Saatkrähe, Nilgans und Halsbandsittich Zweibrücken und sein Federvieh

Zweibrücken · Nicht nur Spatz oder Meise haben Zweibrücken zu ihrer Heimat erkoren, sondern auch exotischere Vögel wie Saatkrähe, Halsbandsittich und Nilgans. UBZ und Nabu über das wundersame Federvieh und den Aspekt, dass die Jäger landesweit die Nilgänse verstärkt aufs Korn nehmen.

 Unser Archivfoto zeigt Nilgänse im Rosengarten Zweibrücken mit ihrem Nachwuchs.

Unser Archivfoto zeigt Nilgänse im Rosengarten Zweibrücken mit ihrem Nachwuchs.

Foto: Volker Baumann

Wer zu späterer Stunde im Rosengarten verweilt, der kann regelmäßig ein interessantes Schauspiel beobachten.

In der Zeit, wenn die Dämmerung einsetzt, drehen mehrere dutzend Saatkrähen mit viel Gekreische ihre Runden über der Anlage. Schließlich (nachdem sie sich vermutlich die Kehlen heißer geschrien haben), lassen sie sich auf mehreren Bäumen rund um den Weiher nieder.

Aus diesen Bäumen stieben dann, laut wetternd, etliche Halsbandsittiche hervor. „Bloß weg!“, scheint ihre Reaktion anzudeuten. Zumindest wollen sie offenbar nicht mit den Saatkrähen auf einem Baum sitzen.

Derweil drehen auf dem Weiher die Nilgänse ihre Runden und blicken verwundert auf diesen ganzen Aufruhr.

Saatkrähen, Halsbandsittiche und Nilgänse – es ist eine illustre Schar an Federvieh, das in den vergangenen Jahren in Zweibrücken heimisch geworden ist.

Die Saatkrähen haben in den vergangenen Jahren immer wieder für Diskussionen gesorgt, weil sie inzwischen in gewaltiger Zahl vor allem in der Allee anzutreffen sind. Und die Halsbandsittiche, ebenfalls in der Allee anzutreffen, sorgen für exotische Farbtupfer.

Derzeit dreht sich einige Aufmerksamkeit um die Nilgänse. Denn: Der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz nimmt diese – im wahrsten Sinne des Wortes – immer stärker aufs Korn. Diese ursprünglich aus Afrika stammenden Tiere breiten sich laut Landesjagdverband zunehmend in Rheinland-Pfalz aus. Im Jagdjahr 2019/2020 seien mit 2195 erlegten Nilgänsen  so viele wie nie zuvor geschossen worden, hat der Verband jetzt mitgeteilt (wir berichteten).

Für die Jäger führt an einer verstärkten Bejagung kein Weg vorbei. Die nicht heimischen Tiere zeigten ein aggressives Brutverhalten, verdrängten heimische Arten und drohten ökologische Schäden anzurichten.

Heiko Wunderberg, beim UBZ (Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken) unter anderem zuständig für Naturschutz, will die Frage der Bejagung der Nilgans nicht beurteilen. Wunderberg räumt ein, dass die Nilgänse, wenn sie brüten, durchaus sehr robust auftreten können.

„Dann wird schon mal nach einer Ente gehackt, wenn diese der Aufzucht zu nahe kommt“, sagt er. Dies werde dann von manchen Beobachtern als „rabiat“ empfunden. „Aber das ist halt die Tierwelt“, macht der Naturschützer deutlich, dass Tiere grundsätzlich ihren Nachwuchs mit durchaus energischen Mitteln verteidigen.

„Nilgänse sind Neozoen, also eingewanderte Tiere. Sie wurden früher als Ziergeflügel gehalten“, erklärt Wunderberg. Einige Exemplare seien dann ausgerissen. „Diese Tiere suchen Flächen mit kurzem Rasen, das lieben sie. Daher halten sie sich gerne im Rosengarten auf. Dort gibt es dieses kurze Gras.“

Peter Spieler ist Ornithologe für den Nabu (Naturschutzbund) in Zweibrücken. „Hobby-Ornithologe“, merkt er an. Allerdings hat er sich bereits seit rund einem Vierteljahrhundert dem Federvieh in der Rosenstadt verschrieben und sich umfangreiches Wissen angeeignet.

Spieler stimmt Wunderberg in Sachen Nilgänsen zu: „Wenn es um den Brutplatz geht, sind sie sehr dominant – allerdings wie alle Vögel.“

In Zweibrücken gebe es „keine Massenansammlungen von Nilgänsen“; Spieler geht davon aus, dass es in Zweibrücken eine einstellige Zahl von Nilgans-Brutpaaren gibt – mindestens ein Brutpaar im Rosengarten – ferner weiß er unter anderem von einem Brutpaar bei Mauschbach.

„Diese Tiere haben ein großes Streifgebiet, sie tauchen überall auf. Die Population ist schwer zu schätzen“, sagt er. Es seien bislang nur wenige Tiere in unserer Region ansässig, aber: „Die Nilgans brütet bis zu drei Mal im Jahr.“ Dennoch: „Ich sehe keinen Grund, sie abzuschießen“, sagt das Nabu-Mitglied. Seine pragmatische Erklärung: „Diese Tiere gehören jetzt dazu.“

Bei den Saatkrähen stellt sich die Frage einer Bejagung erst gar nicht. Sie stehen unter strengem Schutz. Das verdeutlicht UBZ-Mitarbeiter Wunderberg. Auch er hat beobachtet, dass sie gerne den Rosengarten aufsuchen. „Die Saatkrähen drehen morgens und abends ihre Kreise über der Stadt. Da herrscht immer viel Gekreische.“

Die Saatkrähen steuern vor allem die Mülldeponie bei Mörsbach an. Ein Schlaraffenland für die schlauen Tiere. „Aber auch das Grünland bei Mörsbach ist eines ihrer Ziele. Ein Schwarm fliegt ferner Richtung Hornbach, ein anderer auf die Wattweiler Höhe“, so Wunderbergs Beobachtungen.

Wenn es abends dämmert, kommt es zum gleichen Ritual wie in den Morgenstunden: Es werden lautstark Formationen über der Stadt geflogen, ein Teil der schwarzen Schreihälse lässt sich, wie erwähnt, auf Bäumen im Rosengarten nieder, danach geht es für die allermeisten auf die Platanen in der Allee, dort ist die Schlafstätte.

„Die Krähen lieben diese großen, hoch aufragenden Bäume und die freien Fläche ringsum“, weiß Wunderberg. Und wie ist es mit den Halsbandsittichen? Lieben diese die Saatkrähen? Oder fürchten sie sie womöglich – und flüchten deshalb aus den Bäumen im Rosengarten, wenn sich die Saatkrähen darauf niederlassen?

Wunderberg sieht diese Bedrohung nicht. „Saatkrähe und Halsbandsittich leben eigentlich in einer friedlichen Koexistenz“, sagt er. In der Allee würden die Krähen die Kronen der Platanen schätzen, die Sittiche bevorzugten die Hohlräume in den Bäumen – jeder finde also sein Plätzchen.

Wunderberg schätzt, dass es in Zweibrücken mittlerweile mindestens eine zweistellige Zahl von Halsbandsittichen gibt.

Während in der Rosenstadt diese bunten Zwitscherer durchaus noch als exotisch gelten würden, hätten Städte wie Wiesbaden oder Düsseldorf inzwischen massive Probleme mit den Tieren. Dort werden sie nun auch energisch bejagt.

Für Zweibrücken sieht Wunderberg diesbezüglich kein Erfordernis. Er gibt zu bedenken: „Die Halsbandsittiche sind zwar nicht geschützt, aber dennoch gilt hier der Tierschutz, ebenso der Artenschutz.“ Er stellt die Frage: „Warum sollte man sie töten? Sie stellen für heimische Tierarten keine Bedrohung dar.“

Nabu-Mitglied Spieler hat ein besonderes Augenmerk auf die Saatkrähen. „Ich zähle bereits seit zirka 20 Jahren die Nester in Zweibrücken“, sagt er. Aktuell geht der Ornithologe von rund 1000 Saatkrähen-Nestern aus. Wobei die Frage sei, ob diese auch alle besetzt sind. Es sei schwer, die Nester vollständig zu erfassen. Dafür wären Drohnen erforderlich. Allerdings würden diese wohl nicht lange über den Platanen surren. In anderen Kommunen seien Saatkrähen bereits auf Drohnen losgegangen und hätten aus diesen Kleinholz gemacht.

Verlassen viele Saatkrähen jetzt, wo die kalte Jahreszeit ansteht, die Rosenstadt? „Die Tiere sind meist standorttreu. Manche kommen allerdings aus ihren Herbst- und Winterquartieren nicht wieder zurück, sie vergesellschaften sich an einem neuen Ort und bleiben da.“

Was den Vogelkundler an den Saatkrähen beeindruckt: „Es sind Tiere, die als Paar ihr Leben lang zusammenbleiben – nicht so, wie oft bei uns Menschen.“

Bereits früh im Jahr, oft schon im Januar, würden sie anfangen, zu brüten. Selbst wenn also manche der Zweibrücker Saatkrähen über den Herbst und Winter in warme Gefilde ziehen (laut Wunderberg etwa an den Rhein): Sie sind rasch wieder in der alten Heimat. Und dann herrscht wieder mächtig Leben in der Allee!

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