Indischer Agent muss ins Gefängnis

Koblenz · Er sammelte Informationen über in Deutschland lebende Inder und gab sie an einen Geheimdienst weiter. Dafür verurteilte das Koblenzer Oberlandesgericht Ranjit S. nun zu neun Monaten Haft – und zwar wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit.

Im Koblenzer Spionageprozess ist ein angeklagter Mann aus Indien wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Haftstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Ranjit S. habe Informationen über in Deutschland lebende Inder und indischstämmige Deutsche beschafft und an einen Mitarbeiter des indischen Generalkonsulats in Frankfurt weitergegeben, betonte der Erste Strafsenat des Oberlandesgerichts gestern.

Dem 45-Jährigen sei bewusst gewesen, dass sein Kontaktmann für einen Geheimdienst, höchstwahrscheinlich den indischen Inlandsnachrichtendienst Intelligence Bureau (IB), gearbeitet habe. "Der Angeklagte handelte vorsätzlich. Hinweise auf einen Nötigungsnotstand haben wir nicht feststellen können", sagte der Vorsitzende Richter.

Der Verteidiger hatte das anders gesehen und einen Freispruch gefordert. In seinem Plädoyer hatte er betont, sein Mandant habe sich in einer Drucksituation befunden und Angst um seine Familie in Indien gehabt. "Entgegen der Einlassung des Angeklagten ergibt sich nicht, dass er massiv unter Druck gesetzt wurde", sagte indes der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte sei aber "sicher nicht der klassische Agent, wie man ihn aus entsprechenden Filmen kennt", so der Richter weiter.

Die Bundesanwaltschaft hatte ein Jahr und drei Monate Haft gefordert. Sowohl Anklage als auch Verteidigung wollten sich gestern noch nicht zur möglichen Revision äußern.

Die überwachten Menschen stammten nach Angaben des Vorsitzenden Richters vorwiegend aus dem Umfeld von extremistischen Organisationen der indischen Volksgruppe der Sikh. Der mehrfach vorbestrafte Ranjit S. habe bei der Suche nach Informationen auf ein umfangreiches Netzwerk an hierzulande lebenden Indern zurückgreifen können. Das habe er aufgrund seiner vorangegangenen Aktivitäten als Schleuser gehabt. Den Menschen, über die der Angeklagte Informationen sammelte, sei aber kein feststellbarer Schaden entstanden. Auf die Schliche gekommen waren die Ermittler dem gelernten Elektriker mit Hilfe einer Telefonüberwachung. Das Gericht stützte sich in seiner Begründung des Urteils hauptsächlich auf Protokolle dieser Überwachung, weil eine Vernehmung des Konsulatsmitarbeiters nicht möglich gewesen war.

Das Gericht betonte, die Strafe für Ranjit S. könne nicht auf Bewährung ausgesetzt werden. Es gebe keine günstige Sozialprognose, außerdem müsse der Verurteilte aufgrund eines abgelehnten Asylantrags weiter mit seiner Abschiebung rechnen. Ranjit S. war im Jahre 2002 mit einem gefälschten Reisepass nach Deutschland einreist, zuletzt wohnte er in Ludwigshafen.

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