Von der Vergangenheit eingeholf Als mutmaßlicher Pirat vor Gericht

Zweibrücken · Das Landgericht urteilt über einen jungen Somalier, der Geiseln auf einem geenterten Schiff bewacht haben soll.

 Vor der Küste Somalias bedrohen Piraten den Schiffsverkehr.

Vor der Küste Somalias bedrohen Piraten den Schiffsverkehr.

Foto: dpa/Dai Kurokawa

So was hat es am Landgericht Zweibrücken noch nicht gegeben: einen waschechten Piraten. Angeklagt vor der 2. Großen Strafkammer ist ein junger Somalier, der im Landkreis lebt, bei der Entführung eines griechischen Tankers im Mai 2012 im Roten Meer beteiligt gewesen zu sein. Der Mann ist voll geständig. Sogar FBI und Navy CIS sind in den Fall involviert.

Die Geschichte hat sich so zugetragen: Im Mai 2012 kaperten rund 50 Somalier einen Öltanker einer griechischen Reederei vor der Küste Somalias. Sie hielten Schiff und 26 Besatzungsmitglieder bis März 2013 in ihrer Gewalt, forderten – und bekamen – 13 Millionen US-Dollar Lösegeld. Der nun Angeklagte sagt, er habe zunächst an Land Ziegen gehütet, mit denen man die Piraten und die Besatzung verpflegt habe. Nach einigen Monaten als Hirte sei er dann für weitere zwei Monate an Bord gegangen und habe dort die Geiseln bewacht, bewaffnet mit einem Sturmgewehr, einer Kalaschnikow AK47. Dafür habe er 5000 US-Dollar bekommen. Das sei angesichts eines Durchschnittslohnes von 50 Dollar im Monat in Somalia ein Haufen Geld gewesen.

Später kam er über Italien und Schweden nach Deutschland , stellte hier einen Asylantrag und war in Waldfischbach-Burgalben untergebracht. Was er nicht wusste: Nach der Rückgabe des Schiffes hatten die US-Behörden FBI und Navy CIS die Spuren auf dem Schiff gesichert und dabei auch Fingerabdrücke genommen. Wer einen Asylantrag stellt, der muss ebenfalls Fingerabdrücke abgeben. Beim Datenabgleich war dann herausgekommen, dass der Mann auf dem Schiff gewesen sein musste.

Anfang des Jahres wurde er dann via Landeskriminalamt festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Die beteiligten LKA-Beamten und der Haftrichter berichteten übereinstimmend, dass der junge Somalier sehr kooperativ gewesen wäre. Der Haftrichter sprach gar davon, dass die Vernehmung „sehr angenehm war, soweit man das bei diesen Umständen sagen kann“.

Der junge Mann beschrieb seine Tätigkeit und benannte den Anführer der Piraten beim Namen. Gehandelt habe er aus Geldnot und Perspektivlosigkeit. Außerdem gehöre er demselben Stamm an wie der Chefpirat, daher habe er mitgemacht.

Fraglich war nun das Alter des Somaliers. Der hatte unterschiedliche Angaben gemacht, sich dann aber auf den 1. Januar 1993 festgelegt. Damit wäre er zum Tatzeitpunkt etwa 19 Jahre alt gewesen. Eine Rechtsmedizinerin hatte ein Gutachten zur Altersschätzung angefertigt. „Eine Altersbestimmung ist nicht möglich, daher die Schätzung“, erklärte sie. Geprüft werden verschiedene Entwicklungsstadien von Genitalien, Handknochen, Zähnen und Schlüsselbein. Anhand der jeweiligen Stadien könne man dann zumindest einen Alterskorridor abschätzen. Letztendlich kam heraus, dass der Geburtstag im Jahr 1993 zumindest sehr wahrscheinlich ist.

Weiter geht es im Prozess am 19. Juli in Zweibrücken. Dann soll es auch schon die Plädoyers geben und am 26. Juli die Verkündung des Urteils folgen. Laut Richter werde man dem Angeklagten aber höchstwahrscheinlich zugute halten, dass er so kooperativ und auch nur ein kleines Rad in der Maschinerie war. Der Staatsanwalt deutet schon an, dass es auf Beihilfe der ihm zur Last gelegten Straftaten hinaus laufen könne.

Ebenfalls in Zweibrücken soll im Herbst ein weiterer Pirat vor Gericht stehen, der an der Tat beteiligt war, mutmaßlich aber in höherer Position als der jetzige Angeklagte.

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