CDU: Eine alte Partei im Absturz

Zweibrücken. Um die Jahrhundertwende schien es in Zweibrücken auch eine politische Zeitenwende in Zweibrücken zu geben. 1999, bei der ersten Oberbürgermeister-Direktwahl durch die Stadtbürger, eroberte mit Jürgen Lambert erstmals ein Christdemokrat das Rathaus

Zweibrücken. Um die Jahrhundertwende schien es in Zweibrücken auch eine politische Zeitenwende in Zweibrücken zu geben. 1999, bei der ersten Oberbürgermeister-Direktwahl durch die Stadtbürger, eroberte mit Jürgen Lambert erstmals ein Christdemokrat das Rathaus. Und auch bei der Ratswahl 2004, dem letzten Amtsjahr Lamberts, landete die CDU erstmals vor der SPD - aber nur, weil diese noch viel stärker verlor als die CDU.Danach folgte ein bis heute ungebremster Abstieg - im Stadtrat ist die CDU seit 2009 mit weitem Abstand wieder die Nummer 2, nach dem Intermezzo Helmut Reichling als parteiunabhängiger OB mit CDU-Parteibuch wurde vor anderthalb Wochen wieder ein Sozialdemokrat zum künftigen OB gewählt.

Und die Zweibrücker CDU verliert nicht nur Macht. Ihre Wahlergebnisse werden auch immer desaströser (siehe Grafik). Nicht besser sieht es bei der Mitgliederentwicklung aus: Ende 2002 hatte die CDU Zweibrücken noch 424 Mitglieder, heute sind es nur noch 271.

Auch Zukunft scheint sich in Zweibrücken nicht mit C zu schreiben, wenn man die personelle Ausgangssituation betrachtet. CDU-Ratsfraktionschef Eckhart Schiller ist weit über die Parteigrenzen hinaus anerkannt - aber schon 67. Das Durchschnittsalter der CDU-Fraktion nähert sich mit 57 Jahren immer mehr dem Vorruhestandsalter. Auch Schillers Stellvertreter sind keine Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft der Partei: Uwe Kretzschmar ist noch zwei Jahre älter als Schiller, Evelyne Cleemann wurde in einen aussichtslosen OB-Wahlkampf geschickt und ist nach ihrem 8,4-Prozent-Ergebnis politisch verbrannt. Gleiches gilt für den CDU-Vertreter im Stadtvorstand, Rolf Franzen (59), nach dessen kaum besseren OB-Wahlergebnis vor acht Jahren - strategisch nutzt es also wenig, wenn die CDU ihn jetzt zum Bürgermeister befördern will. Und CDU-Parteichef Michael Wöhler ist bei den Wählern gleich zwei Mal durchgefallen: bei der Stadtratswahl 2009 und der Landtagswahl 2011.

Wie ist die Lage der CDU? "Ja, Gott", beginnt Wöhler seine Antwort auf diese Frage - um dann offen einzuräumen, dass die Lage gewiss nicht erfreulich ist. Das liege aber zum einen daran, dass Zweibrücken "keine klassische CDU-Hochburg" sei - und zum anderen an den deutschlandweiten Mobilisierungsproblemen der Parteien, vor allem bei jungen Leuten. Jetzt gehe es für die CDU darum, "uns für die nächste Ratswahl in drei Jahren richtig aufzustellen". Gefragt nach fünf, sechs Hoffnungsträgern nennt Wöhler die Ratsmitglieder Christina Rauch, Thomas Eckerlein und Christian Gauf, dazu Christoph Gensch und Stefan Krug. Außerdem gebe es "ein paar weitere, die Interesse signalisiert haben, sich einzubringen, öffentlich aber noch nicht so bekannt sind". Natürlich hoffe er auch, dass etliche ältere Räte weiter ihre Erfahrung einbringen. Wöhler räumt auf Nachfrage ein, dass die jungen Stadträte zwar in Fraktionssitzungen aktiv sind, aber im Stadtrat wenig bis gar nicht reden: "Unsere Fraktion ist in der Tat davon geprägt, dass die Dinge abgestimmt sind und dann die Fraktionsführung vorträgt." Auch darüber müsse man aber nachdenken, denn "ein Eckhart Schiller ist ja auch nicht ewig Fraktionschef". Außerdem plane die CDU, "jüngeren Leuten mehr Mitwirkungsmöglichkeiten zu geben, etwa durch offene Vorstands- und Fraktionssitzungen".

Ein Problem der CDU ist aber auch, dass die Jugend nicht gerade eine Sturm- und Drangzeit hat. Die Junge Union ist zwar 37 Mitglieder stark - tritt aber öffentlich nicht in Erscheinung. Nur zwei Mal wurde die JU Zweibrücken seit der Wiederwahl von Christina Rauch als JU-Chefin Ende 2008 aktuell im Merkur erwähnt - als Rauch bei einer Kundgebung für ein buntes Zweibrücken sprach sowie eine gemeinsame Einladung mit dem Contwiger Ortsverband zu einem Vortrag mit Anita Schäfer. Im Internet ist die JU Zweibrücken überhaupt nicht präsent. Und Gensch wurde 2009 zwar mit einem exzellenten Personenstimmen-Ergebnis in den Stadtrat gewählt - konnte das Mandat aber wegen eines USA-Stipendiums nicht annehmen. Zurzeit ist der 32-Jährige in Facharzt-Ausbildung an der Uniklinik in Homburg. Und von Krankenhaus-Ärzten ist bekannt, dass sie sehr mobil sind, wenn es um Aufstiegsmöglichkeiten geht. Gensch sagte aber gestern dem Merkur: "Ich bin regional sehr verwurzelt." Er wolle "auf alle Fälle weiter in der Kommunalpolitik aktiv sein, über Ämter mache ich mir aber keine großen Gedanken". Rauch war nicht erreichbar.

Jürgen Lambert, letzter bei Wahlen siegreicher Zweibrücker CDU-Politiker und Beisitzer im Vorstand, ist "optimistisch, denn es gibt unter unseren jüngeren Leuten einige, die den Generationenwechsel herbeiführen können". Der 75-Jährige findet: "Es ist an der Zeit, dass man diesen Wechsel wirklich herstellt und das nicht sich selbst überlässt." Lambert bestätigt, dass die CDU dabei unter anderem auf Gensch und Rauch setzt: "Wir haben schon vor der OB-Wahl, deren Sieger sich ja abzeichnete, im Vorstand sehr offen darüber gesprochen, dass wir einen neuen Anfang brauchen". Die Junge Union sei zwar "nach außen nicht aktiv", wohl aber intern. "Und es gibt auch noch Ressourcen in unserer Mitgliedschaft." Lambert hofft auf eine Entwicklung "wie damals (1969), als ich nach Zweibrücken kam und wir eine Gruppe junger Leute hatten, die zusammen dafür gesorgt haben, dass es aufwärts ging und die Partei lange erfolgreich war".

> Morgen: Die Lage der SPD

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