Wolfsverdacht in St. Wendel

St Wendel · Im Landkreis St. Wendel sind am Mittwoch vier Schafe gerissen worden. Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD) und Wolfsexperte Andreas Bettinger gehen davon aus, dass die Tiere mindestens zwei Wölfen zum Opfer fielen.

"Nicht ob, sondern wann der Wolf kommt, war die Frage", hat der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD ) gestern in Saarbrücken nüchtern erklärt. Er scheint jetzt da zu sein: Im Landkreis St. Wendel wurden am Mittwoch vier Schafe gerissen und zwei weitere verletzt - die Spuren lassen auf das Werk von mindestens zwei Wölfen schließen. Zusammen mit An dreas Bettinger, dem "obersten saarländischen Wolfsmanager" berief Jost kurzfristig eine Pressekonferenz ein und erinnerte an den "Wolfsmanagementplan" des Saarlandes.

"Wir haben einen begründeten Verdacht, dass es sich um mindestens zwei Wölfe handelt", sagte Jost, nachdem er zusammen mit dem Wolfs-Manager Bettinger am Morgen den "Tatort" - eine Wiese im Landkreis St. Wendel - besucht hatte. Die vier gerissenen Schafskörper wiesen neben entfernten Gliedmaßen Genickbisse auf - ein Indiz für einen Wolfsangriff. Auch die Vermessung der Genickbisse bestätigte den Verdacht: Die Abstände der Reißzähne entsprachen den vier bis fünf Zentimetern, die ein Wolfgebiss vorweist.

Hält der Wolf also wieder Einzug ins Saarland? Bereits am 2. September wurde in der Nähe von Wadern ein gerissenes Schaf gefunden. Damals seien die Spuren jedoch weniger deutlich gewesen, trotzdem schickte das Umweltministerium wie im aktuellen Fall Proben für eine DNA-Analyse ins Senckenberg-Institut Gelnhausen - die Ergebnisse werden in zwei Wochen erwartet. Die DNA-Analyse hilft dabei, eindeutig festzustellen, ob es sich bei dem Angreifer tatsächlich um einen Wolf handelte, und kann sogar über die genaue Wolfsart Aufschluss geben. Bettinger geht in beiden Fällen von dem Europäischen Grauwolf aus, der über die Hochvogesen, also aus Lothringen, ins Saarland kam. Dort seien mehrere Wolfsrudel ansässig. Spekulationen, die davon ausgehen, Wölfe würden aus Rheinland-Pfalz ins Saarland kommen, hält er dagegen für eher unwahrscheinlich, da dort noch keine Rudel vorhanden seien. Wichtig sei es, keine Panik entstehen zu lassen und "mit kühlem Kopf vorzugehen", betonte Jost. Dabei helfe ihm der Wolfsmanagementplan, der seit April den Umgang mit dem Tier regelt. Neben Anweisungen, wie man sich zu verhalten hat, sollte man tatsächlich einem Wolf begegnen, enthält dieser Plan konkrete Maßnahmen. Dazu gehört beispielsweise die Errichtung eines "Pilotgebiets" rund um den Ort, an dem der Wolf Beute gerissen hat. Gesagt, getan - Jost erklärte den Landkreis St. Wendel zum Pilotgebiet. Konkret heißt das, dass dort in den nächsten Wochen rund um Schaf- und Ziegenherden spezielle Zäune errichtet werden, um weitere Angriffe des von Natur aus scheuen Tieres zu verhindern. Die eineinhalb Meter hohen Zäune sind dazu mit Unterwühl- und Übersprungschutz ausgestattet. Wegen der dichten Besiedlung sei die Chance aber gering, dass sich der Wolf im Saarland niederlässt. "Das Saarland ist für den Wolf kein Siedlungs-, sondern ein Durchzugsgebiet", sagte Jost. Für die Besitzer der gerissenen Schafe dürfte das ein geringer Trost sein. Doch bestätigt sich der Wolfsverdacht, könnte ihnen das Umweltministerium bis zu 1000 Euro pro getötetem Tier erstatten.

Der scheue Wolf hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend aus Deutschland zurückgezogen. Im Saarland war zum letzten Mal im Jahr 1900 eines der Tiere abgeschossen worden. Seit der Wolf 1990 unter Artenschutz gestellt wurde, ist er vermehrt aus dem Osten und dem Alpenraum nach Deutschland zurückgekehrt.

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