„Uns geht das alles so auf den Sack“

Kallstadt · Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten rückt das Heimatdorf seiner Großeltern in der Pfalz noch mehr ins Licht der Öffentlichkeit. Auch in Kallstadt ist die Wahl Thema Nummer eins. Doch mit dem provozierenden Immobilienmogul wollen viele nicht in Verbindung gebracht werden.

 Im pfälzischen Ort Kallstadt will vom Rummel um den neuen US-Präsidenten Trump möglichst verschont bleiben. Foto: Uwe Anspach/dpa

Im pfälzischen Ort Kallstadt will vom Rummel um den neuen US-Präsidenten Trump möglichst verschont bleiben. Foto: Uwe Anspach/dpa

Foto: Uwe Anspach/dpa

Weinreben ziehen sich bis zum Ortseingang, ein Schild verkündet: "Es grüßt die Kallstadter Weinprinzessin Melanie I.". "Vielleicht ändern sie das Schild jetzt in "unser großer Trump"", sagt Benita Gerdon und lacht. Die 56-Jährige holt Brötchen beim Dorfbäcker. Gesprächsthema Nummer eins ist der Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl - auch weil seit sechs Uhr früh bereits Kamerateams durch den Heimatort der Großeltern des Immobilienmoguls ziehen.

"Als ich aufgewacht bin, dachte ich, das kann nicht wahr sein", erzählt Gerdon. Damit meint sie gleichermaßen die Wahl des Milliardärs in eines der mächtigsten Ämter der Welt und den Medienansturm in ihrem Dorf. "Schon um halb sieben hat ein Mikrofon an mein Fenster geklopft und ich sollte was fürs Fernsehen sagen." Die Wahl der Amerikaner kommentiert die Hausfrau trocken: "Ich hätte den Amerikanern mehr Arsch in der Hose zugetraut."

Übertragungswagen stehen auf dem Dorfplatz des 1200-Einwohner-Ortes. In den Weinstuben und Geschäften des Dorfes drehen sich viele Gespräche um Trump und seine Wurzeln in der Pfalz. Im Linienbus, der am Vormittag durchs Dorf fährt, raunt ein Fahrgast seinem Nachbarn zu: "Die müssten doch jetzt feiern!" Doch viele Kallstädter scheinen das anders zu sehen. "Der hat sich die ganze Zeit nie um Kallstadt geschert", sagt Gabriele Riede, Verkäuferin in der Bäckerei. Ändern werde sich für das Dorf kaum etwas. "Durch unseren Wein haben wir das ganze Jahr viele Besucher", erklärt Riede. Jörg Dörr, Leiter der Tourismusinformation im Ort, rechnet zumindest mit mehr englischsprachigen Touristen. Ansonsten werde man erst mal abwarten, wie sich Trump als Präsident verhält. "Nicht jede Publicity ist gute Publicity", sagt Dörr.

Das Geburtshaus von Trumps Großeltern ist ein unscheinbares weißes Gebäude mit blauem Hoftor in einer Nebenstraße. "Journalisten haben schon Drohnen über den Hof fliegen lassen, um Fotos zu machen - die Bewohner tun mir Leid", berichtet Benita Gerdon. Am Tor hängt denn auch ein Schild, die neuen Bewohner wollen das "Anwesen der Zeitgeschichte" an die Gemeinde Kallstadt verkaufen. "Damit wir wieder ohne Presse- und Medienrummel leben können!!!!", ist auf dem Schild zu lesen. "Uns geht das alles so auf den Sack", sagt auch Gerdon, allerdings in freundlichem Tonfall.

Auf einen Besuch des neuen US-Präsidenten in der Heimat seiner Großeltern könnte sie deshalb gut verzichten. "Den brauchen wir hier nicht." Schon nach den ersten Wahlkampfauftritten sei klar gewesen, dass der Milliardär mit seinen frauen- und ausländerfeindlichen Sprüchen nicht zum pfälzischen Kallstadt passe. Den Aufwand mit den ganzen Sicherungsmaßnahmen für einen möglichen Trump-Besuch solle man sich lieber sparen. Und falls er doch kommt, gibt Bäckereiverkäuferin Riede die Marschrichtung vor: "Seinen Kaffee muss er genauso bezahlen wie jeder andere auch!"

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