Klimawandel Der Wald leidet unter den Wetterkapriolen

Südwestpfalz · Förster Daniel Rolland vom Forstamt Wasgau bereitet der Klimawandel Kopfzerbrechen.

 Die hohen Temperaturen von April bis August im vergangenen Jahr sorgten für die starke Vermehrung des Borkenkäfers, wie Förster Daniel Rolland hier mit der Rinde einer befallenen Fichte deutlich macht.

Die hohen Temperaturen von April bis August im vergangenen Jahr sorgten für die starke Vermehrung des Borkenkäfers, wie Förster Daniel Rolland hier mit der Rinde einer befallenen Fichte deutlich macht.

Foto: Lilo Hagen

„Der Wald steht unter Druck, denn der Klimawandel macht ihm bereits jetzt sehr zu schaffen. Dabei sind die Auswirkungen der breiten Öffentlichkeit bis jetzt offensichtlich gar nicht bewusst“, sagt Förster Daniel Rolland, der vom Forstamt Wasgau beauftragt wurde, speziell in seinem Revier auf besonderen Flächen zu versuchen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Bereits in den 1980er und 90er Jahren war vom „Waldsterben“ die Rede. „Aber das ist mit heute nicht zu vergleichen. Damals waren die Ursachen vor allem eine Folge der hohen Schadstoffeinträge, allen voran der Schwefelverbindungen. Die Großfeuerungsanlagen-Verordnung und weitere Luftreinhaltemaßnahmen sowie Bodenschutzkalkungen zur Abpufferung der Säureeinträge sorgten damals für eine messbare und sichtbare Entlastung der Wälder“, erzählt Daniel Rolland.

„Das seit dem Sommer vergangenen Jahres zu beobachtende Baumsterben wurde dagegen vor allem durch Sturmschäden wie dem Orkantief Frederike am 18. Januar im vergangenen Jahr und dem anschließenden ungewöhnlich heißen und trockenen Sommer sowie einer Massenvermehrung des Borkenkäfers ausgelöst. Die teilweise dramatischen Schäden an unseren Waldbäumen, die wir heute beobachten können, sind also auf andere Ursachen zurückzuführen als die damaligen Waldschäden. Heute, genau wie damals, ist es jedoch allerhöchste Zeit zu handeln. Dieses Mal gilt es dem fortschreitenden Klimawandel endlich Einhalt zu gebieten und gleichzeitig die Wälder systematisch an die Folgen des Klimawandels anzupassen“, sagt Rolland.

Es sind und bleiben Versuche, denn das, was der junge Mann heute anpflanzt, wird erst in 300 Jahren geerntet werden – und wie sich bis dahin das Klima verändern wird, das kann heute keiner sagen.

Neben den steigenden Temperaturen und der damit verbundenen Trockenheit setzen auch andere Wetterkapriolen dem Wald zu. Starkregen und orkanartige Windstärken sind auch im Pfälzerwald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands, keine Seltenheit mehr.

Waldflächen mit nur einer Baumart sind, wie alle Monokulturen in der Forst- und Landwirtschaft, besonders anfällig. „Ein Beispiel ist das Eschentriebsterben, das durch einen Pilz verursacht wird. Schon jetzt weisen 73 Prozent aller Bäume Schäden auf, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind“, erläutert Rolland.

Aufgrund extrem trockener Sommer, wie im vergangenen Jahr, wird die Zahl weiter steigen. „Eine Simulation des Waldwachstums hat ergeben, dass, bezogen auf die gesamte Waldfläche, bis 2100 ein Verlust der Holzproduktion von etwa 12 bis 15 Prozent eintreten kann. Die Schäden durch vertrocknete Jungpflanzen, abgestorbene Bäume und einen geringeren Holzzuwachs sind erheblich. Die damit verbundenen Einnahmeverluste in Millionenhöhe müssen die Waldbesitzer tragen“, sagt er.

Auch in Rollands Revier sind überall die Spuren des Klimawandels sichtbar. Schon jetzt ist abzusehen, dass die Fichte aus unseren Wäldern verschwinden wird. Sie mag es kühl und feucht und die außergewöhnlich hohen Temperaturen von April bis August im vergangenen Jahr und die geringeren Niederschläge sind dafür verantwortlich, dass sich der Borkenkäfer stark vermehren konnte. Der hat es insbesondere auf die Fichte abgesehen, der durch den Trockenstress die natürlichen Abwehrkräfte fehlen und die so dem Eindringling schutzlos ausgeliefert ist.

Die braunen Kronen der hochgewachsenen Bäume legen Zeugnis ab von dem erfolgreichen Werk des „Buchdruckers“, wie der Borkenkäfer auch genannt wird. Rolland pellt ein Stück Rinde ab und verdeutlicht mit den vielen Gängen, die hier gegraben wurden, wie fleißig der Käfer unterwegs war. Milde Winter sorgen dafür, dass der Buchdrucker, der Temperaturen von bis zu minus zehn Grad verkraftet, problemlos überwintern und im Frühjahr sein Werk fortsetzen kann.

Wie auch seine Kollegen hat Rolland im Moment alle Hände voll zu tun, befallene Bäume auszumachen und sie zu markieren, damit sie eingeschlagen und abtransportiert werden können. Verkauft werden können die Stämme nur noch als billiges Industrieholz, die Verluste können noch nicht beziffert werden. Fakt ist, dass der Preis für Fichte-Sägeholz seit Anfang 2018 um über 50 Prozent pro Kubikmeter gefallen ist. „Angesichts der dringend notwendigen Investitionen ist der derzeitige Preisverfall natürlich besonders bitter“, sagt Rolland.

„Von planmäßiger Forstwirtschaft kann derzeit keine Rede mehr sein. Wir Förster sind zunehmend mit dem Erhalt des Waldes beschäftigt und kommen mit der Schadensaufarbeitung kaum hinterher. Es fehlt an Personal, an Maschinen, Transportkapazitäten und Absatzmöglichkeiten“, berichtet er.

Eiche und Douglasie kommen mit den veränderten Bedingungen besser zurecht, wärmeliebende Baumarten, wie die Elsbeere und die Edelkastanie, profitieren generell von den steigenden Temperaturen. So hat Rolland auf einigen Flächen Eichen und Edelkastanien gepflanzt. Baumhasel, Libanonzeder und Steineiche sollen folgen. „Ziel ist der Umbau zu einem strukturreichen, stabilen Mischwald, um den Wald bestmöglich zu stärken. Wichtig ist ihm, dass die Menschen erkennen, welche Bedeutung der Wald für das Klima hat. „Der Wald wird immer noch wie selbstverständlich hingenommen. Doch er trägt wesentlich zur Minderung der Treibhausgase bei, da er den Kohlenstoff durch Photosynthese aufnimmt und im Holz über Jahre bindet. Im Durchschnitt liegt die -Bindung bei zehn Kilogramm pro Baum im Jahr. In den Tropen liegt dieser Wert um ein Vielfaches höher“, erläutert Rolland. Das gespeicherte wird erst frei gesetzt, wenn das Holz verrottet oder verbrannt wird und dieses freigesetzte kann dann wieder von anderen Bäumen zum Wachstum und zur Produktion von neuem Holz genutzt werden.

Bäume regulieren auch den Niederschlag und sind Teil des Wasserkreislaufs. An einem einzigen Tag kann ein großer Baum bis zu 370 Liter Wasser aus dem Boden aufnehmen und in die Atmosphäre freisetzen. Die Blätter der Bäume fangen zudem Wasser in Form von Regentropfen auf. Dieses Wasser verdampft anschließend und verursacht, durch Wolkenbildung, andernorts neuen Niederschlag. Dieser Prozess ist für rund 40 Prozent des Regens verantwortlich.

Rolland weist auch auf die Bedeutung des Waldes für die Erholung des Menschen hin. „Wer sich im Wald bewegt, tut aktiv etwas für seine Gesundheit, das gilt insbesondere an sehr heißen Sommertagen. Im Wald ist es angenehm frisch und kühl, weil die Bäume mit ihrem mächtigen Blätterdach viel Schatten werfen, heizen sich Wälder nicht so stark auf. Der Wald bildet sein eigenes Mikroklima, die Lufttemperatur ist im Sommer wesentlich kühler, als beispielsweise auf einer Wiese“, erklärt er.

So kommt es zu Unterschieden der Lufttemperatur von bis zu sechs Grad gegenüber dem Freiland. Aus diesem Grund sind große Waldflächen in der Nähe von großen Städten von besonderer Bedeutung, da sie das Stadtklima positiv beeinflussen. „Die Temperaturunterschiede zwischen Wald und Stadt bewirken einen ständigen Luftaustausch. Dadurch gelangt die reine kühle Luft auch in die Siedlungsgebiete. Deshalb sprechen Fachleute auch gerne von der ,grünen Lunge’, wenn es um große Waldflächen in oder in unmittelbarer Nähe von Stadtgebieten geht“, erklärt Rolland.

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