Zweibrücker Standesamt bietet Livestream-Hochzeiten an Bei der Hochzeit nicht vor Ort – und doch dabei

Zweibrücken · Das Standesamt Zweibrücken bietet Hochzeiten per Livestream an. Eine Idee, die bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Wie die Idee ankommt und was sie bedauert, verrät Amtsleiterin Yvonne Langner dem Merkur.

 Standesbeamtin Yvonne Langer sitzt im Trauzimmer des Rathauses Zweibrücken. Neben ihr steht eine Kamera, die die Trauung live überträgt.

Standesbeamtin Yvonne Langer sitzt im Trauzimmer des Rathauses Zweibrücken. Neben ihr steht eine Kamera, die die Trauung live überträgt.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Sobald zwei Menschen heiraten wollen, gibt es wohl nichts Wichtigeres, als dass die beiden dann auch „Ja“ sagen. Denn ein „Nein“ oder „Vielleicht“ kann beim Gegenüber sowie bei den Gästen durchaus für schlechte Stimmung sorgen. Für Entsetzen.

Doch bevor es überhaupt zu diesem sicherlich spannenden Moment kommt, muss das potenzielle Ehepaar seit der Corona-Pandemie eine weitere Ja-Nein-Frage beantworten. Eine, die es womöglich noch mehr in sich hat, als  das romantische Prozedere danach. Die Frage, die beantwortet werden muss, lautet in etwa so: „Sollen wir überhaupt heiraten – und somit auf ein großes Fest mit vielen Leuten verzichten?“

Diese Grundsatzdebatte ist natürlich auch den Mitarbeiterinnen des Standesamts Zweibrücken nicht verborgen geblieben. Seit etwa einem Monat bietet das Standesamt deshalb für 35 Euro sogenannte Livestream-Hochzeiten an. So sind die Angehörigen, Bekannten und Verwandten zwar nicht vor Ort, aber zumindest bei der Trauung dabei.

Damit das gelingt, „haben wir einen Youtube-Kanal eingerichtet“, berichtet die Amtsleiterin Yvonne Langner: „Braupaare bekommen einen Link, den sie dann an ihre Hochzeitsgäste versenden können.“ Die Online-Trauung können also nur geladene Gäste sehen.

Doch das ist nicht alles, klärt Langner auf: „Die Ehepaare können bei uns außerdem einen Mitschnitt ihrer Hochzeit erwerben, der von uns ein wenig aufgearbeitet wurde.“ Der Kostenpunkt hier: 15 Euro. Das sei deshalb sinnvoll, da „wir den Livestream nach der Hochzeit vom Youtube-Kanal herunternehmen.“ Spätestens bei der darauffolgenden Internet-Zeremonie. Den Mitschnitt könnten die Heiratenden entweder mit der Livestream-Trauung oder einzeln kaufen. „Jeder so, wie er möchte“, sagt Langner.

Deutschlandweit war das Zweibrücker Standesamt das erste, das diesen Online-Dienst anbot. Damit stellt es gewissermaßen eine Art Vorreiter in Sachen Digitalisierung dar. „Es fragen bei uns immer wieder Standesämter aus anderen Orten und Städten an, die wissen wollen, wie das bei uns läuft, da sie die Idee gerne übernehmen wollen“, sagt Langner stolz. Der SWR, aber auch Der Spiegel berichteten schon davon – und weckten somit überregional Aufmerksamkeit.

Die Idee entstand, nachdem ein „junges Paar“ seine Vermählung im Zweibrücker Standesamt ins Internet gestellte hatte. In Echtzeit. Aufgenommen mit einem Handy. „Wenige Woche später, in der Hochkonjunktur der Pandemie, heiratete ein älteres Ehepaar bei uns. Es bedauerte sehr, dass die Mutter nicht dabei sein konnte“, erinnert sich Langner. Die Mutter saß nämlich im Altersheim und durfte das Gelände zu diesem Zeitpunkt nicht verlassen. Ein wenig Frustration am eigentlich schönsten aller Tage.

In diesem Moment dachten Langner und Co. zurück – an das Paar, das mit einem Handy einen Livestream eingerichtet hatte. „Das wäre doch etwas, dachten wir uns damals“, sagt Langner heute. Und nur wenig später setzte das Zweibrücker Standesamt diesen Gedanken auch schon in die Tat um. Auch dank eines in diesem Bereich „sehr fitten Kollegen, der uns den Livestream einrichtete“. Im Trauraum im Rathaus stehe nun eine Kamera, die die Zeremonie aufnimmt. Auf dem Tisch liege außerdem ein Mikrofon, damit die zugeschalteten Gäste die Protagonisten bei der Zeremonie hören können. Ihr „Ja, ich will“.

Die erste offizielle Youtube-Hochzeit folgte am 11. Mai. „Seitdem haben von 14 Trauungen im Rathaus acht den Livestream bzw. die Aufzeichnung gebucht“, teilt Stadt-Pressesprecher Jens John mit. Zahlen, mit denen Langner absolut zufrieden ist. „Die Resonanz ist super: Die Paare, die bei uns geheiratet haben, haben fast alle die Möglichkeit genutzt und die Rückmeldungen waren sehr gut“, freut sich Langner.

Auch auf Facebook zeigen sich die Menschen, abgesehen von ein paar wenigen kritischen Stimmen, überaus angetan. „Tolle Idee, sehr schade, dass es dies nicht bereits letztes Jahr zu unserer Hochzeit gab. Aber ich freue mich für jedes Brautpaar, welches es nutzen kann“, schreibt etwa eine Nutzerin und setzt ein Herz-Emoji hinter ihren Kommentar.

Worte, die Langner natürlich freuen. „Auch wenn es etwas schade ist, dass wir den Livestream nur im Rathaus anbieten können.“ Bei den vielen Trauungen im idyllischen Rosengarten, freilich ein tolles Hochzeits-Ambiente, sei das nicht möglich. „Dafür fehlt uns leider das Equipment“, bedauert die Standesamt-Leiterin.

Somit bleibt die Internet-Trauung auf das Rathaus beschränkt. „Diese werden wir auch nach der Corona-Pandemie weiter anbieten“, verspricht Langner: „Denn es gibt ja auch Verwandte, die im Ausland leben. Oder ältere Herrschaften, die in einem Pflegeheim wohnen und nicht mehr mobil sind.“ Und diese würden bei einem solchen Angebot wahrscheinlich nicht „Nein“ sagen.

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