Michael Wirth aus Waldmohr vermietet Bienenvölker Bienen bedeuten Begegnung

Waldmohr/Thaleischweiler-Fröschen · Früher hatte er vor Bienen Angst. Jetzt vermietet der Umwelt- und Betriebswirt Michael Wirth aus Waldmohr Bienenvölker an Unternehmen.

 Nach wie vor begeistert beobachtet Michael Wirth seine Bienen bei der Arbeit.

Nach wie vor begeistert beobachtet Michael Wirth seine Bienen bei der Arbeit.

Foto: Cordula von Waldow

Vorsichtig krabbelt die erste Flugbiene aus der Öffnung. Eben noch hat es gehagelt, doch jetzt scheint an diesem Aprilwettertag im Mai die Sonne. Jede Minute Frühlingswärme mehr lockt weitere Bienen aus ihrem Kasten. Nur schwer mag man sich lösen. „Bienen faszinieren“, hat auch Michael Wirth festgestellt. Dass er mit ihrer Hilfe einmal nicht nur tiefgehende Gespräche führen, sondern zudem seinen Lebensunterhalt verdienen würde, hätte sich der studierte Umwelt- und Betriebswirtschaftler allerdings vor sechs Jahren nicht träumen lassen. Denn ursprünglich hatte der 32-jährige Waldmohrer eine regelrechte Bienenphobie.

Als er einem Imker über die Schultern schauen durfte, der sein Bienvolk aus einem Baum entfernte, änderte sich sein Bild von diesen für den Mensch so wichtigen und wertvollen Wesen grundlegend. Michael Wirth lacht: „Mit der Liebe zu meiner Frau kam auch die Liebe zu den Bienen.“ Denn als er 2016 die Theologin Hannah Wirth heiratete, wünschte sich das Paar zur Hochzeit „alles rund ums Imkern“.

Der vielseitig interessierte Mann studierte altes und modernes Bienenwissen, lernte im Gespräch mit langjährigen Imkern und das Ehepaar sammelte mit dem ersten eigenen Bienenvolk zugleich praktische Erfahrung.

„Kann ich mal mit zu den Bienen?“, lautete meist die Frage, wenn jemand den Wirth’schen Honig geschenkt bekam. Schnell standen Natur- und Ökologiethemen wie Glyphosat und andere Pestizide und vor allem die Frage: „Was kann ich für die Bienen tun?“ im Mittelpunkt. Der Bienen-Botschafter erkannte: „Da ist richtig Bedarf bei Menschen quer durch alle Altersklassen.“

Weil er in seinem bewegten Leben schon immer außergewöhnliche Wege beschritt, entwarf er in seinem letzten Auslandssemester im US-amerikanischen San Diego seinen Business-Plan. Seine Masterarbeit am Umweltcampus Birkenfeld schrieb er über die Philosophie von „Bee-Great“ und sein Konzept, Bienenvölker mit ihrer großartigen Ökologie- und Werbewirkung an Unternehmen zu vermieten, um damit möglichst viele Menschen zu inspirieren. Mutig und entschlossen hängte der ehemalige Bassist der Band „Akku-Stikk“ seine Arbeit als Tontechniker beim Saarländischen Rundfunk an den Nagel und machte sich selbstständig. „Sei großartig und werde großartig mit Deinen Bienen“, erklärt er das Namens-Wortspiel.

Seine Erfahrung nach über zwei Jahren: „Bienen bringen Begegnung. Und sie bewegen Menschen dazu, über sich selbst, ihre Lebensziele und ihre Werte nachzudenken.“ In einem Umkreis von rund 60 Kilometern rund um Waldmohr akquirierte er bei Unternehmen, die meist ohnehin nicht rein profitorientiert, sondern bereits ökologisch und sozial engagiert waren. Erster Kunde wurde das Wohlfühlhotel Rabenhorst in Homburg. Wie hier, lief es überall: Gäste oder Kunden waren begeistert, die Bienen wurden zum Gesprächsthema Nummer eins.

Nicht selten klingelte zudem bei Michael Wirth das Telefon. Jungimker baten um seine Patenschaft, interessierte Unternehmen wurden empfohlen. Nach 27 Monaten betreut der Socialpreneur (Sozialer Unternehmer für eine bessere Welt ohne reines Profitstreben) jetzt 33 Bienenvölker zwischen dem nördlichen Saarland und dem Musikanten-Land und ist damit an seine persönliche Kapazitätsgrenze gelangt.

Denn Michael Wirth bietet seinen Kunden für 200 Euro im Monat ein „Rundum-sorglos-Paket“, ohne großen finanziellen oder gar zeitlichen Aufwand für sie: Er betreut nicht nur seine Bienenvölker auf ihrem Gelände, sondern designed auch die Etiketten für die Honiggläser. Beklebt werden sie von der Heinrich-Kimmle-Stiftung in Pirmasens. Entnommen wird nur ein Teil des Bienen-Goldes mit den wertvollen Inhaltsstoffen, denn die Wirth’schen Bienen behalten soviel, dass sie damit gut über den Winter kommen.

Die Unternehmen verschenken ihren Honig und kommen dadurch ins Gespräch mit Kunden, Neukunden und Interessierten oder verkaufen ihn als Spendenaktion für einen guten Zweck. „Nicht der Honig stellt den Wert dar, sondern die Biene selbst und das gleich auf vielen Ebenen“, beschreibt der Autodidakt. Neben der Bestäubung der Obstbäume und Blumen seien sie regelrechte Türöffner zwischen Menschen und förderten dadurch Netzwerke.

Wer jetzt ein neues Bienenvolk mieten möchte, muss bis mindestens Herbst warten, wenn die 33 Völker selbst ausreichend Nachwuchs von rund 25 000 Bienen gezogen haben werden. Außerdem ist der Unternehmer gerade dabei, Helfer auszubilden, die die Imkerei mit demselben Herzblut betreiben, das ihn mit seinen Kunden verbindet. „Mir geht es nicht um Wachstum, doch wenn wir jetzt ins Pfarrhaus nach Thaleischweiler-Fröschen ziehen, wo meine Frau als neue Gemeindepfarrerin wirkt, verlagert sich mein Wirkkreis ja auch in die Südwestpfalz“, erwartet Michael Wirth neue Anfragen.

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