Kaminbauer gab vor, milliardenschwer zu sein Heiratsschwindler muss sechseinhalb Jahre hinter Gitter

Zweibrücken/Ramstein · 45-jähriger Kaminbauer ist am Montag vom Landgericht Zweibrücken wegen Betrugs in 59 Fällen verurteilt worden. Seine Opfer zahlten große Summen.

 Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. (Symbolfoto)

Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. (Symbolfoto)

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Wie ein „Parasit“ habe er drei Frauen und deren Familien als Wirt missbraucht und „ausgesaugt“, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas am Montag in ihrer Urteilsbegründung. Zuvor hatte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken den 45-Jährigen wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 59 Fällen zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verdonnert. Er habe den Frauen die Heirat versprochen, sie und ihre Familien „ausgepresst und ausgenommen“, sagte die Vorsitzende weiter.

Staatsanwältin Karin Ephan hatte dem 45-Jährigen zu Prozessbeginn zur Last gelegt, im Zeitraum von 2015 bis 2020 unter falschem Namen und unter Vorspiegelung von Heiratsabsichten über das Internet zu drei Frauen Kontakt aufgenommen zu haben, um sie unter Vortäuschung von Behandlungskosten wegen einer Krebserkrankung zu veranlassen, ihn mit hohen Geldbeträgen zu unterstützen. Dabei soll er ihnen knapp 200 000 Euro abgeluchst haben.

Der Mann hatte den Betrogenen immer die gleiche Lügengeschichte aufgetischt: Er heiße „Finn Morris“ und sei der verstoßene Sohn eines mächtigen amerikanischen Tabakkonzern-Magnaten, der ihm nach dem Leben trachte. Er käme von Deutschland aus nicht an seine Konten heran, weil sein Vater, der ihn beobachten lasse, so herausfinden könnte, wo er sich aufhalte. Er benötige aber dringend Bargeld für die Behandlung einer schweren Krankheit, weil er hierzulande nicht versichert sei. Und die Frauen, die er zuvor im Internet über eine Partnerbörse kennengelernt hatte, glaubten ihm seine haarsträubenden Erzählungen und zahlten – aus Liebe, aus Mitleid und wohl auch aus Kalkül. Gab ihr Verehrer doch vor, einen vermögenden Familienhintergrund zu haben.

Auch eine Mutter von Zwillingen aus Berlin hatte „Finn Morris“ im März 2015 über eine Partnerbörse kennengelernt und bei sich aufgenommen. Zwei Jahre später war nicht nur der Mann, sondern auch das komplette Vermögen der Familie weg – rund 55 000 Euro. Die verliebte 43-Jährige, ihre Mutter und ihr Stiefvater hatten ihre beiden Autos und ihr Kajütboot versetzt, das Erbe und die Rücklagen lockergemacht, um jenem „Finn Morris“ das geforderte Geld geben zu können.

Er hatte ihnen weisgemacht, es dringend für die Behandlung eines Gehirntumors zu benötigen. Und er versprach seiner Internetbekanntschaft nicht nur die Hochzeit, sondern auch, alles zurückzahlen zu wollen, wenn er wieder an sein Bankkonto in Amerika käme. Als nichts mehr da war, was zu Geld gemacht werden konnte, forderte er die Familie auf, keine Miete mehr zu zahlen und den Betrag auf das Konto seines behandelnden Arztes, einem gewissen „Professor Dr. Müller“, mit dem Verwendungszweck „Finn Morris“ zu überweisen. Schließlich nahm die Frau noch einen Kredit von 5000 Euro auf, um dem vermeintlich Todkranken zu helfen. Doch im April 2017 machte sich der selbsternannte milliardenschwere Unternehmersohn aus dem Staub. Zurück ließ er eine von ihm schwangere Frau und eine überschuldete Familie mit einer Räumungsklage am Hals. Den 62-jährigen Stiefvater seiner Internet-Bekanntschaft hatte er zu dem Zeitpunkt bereits mit abstrusen Anschuldigungen aus der Berliner Wohnung in die Obdachlosigkeit gedrängt.

Was die ruinierte Familie damals nicht wusste: Der Mann heißt gar nicht „Finn Morris“, ist kein amerikanischer Tabakkonzern-Erbe, sondern ist ein deutscher Kaminbauer, der mit Frau und Kindern in Ramstein-Miesenbach wohnt.

Finanziell noch schwerer getroffen hatte es die Familie einer 38-jährige Frau aus Bann. Ihr machte „Finn Morris“ glauben, auf der Airbase der US-Luftwaffe in Ramstein bei einer geheimen Ermittlungsbehörde beschäftigt zu sein. Und: Bei ihm sei ein Lungen-Karzinom diagnostiziert worden. Daraufhin händigten die Eltern dem Mann, um die Liebe ihrer Tochter zu unterstützen, nach und nach fast 125 000 Euro für operative Eingriffe am Homburger Uniklinikum und im Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern sowie für eine Kur auf der Nordseeinsel Sylt aus, die allerdings in Wahrheit nie stattgefunden haben.

Noch Anfang dieses Jahres ergaunerte der 45-Jährige von einer 42-jährigen Frau aus Pfinztal im Kreis Karlsruhe, die er Anfang September 2019 ebenfalls im Internet kennengelernt hatte, 900 Euro für eine angeblich dringende Nierenoperation. Sie schickte ihm das Geld wunschgemäß an eine Adresse in Neustadt an der Weinstraße – wo der inzwischen geschiedene Betrüger, wie sich später herausstellte, mit seiner Verlobten lebte. In der Sendung „Aktenzeichen XY“, in der nach ihm gesucht wurde, erkannte die 42-Jährige den Heiratsschwindler – und, wie weitere Frauen auch, ihren Irrtum. Festnahme!

Das Urteil ist bereits rechtskräftig, weil der Angeklagte und dessen Verteidiger, der Zweibrücker Rechtsanwalt Max Kampschulte, sowie Staatsanwältin Ephan (sie hatte sieben Jahre Freiheitsentzug beantragt) den Richterspruch annahmen.

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