Im deutschsprachigen Raum tragen Glocken häufig Frauennamen, während Kanonen oft nach Tieren oder Fabelwesen benannt werden. Das geht aus einer bisher unveröffentlichten Studie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz hervor. Die Sprachwissenschaftler Rita Heuser und Fabian Fahlbusch stellen die Untersuchung gestern bei einer Fachtagung in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt vor. Für die Studie hatten sie die Inschriften auf 2400 Glocken und 94 Kanonen untersucht.

"Ganz viele Gießer, die Glocken hergestellt haben, haben auch Kanonen hergestellt", sagte Fahlbusch der Nachrichtenagentur dpa. "Oft gossen sie auch Glocken in Kanonen um und umgekehrt. Daher entstand die Verbindung", so Fahlbusch. Die häufigsten Glockennamen sind laut der Studie Maria, Hosanna und Anna.

Mehr Vielfalt gibt es bei Kanonennamen: Beliebt sind nach Angaben der Wissenschaftler zum Beispiel Vogelnamen wie Adler oder Strauß. Aber auch biblische Namen wie "Der kleine Jakob" gebe es. "Wir vermuten, dass die Gießer und deren Auftraggeber bei Kanonen weitaus individueller sein durften als bei Glocken", sagte Heuser. Die meisten Kanonen der Studie stammten aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Das dreitägige Symposium zur Namenforschung, das gestern startete, ist das nunmehr dritte Diskussionsforum dieser Art, das die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz ausrichtet. 2013 hatten sich die Forscher mit Tiernamen befasst. In diesem Jahr lautet das Motto "Stiefkinder der Onomastik " (Onomastik ist die Namenforschung).

Im Zentrum stehen bisher kaum erforschte Gebiete dieser Wissenschaft. "Fast jeder Vortrag ist etwas ganz Neues. Wir erwarten uns viele neue Impulse in der Namenforschung", sagte Fahlbusch. Diskutiert werde beispielsweise über Studien zu Namen von Sportmannschaften, Kletterrouten und WLAN-Funknetzen.