Weihnachtspredigten Embryonenschutz, Familiennachzug und Aufmerksamkeit

Speyer/Trier/Mainz/Limburg · Aktuelle politische und ethische Fragen finden auch Eingang in die Weihnachtspredigten der Kirchenvertreter. Christen sollten lernen, die Sichtweisen von anderen zu verstehen, sagte einer der Bischöfe.

  Angesichts von Krisen in der Welt und Not auch in Deutschland haben Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen in Rheinland-Pfalz in ihren Gottesdiensten um Mitmenschlichkeit und Liebe geworben. Einige sprachen auch politische Themen wie den Familiennachzug für minderjährige Flüchtlinge oder den Schutz des ungeborenen Lebens an. Rund um die zentralen Gottesdienste blieb es nach Angaben der Polizei ruhig.

Im Speyerer Dom sprach sich Bischof Karl-Heinz Wiesemann gegen Abtreibung und Veränderungen des Embryonenschutzgesetzes aus. Wenn der Lebensschutz des ungeborenen Lebens zugunsten einer menschlichen Freiheit zur Selektion des Lebens aufgeweicht werde, betreffe dies letztlich die Grundfesten demokratischen Zusammenlebens. „Wer Hand anlegt an die Unverfügbarkeit des Lebens, wie sie uns im kleinen ohnmächtigen Kind schon im Mutterleib entgegentritt, der legt Hand an den Grund der Lebensfreude der Menschen.“

Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad rief die Christen dazu auf, Fremdem und Neuem mit Offenheit und Mitgefühl zu begegnen. Zerstörerische Kräfte versuchten, Flüchtlinge und Menschen aus anderen Kulturen und Religionen zu diskriminieren. „Glauben wir ihnen nicht, die aus den Opfern der Gewalt ihren politischen Profit ziehen wolle.“ Den Scharfmachern müsse man zurufen: „Unsere Angst bekommt ihr nicht.“

Bischof Georg Bätzing sprach im Hohen Dom zu Limburg unter anderem über wachsenden Antisemitismus und Ungerechtigkeit. Er redete von einem aus Syrien stammenden zwölfjährigen Ahmed, der nach der Dublin-Verordnung eigentlich das Recht habe, mit seiner in der Türkei ausharrenden Familie zusammengeführt zu werden. Der Junge, der in Deutschland wohnt, könne aber derzeit nur mit seinen Eltern telefonieren. „Das macht es schwer, hier anzukommen.“ Derzeit ist der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem, also eingeschränktem Schutz in Deutschland ausgesetzt.

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung wies auf die besondere Bedeutung menschlicher Nähe und Zuwendung hin. Das Kind in der Krippe stehe mit seinem Leben und seiner Botschaft dafür, „dass Menschen davon leben, dass sie als Menschen füreinander da sind“. Im tiefsten Inneren lebten Menschen von der Liebe, die ihnen geschenkt werde und die sie anderen schenkten.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann forderte von den Gläubigen einen Perspektivwechsel. Statt in geschlossenen Zirkeln und eigenen Echokammern zu bleiben, sollten die Sichtweisen und Empfindungen des Anderen einbezogen werden. „Erst dann wird es einen wirklichen Dialog und einen gemeinsamen Fortschritt geben.“ Das gelte im privaten Leben genauso wie in der Politik. Mit Blick auf die Flüchtlinge in Deutschland sollten die Menschen sich fragen, ob sie bereit seien, sich auf die Gefühle von Menschen auf der Flucht einzulassen. Auf der anderen Seite sollten sie sich fragen, ob sie die Sorgen derjenigen hörten, die sich mit der Aufnahme von Flüchtigen schwer täten.

Der Präses der Evangelischen Landeskirche im Rheinland, Manfred Rekowski, mahnte, sich an Weihnachten auf das Wesentliche zu besinnen. „Ich selbst kann mit Weihnachten, dem Original, und dem, was hinzugekommen ist, gut leben.“

Bischof Peter Kohlgraf forderte die Menschen in seiner ersten Weihnachtspredigt im Mainzer Dom auf, die Realität nicht zu vergessen. Sie sollten die Augen nicht davor verschließen, dass auch Tod und Hass die Welt prägten. Das zeigten Bilder aus der ganzen Welt - aber auch ein aufmerksamer Gang durch die Städte. Diese Realität solle nicht ausgeblendet werden. „Vielmehr möchte die Feier von Weihnachten auslösen, dass ich wachsamer, aufmerksamer, sensibler und barmherziger werde.“

 Christian Schad, Präsident der pfälzischen Landeskirche

Christian Schad, Präsident der pfälzischen Landeskirche

Foto: picture alliance / Klaus Landy/d/Klaus Landy

Auf Facebook schrieb Kohlgraf, er habe auch eine Messe im Gefängnis im hessischen Butzbach gefeiert. Das habe ihn sehr bewegt. „Ich bin dort Menschen begegnet, die schuldig geworden sind, die vielleicht besser begreifen, was Weihnachten bedeutet, als ich. Einige Häftlinge haben mir persönliche Briefe mitgegeben, die tiefere Theologie enthalten als viele Predigten und Vorlesungen.“ Es gebe eine Schuld, die menschlich nicht aufgearbeitet werden könne, aber Gottes Sohn erlöse alle.

(dpa)
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