Olga Koliak ist als Stein-Designerin ein Talent Im Lockdown das Naturtalent entdeckt

Zweibrücken/Homburg · Die gebürtige Ukrainerin Olga Koliak hat ihr Talent als Stein-Designerin entdeckt. Als Autodidaktin entwickelte sie sich so schnell weiter, dass sie auf Anhieb den Wettbewerb Homburg-Stein gewann. Beliebte Motive sind lebendig wirkende Tiere oder aufwändige Mandalas. Viele verteilt sie bei ihren Spaziergängen großzügig in der Natur.

  Mit Herzblut vollendet Olga Koliak den nächsten Tierstein. Davon kann man mit etwas Glück welche in den Wäldern der Region finden.

Mit Herzblut vollendet Olga Koliak den nächsten Tierstein. Davon kann man mit etwas Glück welche in den Wäldern der Region finden.

Foto: Cordula von Waldow

Der handgemalte Igel sieht aus wie eine Fotografie. Dabei ist jede Stachelspitze, jede Schattierung, die kleinste Mimik in dem plastisch wirkenden Tiergesicht unter den geschickten Händen von Olga Koliak entstanden. Die 51-jährige, gebürtige West-Ukrainerin bannt ihre Figuren, Landschaften oder Muster dabei nicht auf totes Papier, sondern auf lebende Steine. „Sie haben ihre ganz eigene Energie. Oft sehe ich das Bild schon vor mir, mit dem ich einen neuen Fundstein gestalte“, beschreibt die Stein-Designerin.

Der Corona-Lockdown gab der Textil-Verkäuferin aus Websweiler Zeit, um ihr neues Hobby und dabei ihr künstlerisches Naturtalent zu entdecken. Bei einem der vielen Spaziergänge im nahe gelegenen Wald fand sie einen bemalten Stein mit einem Engel. Davon berührt, nahm sie ihn mit. „Ob ich das wohl auch kann?“, fragte sich die IHK-zertifizierte Dolmetscherin.

Ihr Erstlingswerk war ein nach heutiger Einschätzung „ziemlich missglückter“ Smiley. Auch die ersten Engel- und Katzenversuche erinnern an kindlich-naive Malerei, wenngleich sie ihren Betrachter anrühren. Im Internet bildete sich die Wahlsaarländerin fort. Sie schaute Video um Video, investierte mittlerweile Hunderte von Euro in Kreide-, Aquarell- und Acrylstifte, Pinsel und Farben, Lacke und Harze. Schnell lernte sie: Qualität kaufen ist günstiger und führt zu befriedigenderen Ergebnissen als billige Ramschware. Social-Media-Gruppen wie „Saarsteine“ oder „Pfalzsteine“ unterstützten die geschickte Autodidaktin mit Tipps und Tricks. „Der Austausch dort ist sehr wertvoll“, freut sich Olga Koliak. Die ersten Tierbilder entstanden, zum Teil in Mischtechnik gestaltet, und zunehmend komplizierte Motive wie Mandalas. Dank ihrer Akribie und ihres perfektionisitischen Anspruchs meistert die Lebenskünstlerin jede Herausforderung.

Ihren künstlerischen Durchbruch erlebte sie, als sie im Sommer 2020 bei dem Wettbewerb „Wer malt den schönsten Homburg-Stein“ mit einem Abbild des alten Rathauses am historischen Marktplatz den ersten Preis gewann. „Ja, ich wollte gewinnen“, gesteht sie ihren Traum, doch ihr realistischeres Ziel war „unter die ersten Drei“ zu kommen. Ihr Sieg brachte ihr zahlreiche Anfragen, etwa für die Erinnerungs-Stätten an verstorbene Haustiere, die sie fotografisch genau auf Steinen verewigt.

Im Baustoffhandel wählt sie vornehmlich Rohsteine mit einer glatten Oberfläche, doch dort sowie bei Spaziergängen werde sie auch von ganz besonderen Steinen regelrecht gerufen. Deren liebevolle Bemalung dauert Stunden, je nach Motiv auch Tage oder Wochen, bis sie vollkommen zufrieden ist mit ihrem Werk. Obwohl sie ihre Kunstobjekte regelmäßig in der Natur zur Freude anderer verteilt, tummeln sich im Haus und in den eigens von ihrem Mann, Jürgen Becker, gestalteten Regalen mittlerweile unzählige Exemplare.

Mit Spenden für Auftragsarbeiten finanziert Olga Koliak ihr „Patenkind“ – ein Waisenmädchen in der Ukraine, und Medizin für ihren seit jungen Jahren nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmten Bruder. „Ein Hilfskorsett für ihn kostet ein paar Tausend Euro“, nennt sie ihr Ziel. Ein Zeichen der Dankbarkeit für das Leben, das die Wahldeutsche heute führt.

„Als junge Frau hätte ich mir nie vorstellen können, einmal so glücklich und selbstbestimmt, so rundum zufrieden in solcher Freiheit zu leben“, erinnert sich Olga Koliak. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter, als sie erst elf Jahre alt war, erlebte sie in der Lemberger Altstadt eine mehr als anspruchsvolle Jugend und einen äußerst schweren Start ins Berufsleben. „Ich habe auf meinen Vater gehört, statt auf mein Herz“, bekennt sie sich zu ihrer Entscheidung gegen Architektur und für ein Studium der Elektrotechnik.

Parallel dazu, erarbeitete die damals 17-Jährige nach dem Auszug ihres Vaters aus der Familienwohnung für ihre 15-jährige Schwester und sich neben dem Abendstudium an der TU den Lebensunterhalt in einem der ersten Computer-Unternehmen. Statt der vom Vater prognostizierten Sicherheit, brach mit der Revolution in der Ukraine Anfang der 1990er Jahre die Wirtschaft ein. Elektrotechniker waren nach Schließung der Unternehmen durch die Bank arbeitslos. Die junge Frau brachte sich und ihrer mittlerweile geborenen Tochter Viktoria mit einem Job in einem Kiosk durch, fuhr als Einäuferin in die Türkei, um beliebte Waren wie Süßigkeiten, Seife oder Plastiktüten zu importieren.

Die katholische Jugenorganisation ermöglichte der jungen Katholikin einen Besuch bei ihrer Freundin Galina, die nach Saarbrücken geheiratet hatte. Ein Vetter ihres deutschen Ehemanns verliebte sich in Olga und die kleine Viktoria und holte sie zu sich. Als er drei Jahre später starb, wurde es noch einmal schwer für die mittlerweile Anfang 30-Jährige, doch „immer noch einfacher als in der Ukraine“.

Ihr akzentfreies Deutsch verdankt sie unter anderem ihren Lesenächten, in denen sie die deutsche Literatur studierte und sich einen umfassenden Wortschatz aneignete.

Da sie oft nach Polen oder internationale Städte wie Istanbul und Prag gereist war, blieb bei ihrem ersten Deutschlandbesuch der große Kulturschock für die weltoffene, vielseitig interessierte Ukrainerin aus. Olga Koliak erinnert sich: „Am meisten fasziniert haben mich im Sommer die Straßen, deren Sauberkeit und die vielen Blumen überall. Im Winter die überall leuchtende Weihnachtsdekoration.“

Regelmäßig besucht sie ihre Familie in der Heimat, oft begleitet von ihrem zweiten Mann und Tochter Viktoria.

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