Umweltministerium weist Baldauf-Kritik nach Kerosin-Ablass über Pfalz zurück „Eines der größten Benzolmessnetze bundesweit“

Zweibrücken/Mainz · Mainzer Umweltministerium weist Baldauf-Kritik zu Kerosin-Messstellen zurück. Und betont: Keine erhöhten Werte auch nach Ablass vom Freitagabend.

 Ein Flugzeug lässt wegen Triebwerksproblemen Kerosin ab (Symbolbild).

Ein Flugzeug lässt wegen Triebwerksproblemen Kerosin ab (Symbolbild).

Foto: dpa/Matt Hartman

(lf) Nachdem ein Frachtflugzeug am Freitagabend wegen Triebwerksproblemen 89 Tonnen Kerosin über Rheinland-Pfalz und dem Saarland ablassen musste, hat der rheinland-pfälzische Oppositionsführer Christian Baldauf (CDU) der rot-grün-gelben Landesregierung vorgeworfen, sie habe es bisher versäumt, die notwendige Infrastruktur für aussagekräftige Messungen am Boden zu schaffen (wir berichteten).

Das Mainzer Umweltministerium hat diese Kritik auf Anfrage unserer Zeitung zurückgewiesen. Pressesprecher Jan Budde mailte am Donnerstag, Rheinland-Pfalz habe bereits „eines der größten Benzolmessnetze bundesweit“ installiert, ein Ausbau sei nicht erforderlich.

Zunächst erläutert der Ministeriumssprecher zum Hintergrund: „Die lufthygienische Überwachung in Rheinland-Pfalz erfolgt – wie in den anderen Bundesländern und Mitgliedstaaten der EU auch – nach den EU-rechtlichen Vorgaben der Luftqualitätsrichtlinie. Die aktive Regelüberwachung erfolgt durch den Betrieb des Zentralen Immissionsmessnetzes (ZIMEN) durch die dafür zuständige technische Fachbehörde Landesamt für Umwelt (LfU).“

An insgesamt neun Messstandorten erfasse Rheinland-Pfalz die Immissionskonzentrationen von Kohlenwasserstoffen: „Das sind die größeren Städte, aber auch der ländliche Hintergrundraum. In den möglichen Überflug- und Ablassgebieten (Hunsrück-Leisel, Westpfalz-Dunzweiler und Pfälzerwald-Hortenkopf) sind drei Messstationen mit empfindlichen Detektoren platziert, die kontinuierlich die bodennahen Konzentrationen von Kohlenwasserstoffen überwachen.„

Außerdem seien in Rheinland-Pfalz „landesweit 22 spezielle Messstellen für Benzol aktiv“, ebenfalls ein Kohlenwasserstoff, „um die Grenzwerteinhaltung sicherzustellen. Es handelt sich um eines der größten Benzolmessnetze bundesweit. Auch im Pfälzerwald werden die Benzolgrenzwerte überwacht.“ Generell gelte: „Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Kerosinablässen konnten bislang nicht festgestellt werden.“ Auf Nachfrage ergänzte Budde die Zweibrücken nächstgelegene dieser 22 Messstationen sei in Pirmasens.

Das Umweltministerium betont: „Damit erfüllt das Messstellennetz die EU-rechtlich geforderten Standards lufthygienischer Überwachung im Hinblick auf Anzahl und Flächenabdeckung. Ein weiterer Ausbau des Messnetzes ist unter fachlichen und messtechnischen Aspekten nicht erforderlich und brächte keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bei der Bewertung der Belastungssituation. Zudem wird jedes Ablassereignis durch Experten des Landesamtes für Umwelt analysiert und unter den Anforderungen des Gesundheitsschutzes und Immissionsschutzes bewertet. Auch das Ablassereignis von 12.08. wurde messtechnisch ausgewertet. Es ergaben sich keine Auffälligkeiten bei den Immissionskonzentrationen von Kohlenwasserstoffen.“

Somit seien „unter den Aspekten des gesundheitlichen Umweltschutzes kaum gesundheitliche Schadwirkungen zu erwarten“. Dies bestätig auch das wissenschaftliche Gutachten des Umweltbundesamtes 2021 zur gesundheitlichen Relevanz von Kerosinablassereignissen, welches ds rheinland-pfälzische Umweltministerium initiiert habe. Budde erinnert: „Das Gutachten betrachtet auch ein spezielles Szenario ,Pfalz 2017‘ mit tatsächlichen lokalen Flugdaten, Ablassdaten und realen meteorologischen Parametern. Danach werden Kerosinablässe als unkritisch für die Umweltbereiche, Boden, Wasser und Luft eingestuft.“

Die Vergleiche der rheinland-pfälzischen Messstationen (Stadt, städtischer Hintergrund, regionaler Hintergrund) und den damit verbundenen teils jahrzehntelangen Messreihen zeigen erwartungsgemäß in den Städten – aufgrund der größeren Anzahl von Emittenten wie dem Autoverkehr – höhere Immissionskonzentrationen als in den ländlich geprägten Räumen.

Weshalb das Ministerium zu dem Schluss kommt: „Generell können die Belastungen an den Kohlenwasserstoffverbindungen und Benzol, denen die Bürger in Rheinland-Pfalz ausgesetzt sind, als gering und in der Prognose weiter sinkend eingestuft werden.“

Unter anderem in Zweibrücken und Rosenkopf hatten Bürger am Freitagabend das Flugzeug, das beim Start am Flughafen Hahn Vogelschlag erlitten hatt und deshalb in Lüttich statt in Indien landete, beim Kerosin-Ablass beobachtet (wir berichteten).

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