„Der ganze Ort stinkt“

Brohl-Lützing · Die Anwohner haben die Nase voll: Im Rheinhafen von Brohl-Lützing legen Schiffe mit stinkender Gülle an. Der Gemeinderat wehrt sich mit einer Resolution. Doch der Hafenbetreiber sieht sich im Recht.

Den Anwohnern stinkt es. Tankschiffe , die den Rheinhafen von Brohl-Lützing im Kreis Ahrweiler anlaufen, sind voller Gülle. Tausende Tonnen werden hier am Rande der Vulkaneifel neben Wohnhäusern auf Lastwagen umgeladen. Diese fahren den natürlichen Dünger aus den Niederlanden zu Bauern der Umgebung. Auch wenn es nun im Spätherbst und Winter keine Transporte gibt, geht die Debatte weiter. Der Gemeinderat hat eine Resolution gegen die Gülle-Schiffe verabschiedet. Heute ist ein Gespräch mit dem Hafenbetreiber geplant. Dieser sagt, sein Handeln sei legal. Kommen nächstes Jahr noch mehr stinkende Schiffe?

Was sagen die Anwohner?

"Wir wohnen direkt am Hafen. Der ganze Ort stinkt, wenn ein Gülle-Schiff kommt", beschwert sich Angelika Nett. "Wir haben schon die laute B 9 und den Bahnlärm. Wir können nicht lüften und im Sommer nicht draußen sitzen." Gäste seien geschockt. Auch der nahe Biergarten am Rhein verliere Gäste: "Das ist geschäftsschädigend." Einmal sollen nach Netts Worten versehentlich auch 200 Liter Gülle ausgelaufen sein.

In diesem Jahr seien 25 Gülle-Schiffe in den Hafen eingelaufen. "Es ist schon merkwürdig: Sie kommen immer Donnerstagabend und sind zum Wochenende wieder weg, da können wir bei den Behörden niemanden mehr erreichen", sagt die Anwohnerin. Sie habe unter der Woche schon mit verschiedenen Ämtern telefoniert. "Aber die sind immer nur für Teilbereiche zuständig, das ist schwierig."

Was sagt die Ortsgemeinde? "Wir haben unsere Resolution einigen Behörden geschickt", teilt Ortsbürgermeister Michael Schäfer mit. Darin wird der Umschlag von Gülle 2015 auf 15 000 Kubikmeter geschätzt. "Im kommenden Jahr ist, nach vorliegenden internen Informationen, eine weitere Erhöhung - die Rede war von einer Verdopplung bis Verdreifachung - offenbar beabsichtigt", heißt es in der Resolution. Sie schlägt die Wahl eines anderen Hafens ohne nahe Wohnhäuser vor - oder wenigstens die Verpflichtung zu neuen Vorrichtungen, die den Gestank verhindern.

Bürgermeister Schäfer ergänzt: "Die Gülle stammt aus niederländischer Großviehhaltung." Es gebe weitere offene Fragen, falls etwas auslaufe: "Was passiert dann mit dem Grundwasser und dem Wasserschutzgebiet in unmittelbarer Nähe?" Auch die benachbarte Brohler Mineral- und Heilbrunnen GmbH ist laut Schäfer in Sorge. Die Ortsgemeinde lasse die Rechtslage von Juristen unter die Lupe nehmen - und erhoffe sich Fortschritte bei dem Gespräch mit dem Hafenbesitzer Jürgen Maier heute im Rathaus.

Was sagt der Hafenbetreiber?

"Die Behörden haben mir bestätigt, dass beim Umschlag der Gülle bei weitem keine Grenzwerte überschritten werden", betont Maier. Es ist alles ganz legal." Entscheidend sei, wie der Wind stehe - je nachdem könne es tatsächlich zu einem "gewissen Geruch" kommen. In der Eifel gebe es wenig Vieh und damit wenig Gülle - daher müsse die Landwirtschaft dieses Produkt aus größerer Entfernung beziehen, wenn sie nicht auf erheblich teureren Kunstdünger zurückgreife. Dabei sei der knapp 300 Kilometer lange Transport über den Rhein weitaus ökologischer als mit Lastwagen. "Wenn ein Schiff 1700 Tonnen Gülle befördert, entspricht das 62 Lkw-Ladungen", erläutert Maier.

In diesem Jahr seien 13 dieser Frachter nach Brohl-Lützing gekommen - und keineswegs 25. Den Umschlag von Gülle in einen benachbarten Hafen zu verlagern, etwa in den von Andernach, davon hält der Unternehmer nichts: "Da haben Sie auf der anderen Rheinufer auch Wohnbebauung." Maier, der nach eigenen Angaben den Hafen 1991 ohne die Wasserfläche gekauft hat, klagt: "Alle wollen Bio ohne Kunstdünger - aber keiner weiß, wie Bio zustande kommt." Die Zukunft ist laut Maier offen: "Ich weiß nicht, ob überhaupt wieder Schiffe mit Gülle kommen. Weder ich noch meine Lieferanten haben eine Planung."

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