FC Schalke 04 Karriere in Lichtgeschwindigkeit

Gelsenkirchen · In gut einem Jahr vom Tabellenletzten der 2. Liga zum Bundesliga-Zweiten: Domenico Tedesco hat mit dem FC Schalke 04 einen Traumstart in seine Trainerkarriere hingelegt – und versucht so normal wie möglich zu bleiben.

 Für Domenico Tedesco und seine Schalker läuft es derzeit rund. Der Trainer führte eine verunsicherte Mannschschaft bis auf den derzeitig zweiten Platz der Fußball-Bundesliga.

Für Domenico Tedesco und seine Schalker läuft es derzeit rund. Der Trainer führte eine verunsicherte Mannschschaft bis auf den derzeitig zweiten Platz der Fußball-Bundesliga.

Foto: dpa/Peter Steffen

(sid) Manchmal muss sich Domenico Tedesco kneifen. In gut einem Jahr vom Zweitliga-Schlusslicht zum Bundesliga-Zweiten: Der rasante Aufstieg als Trainer hat den 32-Jährigen selbst überrascht. „Es ging schon verdammt schnell. Es war Lichtgeschwindigkeit“, sagt der Chefcoach von Schalke 04.

Am 8. März 2017 hatte der Hoffenheimer Jugendtrainer beim Tabellenletzten Erzgebirge Aue in der 2. Liga den Einstieg ins Profigeschäft gewagt. Er rettete die Sachsen vor dem Abstieg, fiel Schalkes Sportvorstand Christian Heidel auf und führte als Bundesliga-Novize die im Mittelmaß versunkenen Königsblauen auf Champions-League-Kurs – und das alles in nur zwölf Monaten.

Der Musterschüler, der vor zwei Jahren den Fußballlehrer-Lehrgang mit der Bestnote 1,0 abschloss, hat die ersten Praxistests eindrucksvoll bestanden. Auf Schalke sieht nicht nur Abwehrchef Naldo Tedesco als „Glücksfall“. Wenn er mal wieder als Laptoptrainer, Professor oder Matchplan-Tüftler bezeichnet wird, schmunzeln sie in Gelsenkirchen.

„Taktik ist wichtig“, sagt Tedesco selbst, „aber das Wichtigste ist die Menschenführung. Am Ende des Tages müssen elf Menschen plus x mit dir durchs Feuer gehen wollen und können.“ Wie gut der Neuling gerade diesen Bereich beherrscht, bestätigen Woche für Woche die Profis. „Der Trainer sagt jedem Spieler: Du bist enorm wichtig. Und er sagt es nicht nur, er setzt es um“, betont Naldo im „Sport-Bild“-Interview: „Jeder wird gleich behandelt. Egal ob alt oder jung.“

Die Folge: Die Schalker Mannschaft, die in der vergangenen Saison noch auseinander bröckelte, punktet als effektive Einheit, in der jeder für den anderen kämpft, und hat als Tabellenzweiter die Rückkehr in die Champions League vor Augen. Schönen Fußball indes bietet sie eher selten.

Doch Tedesco sagt: „Wir brauchen uns nicht zu entschuldigen für die Art und Weise, wie wir unsere Punkte holen.“ Der Vorwurf des Minimalistenfußballs sei auch „zu pauschal“. Er verweist auf die fünftmeisten Tore in der Liga, auf Treffer in 21 Partien in Folge und attraktive Spiele wie das 4:4 in Dortmund, „die spektakulärste Partie der gesamten Saison“.

Dass sein Team als Tabellenzweiter mit 48,5 Prozent Ballbesitz statistisch nur im Mittelfeld der Liga liegt, stört ihn nicht. „Ballbesitz ist nicht ausschlaggebend, ob du gut spielst oder schön spielst“, sagt er: „Es können die Innenverteidiger den Ball auch permanent hin und her spielen.“ Er erarbeitete „einen klaren Plan, wie wir das nächste Spiel gewinnen können. Nicht, wie wir 80 Prozent Ballbesitz generieren können“. Mit dem rasanten Aufstieg als Trainer ist Tedesco, vor 13 Monaten noch U19-Coach in Hoffenheim, auch plötzlich prominent geworden. „Manche Menschen werden ein bisschen nervös, wenn sie einen sehen“, berichtet er schmunzelnd. Dabei habe er sich gar nicht verändert. „Wir versuchen, als Familie so zu leben wie vorher. Man trifft uns auf dem Spielplatz mit der kleinen Tochter oder beim Einkaufen im Supermarkt.“

Eines macht er aber nicht mehr. „Ich kann beispielsweise nicht mehr spontan in den McDonald‘s gehen, mir einen Big Mac nehmen und den ganz entspannt vor Ort essen“, sagt er lachend: „Wenn, dann nur über den Drive-in.“

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