skat nur drei gehören, Kriegsreportage an vorderster Front, eine "prächtige Trächtige" wird vorgeführt, "Overkill" live grotesk und brutal, da läuft‘s beim Zuschauen kalt über den Rücken.

Das Stück beginnt mit lautester Musik, die Schauspieler handhaben wie von Sinnen ihre Smartphones, laufen im Zuschauerraum herum und schießen Fotos, Selfies für die Ewigkeit. Kommunikation ist nicht mehr möglich. Digital schlägt Real.

Julian Weis ist der Kopf der Theatertruppe. "TV-nonstop" ist was für junge Leute mit hellen Köpfen, die der Digitalversuchung nicht erlegen sind. Das Stück rüttelt wach, die Zuschauer gehen mit, amüsieren sich wunderbar. Edeltraud Wildanger aus Zweibrücken meint: "Sehr, sehr schön und lebendig, mal was ganz anderes". Marion Etzel, Rosenkopferin, aber verzogen und jetzt zu Besuch: "Da stecken viel Energie und Elan drin. Mir gefällt das sehr".

Wie endet denn so ein Stück, wie kann es enden? Natürlich mit der Fernbedienung: Julian Weis drückt die Austaste Richtung Regie und das Spiel ist aus. Der Autor bringt das Stück konsequent zuende. "Ein interaktiver Fernseh- und Theaterabend" heißt es auf dem Programmzettel. Ein bisschen fühlt sich wohl jeder am Schluss irgendwie betroffen. Der Autor und die Schauspielerriege halten uns mit viel Talent und Kunst den Spiegel vor Augen. Und was sehen wir?

Zum Thema:

Auf einen Blick Es spielten: Sabrina Ast, Julia Haupenthal, Christian Heim, Anna-Lena Jelinek, Dennis Lauer, Lea Merg, Nicolas Mohr, Jakob Morawietz, Luca Ruppert, Sören Schmidt, Luisa Schmitt, Julian Weis. Technik: Joscha und Janos Weis. fro

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