Südwestpfalz Amtsarzt sieht Schulöffnung nach Ferien kritisch

Südwestpfalz · Die Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer hat das Gesundheitsamt Südwestpfalz besucht und mit dem Leiter gesprochen.

 Der Leiter des Gesundheitsamtes Südwestpfalz hat seine Zweifel, ob die unbeschränkte Schulöffnung nach den Sommerferien wirklich vertretbar ist.

Der Leiter des Gesundheitsamtes Südwestpfalz hat seine Zweifel, ob die unbeschränkte Schulöffnung nach den Sommerferien wirklich vertretbar ist.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Über die Entwicklungen und Herausforderungen beim Gesundheitsamt Südwestpfalz während der Corona-Situation informierte sich Am Mittwoch CDU-Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer. Landrätin Susanne Ganster und Dr. Heinz-Ulrich Koch nutzten die Gelegenheit um Schäfer ihre Anliegen mit auf den Weg nach Berlin zu geben.

Die Corona-Warn-App der Bundesregierung ist seit Dienstag, 16. Juni, erhältlich. Verständlich, dass sich die Bundestagsabgeordnete bei Koch und Ganster über ihre Meinung zur App erkundigte. Er sehe es als Indikator zum Test zu gehen, wenn eine Meldung kommt, meinte Koch. Der Hygieniker vermisst die Möglichkeit zur Nachverfolgung, da hierzu einfach die Daten fehlen würden. Für die Landrätin ist die App eine weitere Info-Quelle und deshalb empfiehlt sie auch die Nutzung.

Kritisch sieht Koch die angekündigten Lockerungen im Schulbetrieb nach den Sommerferien. Dementsprechend habe er dies im internen Krisenstab angesprochen mit der Überlegung, die weiterführenden Schulen geschlossen zu halten. „Aus ’Seuchenhygienischer-Sicht’ verständlich, aber dies müsste sich der Landkreis von der Landesregierung genehmigen lassen und dafür wird es keine Sondergenehmigung geben“, sagte Ganster, die zugibt, ebenfalls „Bauchschmerzen“ bei der regulären Öffnung zu haben. Schäfer glaubt, dass die Situation kommt, dass die Schulen nicht wie angekündigt öffnen, zumal vor diesem Schritt viele Virologen warnen. Ebenfalls kein Verständnis hat Koch für die Öffnung der Seniorenheime. „Das ist extern gewagt“, so der Hygieniker. „Wichtig ist, dass es eine flexible Handhabung in den Heimen gibt“, meinte Ganster.

Durch den Ausbruch der Corona-Pandemie entstand bei den Gesundheitsämtern ein Personalengpass. Wohl auch deshalb sprach Ganster dieses Problem bei Schäfer an. „Grundsätzlich müssen die Gesundheitsämter besser aufgestellt werden“, forderte die Landrätin. Da helfe es nichts, wenn die ADD erlaubt, Personal einzustellen, aber man nicht wisse, wie es finanziert werde, so Ganster. Als generelles Problem sieht sie die Besetzung von Stellen bei Amtsärzten in Bezug auf Ausbildungsstätten. „Es ist niemand vermittelbar, dass er vier Wochen von zu Hause weg ist für die Ausbildung“, findet Ganster, da es immer mehr weibliche Bewerber gibt, die Arbeit und Familie, das so genannte Work-Life-Balance-Modell, verbinden wollen.

Derzeit gibt es drei Ausbildungsstätten für den Amtsarzt, in Berlin, München und Düsseldorf. Durch einen Staatsvertrag sei geregelt, dass Ärzte aus Rheinland-Pfalz nach Düsseldorf müssten und dort gebe es mehr Bewerber als Plätze, informierte Ganster. „Es braucht eine Reformierung mit einem Standort, der es ermöglicht, alles mit der Familie zu vereinen“, fordert die Landrätin.

Schäfer wollte wissen, wie es mit den Überstunden der Mitarbeiter aussieht, die sich logischerweise angehäuft haben. „Hier haben wir mit dem Personalrat Vereinbarungen getroffen“, informierte Ganster. Unter anderem werden die Überstunden derzeit abgebaut, auch weil niemand wisse, was passiert. „Wir müssen immer mit einem erneuten Anstieg rechnen“, so die Landrätin. In „Spitzenzeiten“ waren 45 Mitarbeiter im „Corona-Einsatz“. Ein Großteil dieser Mitarbeiter kam jedoch nicht aus dem Gesundheitsamt sondern aus anderen Abteilungen und kehrte nun in diese wieder zurück. „Die Einarbeitung dieser Mitarbeiter erfolgte in kürzester Zeit“, lobte Ganster. Derzeit sind sechs externe Kräfte bei der Kreisverwaltung eingesetzt. Drei davon kommen vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und halten den Kontakt zu Personen, die in Quarantäne sind. Drei so genannte „Containment-Scouts“ vom Robert-Koch-Institut (ROI) unterstützen das Gesundheitsamt bei der Kontaktverfolgung von Infizierten. Noch bis 30. September sind die MDK-Mitarbeiter, bis Ende November die RKI-Mitabeiter vor Ort. „Diese Form der Unterstützung kann nicht hoch genug gelobt werden“, fand Schäfer. „Die Kräfte sind eingearbeitet und nicht einfach austauschbar“, stellte Ganster klar und fordert schon jetzt die Politik auf, aktiv zu werden. „Auf längere Sicht brauchen wir eine bessere Ausstattung der Gesundheitsämter“, so die Landrätin.

Dass momentan nur wenige Fälle im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamtes Südwestpfalz sind, sieht Koch nicht unbedingt positiv. „Dadurch verliert die Bevölkerung den Respekt vor dem Virus“, sagt der Leiter des Gesundheitsamtes. Vielleicht müsse man auf Jahre hinaus mit dem Virus leben, merkte Schäfer an.

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