„Achtung, ab sofort Urlaubssperre!“

450 Soldaten aus dem Saarland und Zweibrücken sowie aus Niedersachsen üben bis Donnerstag die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Krisengebieten. Merkur -Mitarbeiter Daniel Kirch sprach mit dem Kommandeur der Saarland-Brigade, Oberst Stefan Geilen, über die Hintergründe der Übung.

 Im September 2014 übten die Fallschirmjäger der Saarland-Brigade im Ensdorfer Kraftwerk die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus einem Krisengebiet. Foto: Ruppenthal

Im September 2014 übten die Fallschirmjäger der Saarland-Brigade im Ensdorfer Kraftwerk die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus einem Krisengebiet. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Fallschirmjäger aus Niedersachsen , die in Zukunft Ihrer Brigade unterstellt sein werden, und der Saarland-Brigade üben dieser Tage die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Krisenstaaten. Bei all den aktuellen Krisen und Unruhen in der Welt: Hat Ihre Übung einen konkreten, realen Hintergrund?

Geilen: Nein. Es gibt keinen direkten realen Hintergrund. Wir üben das jedes Jahr mehrmals. Unser Verband ist seit über 15 Jahren mit der Aufgabe militärischer Evakuierungsoperationen betraut.

Worauf bereiten Sie sich im Moment vor?

Geilen: Da muss man einfach mal in die Krisenregionen schauen, wir sind da sehr hellhörig und beobachten alles, was etwa in Nordafrika oder im Nahen und Mittleren Osten passiert. Wir sind immer vorbereitet und werden ab und zu auch alarmiert.

Ihre Soldaten sollen 2014 kurz davor gewesen sein, Deutsche aus Bagdad zu evakuieren, als die Terror-Milz "Islamischer Staat" immer weiter vorrückte.

Geilen: Das will ich nicht direkt bestätigen, aber es gab auch in jüngster Zeit Erhöhungen des Bereitschaftsgrades, wo gesagt wurde: Achtung, ab sofort Urlaubssperre, plant schon mal, verpackt eure Ausrüstung, schaut euch schon mal die Karten an!

Wie schnell sind Ihre Leute einsatzbereit?

Geilen: Wir haben eine Kompanie für schnelle Luftevakuierung, die innerhalb weniger Stunden von Deutschland aus in ein Krisengebiet fliegen und Menschen retten kann. Wenn wir zu einem komplexeren Einsatz mit vielen Flugbewegungen aufbrechen, müssen wir zunächst einmal Einsatzkräfte und Gefechtsstand in ein nahe gelegenes friedlicheres Land verlegen, um von dort unsere Operation zu führen, das dauert dann mehrere Tage.

Wie viele Soldaten brauchen Sie für eine Evakuierung?

Geilen: Das kommt darauf an, von 60 oder 80 Mann bis zu mehreren hundert ist alles denkbar. Uns stehen insgesamt 1000 Mann aus der Brigade und der gesamten Bundeswehr zur Verfügung, die eine spezielle Ausbildung haben und regelmäßig üben. Sie müssen sich das vorstellen wie beim Baukasten-Prinzip: Wenn wir in die Operationsplanung gehen, stellen wir den Einsatzverband so zusammen, wie wir ihn brauchen. Wir wissen ja vorher nicht genau, wen wir im konkreten Fall benötigen - ob Pioniere, ABC-Abwehr-Kräfte oder vielleicht besonders viele Sanitäter.

Wozu brauchen Sie bei einer Evakuierung eigentlich Soldaten, die mit dem Fallschirm abspringen? Das üben Sie in der nächsten Woche ebenfalls.

Geilen: Wir halten Fallschirmjägerkräfte vor, um zum Beispiel im Vorauseinsatz Flugplätze zu nehmen, auf denen wir noch nicht mit Flugzeugen landen können, weil die Landebahn zerstört oder blockiert ist. Die Kräfte, die mit dem Fallschirm landen, können dann die Rollbahn ausbessern oder das Flugfeld sichern. Ich habe auch Kräfte, die in der Lage sind, einen Flugplatz behelfsmäßig zu betreiben, so dass unsere Flugzeuge dort landen können. Auch Aufklärungskräfte können in bestimmten Lagen nur mit dem Fallschirm verbracht werden.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Bundeswehr hat bislang zwei Mal deutsche Staatsbürger mit bewaffneten Kräften evakuieren müssen:1997 flogen Soldaten unter Beschuss Botschaftsangehörige aus Albanien aus, wo ein Bürgerkrieg ausgebrochen war ("Operation Libelle"). Der Brigadestab der Saarland-Brigade kam damals zum Einsatz, weil er zufällig in Bosnien im Einsatz war. Besonders vorbereitet war die Operation indes nicht. Nach dieser Erfahrung erhielt insbesondere die Luftlandebrigade 26 ("Saarland ") den Auftrag, sich gezielt auf militärische Evakuierungsoperationen vorzubereiten.2011 folgte die zweite Operation dieser Art: Fallschirmjäger flogen Deutsche aus Libyen aus ("Operation Pegasus"). Weil die Saarland-Brigade damals gerade in Afghanistan im Einsatz war, übernahmen allerdings Fallschirmjäger aus Niedersachsen diese Aufgabe. kir

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