Brücken-Sanierungen im Saarland „Das ist eine Mammutaufgabe“

Saarbrücken · 2010 hatte der Bund eine Liste mit Brücken erstellt, deren Statik nachgerechnet werden sollte. Das Saarland hat inzwischen einen Großteil seiner Liste abgearbeitet. Doch damit ist es bei weitem nicht getan.

Die Grumbachtalbrücke, 1961 erbaut, hält den enormen Belastungen nicht mehr stand. Im nächsten Jahr soll sie neu gebaut werden. Foto: B&B

Die Grumbachtalbrücke, 1961 erbaut, hält den enormen Belastungen nicht mehr stand. Im nächsten Jahr soll sie neu gebaut werden. Foto: B&B

Foto: B&B

Über tausend Brücken gibt es im Saarland, allein 624 an Autobahnen und Bundesstraßen . Und die meisten sind nicht mehr die Jüngsten: Drei Viertel wurden vor 1980 erbaut, viele stammen sogar noch aus den 60er Jahren. Seitdem ist die Zahl der Fahrzeuge, die darüber rauschen, stetig gewachsen, und Lkw transportieren immer mehr Gewicht. Ob die alten Brücken dieser Last aber noch standhalten, muss überprüft werden - das Debakel um die Fechinger Talbrücke hat das deutlich gemacht.

"Das ist eine Mammutaufgabe", sagt Thomas Spurk, Mitarbeiter der obersten Straßenbaubehörde im Landesverkehrsministerium, mit Blick auf die gut 600 Brücken . Denn die Nachrechnung sei komplex. "Sie kann bis zu anderthalb Jahre dauern, das hängt von Art und Größe des Bauwerks ab", sagt Spurk. "Es müssen ja Planungsunterlagen gesichtet und teilweise noch Untersuchungen am Bauwerk durchgeführt werden."

2010 hat der Bund, der zuständig ist für Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen , durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine Liste erstellen lassen mit Autobahnbrücken, deren Statik vorrangig nachgerechnet werden sollte, die sogenannte BASt-Liste. 43 saarländische Teilbauwerke standen auf der Liste - eine Brücke besteht in der Regel aus zwei solcher Bauwerke, für jede Fahrtrichtung eines.

34 wurden inzwischen nachgerechnet, fünf sind noch in Arbeit, zwei werden nicht nachgerechnet, weil feststeht, dass sie neu gebaut werden, und bei zweien wurde die Prüfung verschoben, weil dort laut Spurk gar kein Schwerlastverkehr rollt, die Belastung mithin nicht sehr hoch sei. Bis Jahresende sollen alle Nachrechnungen abgeschlossen sein.

Einige der Brücken wurden schon vor 2010 nachgerechnet, etwa weil Mängel festgestellt worden waren, zum Beispiel bei der Talbrücke Braunshausen an der A 1. Überhaupt sei das Ganze ein dynamischer Prozess, sagt Werner Schmitt, Referatsleiter der obersten Straßenbaubehörde. Bei allen Brücken , die vor 1980 erbaut wurden, wird nach und nach die Statik nachgerechnet. Bei Bauwerken jüngeren Datums wird in der Regel nur alle drei Jahre die Bausubstanz überprüft.

Die Ergebnisse für die BASt-Listen-Bauwerke fielen unterschiedlich aus: 17 wurden oder werden verstärkt oder instand gesetzt, etwa die Klingenthalbrücke an der A 1 bei Eppelborn oder die Mettnicher Talbrücke an der A 1 bei Primstal. Vier wurden oder werden neu gebaut, unter anderem die Saarbrücke an der A 8 bei Roden oder - das Paradebeispiel - die Fechinger Talbrücke. Eine Brücke an der A 1 bei Dirmingen wurde vollgesperrt, zwei sollen häufiger geprüft werden. Und bei zehn stellten die Verantwortlichen fest, dass alles in Ordnung ist, zum Beispiel bei der Rosseltalbrücke an der A 620 bei Völklingen-Wehrden. Dennoch hatte der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) dort ein Lkw-Überholverbot und einen Lkw-Mindestabstand vorgeschrieben, was für Verwirrung sorgte. War die Brücke nun standsicher oder nicht? Tatsächlich war sie bei der Nachrechnung in eine höhere Brückenklasse eingestuft worden. Um diese Anforderungen zu erfüllen, waren Auflagen notwendig. Doch für die nächsten 20 Jahre habe man bei dieser Brücke Ruhe, versichert das Ministerium.

Insgesamt sollen in den nächsten zehn Jahren mindestens 23 Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen neu gebaut werden (siehe Grafik). Allein acht liegen auf einem relativ alten Abschnitt der A 8 bei Neunkirchen, der saniert wird. Viele der Brücken tauchen gar nicht in der BASt-Liste auf. Doch weil ihre Bausubstanz über die Jahre gelitten hat, werden sie erneuert.

Für elf Brücken steht der voraussichtliche Baubeginn schon fest, die Kosten werden auf insgesamt 114 Millionen Euro geschätzt. Die Baukosten trägt der Bund, die Planungskosten das Land, dafür sind in diesem Jahr sechs Millionen eingeplant. Und es bleibt eine "Mammutaufgabe", denn neben den Neubauten fallen in den kommenden Jahren auch etliche Sanierungen an. Die zahlreichen alten Brücken müssen instand gesetzt werden. Dass das nicht schon längst geschehen ist, ist aus Sicht der Opposition im Saarland, vor allem der Grünen, ein Versäumnis der Landesregierung. Ihre Kritik: Das Land rufe zu wenig Mittel für die Sanierung beim Bund ab, weil es dem Landesbetrieb für Straßenbau schlichtweg an Personal mangele.

Tatsächlich hat das Saarland laut Bundesverkehrsministerium in den vergangenen zehn Jahren 91 Millionen Euro für Brücken abgerufen, Schleswig-Holstein mit einer vergleichbaren Brückenfläche aber 146 Millionen und Hamburg mit weniger Fläche 110 Millionen. Im Ministerium schaut man lieber auf das Geld, das verbaut wurde, statt auf die Summen, die ungenutzt blieben.

"Die Erhaltungsmittel haben sich seit 2012 mehr als verdoppelt, von 35 auf 79 Millionen Euro . Wir haben diese Bundesmittel nicht immer vollständig abgerufen, aber es waren jedes Jahr weit über 90 Prozent - trotz der enormen Steigerung", sagt Werner Schmitt.

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