Eisheilige Regen und Kälte töten Storchenküken

Bornheim · Die Wiederansiedlung des Weißstorchs in Rheinland-Pfalz ist eine Erfolgsgeschichte. Nun hat ein Temperatursturz viele Küken getötet. Eine Expertin ist sicher, dass sich der Bestand davon erholen wird.

 Ein Weißstorch kümmert sich in seinem Nest um seine Jungtiere. Viele Weißstorch-Küken in Rheinland-Pfalz sind zuletzt infolge stundenlangen Regens und Kälte gestorben. Die Population gilt aber als stabil.

Ein Weißstorch kümmert sich in seinem Nest um seine Jungtiere. Viele Weißstorch-Küken in Rheinland-Pfalz sind zuletzt infolge stundenlangen Regens und Kälte gestorben. Die Population gilt aber als stabil.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Trauer um toten Nachwuchs: In Rheinland-Pfalz sind letzte Woche viele Weißstorch-Küken infolge stundenlangen Regens, Kälte und mangelnder Deckung durch die Altstörche verendet. „Momentan gehen wir allein für die Kreise Germersheim, Südliche Weinstraße und Landau von mindestens 40 Prozent Einbußen aus. Wahrscheinlich ist dies noch sehr optimistisch geschätzt“, sagte Jessica Lehmann vom Storchenzentrum in Bornheim der Deutschen Presse-Agentur. „Einen genauen Überblick bekommen wir erst bei der Beringung der verbliebenen Jungstörche.“

Der Storchenbestand in Rheinland-Pfalz galt von 1974 bis 1996 als erloschen. 1997 startete ein Wiederansiedlungsprojekt. Träger des Zentrums in der regionalen „Storchen-Hauptstadt“ Bornheim ist die vor mehr als 20 Jahren ins Leben gerufene Aktion PfalzStorch, die eine zentrale Rolle bei der Wiederansiedlung der Klapperschnäbel spielt.

„Leider haben die „Eisheiligen“ die Störche in diesem Jahr schwer getroffen“, sagte Lehmann. „Der Montag begann mit Dauerregen und Kälte – eine Kombination, die für größere Storchenküken tödlich ist.“

Aufgrund des noch unvollständigen Gefieders können die Nestlinge sich nicht vor Regen schützen. „Im Regelfall stellen sich die Storcheneltern mit ausgebreiteten Flügeln über ihre Jungen. Sind die Jungstörche jedoch zu groß – wie es bei vielen der Fall war –, bringt das Unterstellen keinen Schutz.“ Das weiche Daunengefieder werde durchweicht. „Am Abend wurde es sehr kalt, wir hatten sogar Frost.

Aus Knittelsheim (Kreis Germersheim) kämen Nachrichten, dass es dort in 22 Nestern 33 tote Küken gegeben haben soll. „Manche Paare haben alle Küken verloren.“ Andere Orte seien weniger schlimm getroffen worden, oder es lägen noch keine Daten vor, sagte Lehmann. „In Bornheim hat ein Storchenpaar auf der evangelischen Kirche alle vier Küken verloren. Falls es die Hälfte der 26 besetzten Storchennester in Bornheim getroffen haben sollte, wäre das noch optimistisch.“

Glück im Unglück: Es gibt in Rheinland-Pfalz noch viele Paare, die erst brüten oder deren Jungen gerade geschlüpft sind. „Man sieht, dass es die Natur gut eingerichtet hat, dass die Schlupfzeit der Störche zwischen Mitte April und Ende Mai liegt“, sagte Lehmann.

Die Storchenpopulation in Rheinland-Pfalz gelte als stabil und könne ein oder zwei schlechte Nachwuchsjahre verkraften. „Von außen kommen auch immer wieder Störche hinzu.“ Auch 2013 habe es einen schweren Rückschlag gegeben, der aber in den Folgejahren ausgeglichen wurde.

Ingrid Dorner, Sprecherin der Landesarbeitsgruppe Weißstorchschutz, meinte, der Weißstorch in Rheinland-Pfalz habe viel Populationsreserve. „Das ist kein sehr schwerer Rückschlag“, betonte die Expertin. Bereits 2013 habe es ein sogenanntes Störungsjahr gegeben, mit durchschnittlich lediglich 1,1 Jungen pro Brutpaar.

„Davon hat sich die Population bis heute erholt, ja, mehr als verdreifacht“, sagte Dorner. Der Weißstorch verfüge im gesamten südwestdeutschen Raum über ein ungeheures Regenerationspotenzial. „Das erstaunt selbst Fachkreise und ist schwer erklärbar.“

Die genaue Zahl der erfrorenen Adebare sei noch nicht bekannt, sagte Lehmann. „Es gehen bei uns immer noch Meldungen über tote Küken unter den Nestern ein. Wenn ein totes Storchenjunges zu schwer ist, können die Altstörche es nicht aus dem Nest werfen.“ Erst nach ein paar Tagen sei das Küken durch den Verwesungsprozess leichter.

Das Zentrum könne Jungstörche zum Schutz nicht einfach aus dem Nest holen, erklärte Lehmann. „Hierzu gibt es eine Verordnung, die ein Stören während der Brutzeit untersagt. Dazu gehört etwa auch das Überfliegen von Nestern mit Drohnen.“ Seit der Wiederansiedlung in Rheinland-Pfalz seien Störche eine selbsttragende Population. „Sie sollen nicht gefüttert werden, und nur in Ausnahmen werden Jungtiere zum Schutz aus dem Nest geholt und in der Storchenscheune gepflegt.“

Experten fürchten, dass nasse Sommer und Starkregen künftig häufiger auftreten könnten – aufgrund des Klimawandels. Todesursache Nummer Eins bei erwachsenen Störchen bleiben aber Stromleitungen.

Frustrierend seien die Todesfälle auch für die freiwilligen Helfer in Bornheim, sagte Lehmann. „Sie freuen sich, wenn viele Storchenjunge im Nest sitzen – es ist dann traurig, wenn davon so viele sterben.“

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