Wuschel, Max und die Polizei

Diez · Das Koblenzer Polizei-Puppentheater will Kindern das richtige Verhalten im Straßenverkehr beibringen. Auch in Flüchtlingsheimen macht die Bühne Station. Bei den Auftritten dort geht es noch um etwas anderes: den Kleinen die Angst vor Uniformen zu nehmen.

 Polizeioberkommissarin Bianca Schuhmacher spielt in einem zum Puppentheater ungebauten Bus in der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Freiherr-vom-Stein-Kaserne Diez. Foto: Sascha Ditscher/dpa

Polizeioberkommissarin Bianca Schuhmacher spielt in einem zum Puppentheater ungebauten Bus in der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Freiherr-vom-Stein-Kaserne Diez. Foto: Sascha Ditscher/dpa

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Kräftig pustet die fünfjährige Sonam gemeinsam mit anderen Kindern Richtung Decke. Das Licht erlischt, der Vorhang fällt. Jetzt haben die Puppen ihren großen Auftritt. Im Nu bringen sie die Gruppe zum Schweigen. Alle schauen gebannt auf die Geschichte von Max, der sich auf dem Nachhauseweg vom Kindergarten verläuft und von der Polizei nach Hause gebracht wird.

Sonam aus Afghanistan und die anderen Kinder sitzen in einem umgebauten Bus, dem mobilen Theater der Polizei-Puppenbühne des Polizeipräsidiums Koblenz. Der ist gerade zu Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Diez . Vermittelt werden sollen den Kindern, die vor allem aus Afghanistan, dem Irak und Syrien kommen, einfachste Verkehrsregeln. Was muss ich beim Überqueren einer Straße beachten? Warum darf ich nicht einfach weglaufen, ohne den Eltern Bescheid zu geben? "Viele Menschen kommen hier her und kennen unsere Regeln nicht", erklärt der Leiter der Koblenzer Polizei-Puppenbühne, Michael Meyer. "Viele von ihnen haben vorher noch nie eine Ampel gesehen."

Es gehe auch darum, ihnen die Angst vor Polizisten, vor Uniformen zu nehmen. Mit denen hätten die Menschen in ihrer Heimat nicht nur gute Erfahrungen gemacht, berichtet Meyer. Deswegen ist dem Puppenspiel stets ein Nachmittag vorgeschaltet, an dem mit Kindern und Eltern Handpuppen gebastelt werden. "Wir suchen den Dialog mit den Eltern. Sie sollen nicht denken, dass die Polizei kommt und ihnen die Kinder wegnimmt", sagt Meyer. Judith Gäde, Leiterin der Kinderstube der Erstaufnahmeeinrichtung nickt. "Das ist ganz wichtig."

In Diez gibt es zwei Aufführungen. Erst wird auf Farsi übersetzt, das viele Afghanen sprechen. Dolmetscherin ist Asma Rahimi-Stanikzai, die gerade eine Ausbildung zur Erzieherin absolviert und zweimal in der Woche nachmittags in der Kinderstube der Unterkunft arbeitet. Die Kinder kennen sie, hängen ihr förmlich an den Lippen. Bei einer zweiten Gruppe wird der Text auf Arabisch übersetzt - vor allem für die vielen Kinder aus dem Irak und aus Syrien. Auf der Bühne erscheint erst Wuschel - ein Hund, der rasch die Herzen der kleinen Zuschauer erobert. Dann folgt die Geschichte von Max. Der weiß, wie er über eine Straße gehen muss. Am Bordstein anhalten, zweimal nach links und rechts gucken, wenn kein Auto kommt, losgehen. Doch als er sich verläuft, ist auch er ratlos. Seine Mutter macht sich Sorgen, sie will die Polizei rufen und fragt, welche Telefonnummer sie anrufen muss. "110", ruft der Kinderchor.

Die Nummer und andere Grundregeln hat ihnen Meyers Kollegin Bianca Schuhmacher vorher in einem Raum der Kinderbetreuung der Unterkunft in einer ehemaligen Bundeswehrkaserne beigebracht. "Ihr braucht keine Angst vor der Polizei zu haben", gibt sie ihnen mit auf den Weg. "Die Polizei kann euch helfen."

Im Theaterspiel werden die Inhalte spielerisch wieder aufgegriffen. Kinderstuben-Leiterin Gäde ist begeistert. "Den Kindern macht das viel Spaß." Es sei eine schöne Abwechslung im bisweilen tristen Alltag der Unterkunft. Doch was macht den Reiz des Puppentheaters aus? "Wir arbeiten mit Bildern. Wenn es gut gemacht ist, funktioniert es ohne Sprache", sagt Meyer. Die Fantasie werde angeregt, so würden Inhalte besser behalten als bei anderen Methoden. "Wir spielen die Szenen nicht komplett aus, geben die Möglichkeit des eigenen Kopfkinos."

16 Stellen gibt es bei den fünf Polizei-Puppenbühnen in Rheinland-Pfalz. Bis auf eine Angestellte sind alle Mitarbeiter ausgebildete Polizisten. Absolviert haben sie unter anderem eine dreiwöchige Ausbildung, die etwa an der Landespolizeischule am Hahn angeboten wird. Die Puppenspieler besuchen Schulen und Kindergärten - und eben auch Flüchtlingsunterkünfte im Land.

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