Ich lebe gerne in Federleicht und bildschön

Die Kleinsteinhauserin Helga Freyer liebt das Schreiben alter Schriften. Seit fast 25 Jahren ist sie der Kalligraphie verfallen.

 Die Kleinsteinhauserin Helga Freyer arbeitet mit Tinte, Feder und weiterem Zubehör an ihren Kunstwerken aus Papier und Leinen.

Die Kleinsteinhauserin Helga Freyer arbeitet mit Tinte, Feder und weiterem Zubehör an ihren Kunstwerken aus Papier und Leinen.

Foto: bav/Volker Baumann
 „Ultreia“ und „Buen Camino“, Pilgergrüße in kalligraphischer Darstellung.

„Ultreia“ und „Buen Camino“, Pilgergrüße in kalligraphischer Darstellung.

Foto: bav/Volker Baumann

Schöne Schriften reizten Helga Freyer aus Kleinsteinhausen schon immer. Als Innenarchitektin habe sie logischerweise viel mit Schrift zu tun gehabt und sei dann 1994 der Kalligraphie, also der Kunst des Schönschreibens verfallen. Zuvor habe sie verschiedene Kurse in einer Zweibrücker Malschule besucht, ehe sie in der Limbacher Mühle an die Kalligraphie herangeführt wurde. „Entweder man versucht es nur einmal oder es wird tatsächlich zur Sucht“, beschreibt sie den möglichen Umgang mit der Schönschrift, die bei ihr Letzteres auslöste und sie noch immer neue Kurse besuchen lasse. Man lerne nie aus, sagt sie. Insbesondere von den alten Schriften sei sie fasziniert und habe viel mit der sogenannten „Unziale“ der der „karolingischen Minuskel“ geübt und geschrieben. Die Unziale, eine uralte Schrift, die im zweiten nachchristlichen Jahrhundert entstanden ist, fand Verwendung insbesondere als Buchschrift. Typisch für die Unzialschrift sind gerundete, serifenlose Lettern. Aus der Ursprungszeit haben sich noch etwa 300 Manuskripte, zumeist Bibelteile, erhalten. Die karolingische Minuskel zeichnet sich durch Klarheit und Einfachheit des Schriftbildes aus. Aus ihr entwickelten sich, über die gotische Minuskel, die Kleinbuchstaben der deutschen Schriften und über die humanistische Minuskel die heutigen Kleinbuchstaben der lateinischen Schrift. Bereits 2002 bot sich Helga Freyer die Möglichkeit einer Ausstellung ihrer Werke im Kloster Hornbach. Illustrationen aus einem Buch von Hyronymus Bock, dem im 16. Jahrhundert lebenden Arzt, Botaniker und Prediger, auch Pfarrer von Hornbach, zierten die karolingische Wand im Kloster. Die Ausstellungsstücke im passenden Ambiente seien von Mai bis Oktober alle verkauft worden. In ganz Deutschland habe sie inzwischen schon ausgestellt, unter anderem auch Tierbilder mit Illustrationen. Jährlich kehrt sie mit ihren Kunstwerken ins Kloster Hornbach zurück, wo sie beim Weihnachtsmarkt Kräuterkarten nach Hyronymus Bock, Weihnachtskarten, Geburtstagskarten, Karten für Anlässe aller Art, oder auch bedruckte Leinenhandtücher ausstellt und zum Verkauf anbietet. Aus Leinentüchern, die eine Freundin in die Altkleidersammlung geben wollte, habe sie eine Taschenproduktion begonnen. Helga Freyer schreibt ihre Kunstwerke mit der Bandzugfeder, die sie in Tinte eintaucht. Die Feder ist abgeschrägt, um eine plastische Wirkung der Buchstaben zu erzielen. „Das kann ich auch mit dem Computer“, seien oft gehörte Sätze beim Ansehen der Schriftzüge. Der Computer könne zwar die Schrift selbst, aber niemals die Lebendigkeit einer Handschrift simulieren, ist die Kalligraphin vom Schwung der Feder überzeugt. Kürzlich sei, aus der Rezeptsammlung mehrerer Teilnehmer eines Kurses in Blieskastel, ein kalligraphisches Kochbuch entstanden. Auch eine Spruchsammlung der Mutter und deren Handarbeiten, zum Teil in Dialektform, habe sie kalligraphisch verarbeitet. Der Jakobsweg hinterlässt ebenfalls seine Spuren in Schönschrift: „Buen Camino“ (Guter Weg) und „Ultreia“ (Uralter Pilgergruß: „Geh über Dich hinaus“) sind Schriftzüge, von denen Helga Freyer selbst fasziniert ist. bav

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