Hobby-Horsing im Reitstall Stephanie Linn in Einöd Reiten lernen mit dem Steckenpferd

Einöd · Hobby-Horsing ist ein neuer Trend, der besonders Pferdeliebhaber erfasst. Einbezogen in die Haltung und das Training der Steckenpferde, wird es manchmal zum Familien-Hobby.

 Stephanie Linn und Marie Derstroff (hinten v.l.) beobachten „Reiterinnen“ und „Pferde“ beim „Hobby-Horsing“ über den Parcours.

Stephanie Linn und Marie Derstroff (hinten v.l.) beobachten „Reiterinnen“ und „Pferde“ beim „Hobby-Horsing“ über den Parcours.

Foto: Cordula von Waldow

Lautes Wiehern erklingt aus der Reithalle der Familie Linn in Einöd. „Einige Pferde haben wegen des Gewitters doch recht ängstlich reagiert“, bestätigt Ausbilderin Stephanie Linn und grinst dabei über das ganze Gesicht. Kein Wunder, denn in der ganzen Reithalle läuft kein einziges lebendiges Pferd. Dafür allerdings sind sechs ihrer neun „Hobby-Horsing-Reiterinnen“ mit ihren Steckenpferden zu Gange. Sie haben den Tierlaut perfekt nachgeahmt. Wie so manches, was mit dem Pferd und dem Reiten zu tun hat.

Das demonstrieren die fünf- bis zehnjährigen Mädchen eindrucksvoll, denn sie absolvieren mit ihren wunderschön gestalteten Steckenpferden einen gesamten Hindernisparcours. Wie bei einem Reitturnier, nehmen sie Aufstellung und grüßen in die (Richter)Kamera. Nicht nur Amelie König-Buchholz mit ihrer Toffifee pumpt dabei, sichtlich schwer atmend, vor Aufregung. Im Schritt geht es durch einen Hütchen-Slalom, im Trab über die auf die Länge der Mädchenbeine abgestimmten Bodenstangen (mit „Pony-Ausgleich“ für die Kleinste) und dann im Galopp über die Sprünge. Vor dem letzten Hindernis, dem hoch gebauten Joker, gibt es die eine oder andere Verweigerung, wenn den Kinderbeinen nach der langen Runde durch den Reithallensand und Anspannung die Kraft fehlt. Fast wie im echten Reiterleben.

Mit den erstellten Videos kann sich das Team noch bis Ende Juli für ein Online-Turnier registrieren und Schleifen gewinnen. „Gewertet wird, wie beim Reiten auch: Die Haltung (der Sitz), die Stellung des Pferdes in den Wendungen, Rhythmus, Sprungkraft und Stil“, zählt Stephanie Linn grob auf. Die Pferdewirtin war im Internet auf die neue Trendsportart „Hobby-Horsing“ gestoßen, hatte die Marktlücke in der Region recherchiert und damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn viele Mädchen hatten ihren Eltern bereits seit Langem mit dem Wunsch danach in den Ohren gelegen. Deshalb sind die begleitenden Mütter froh und dankbar für das Angebot im Einöder Reitstall.

Mutter Yvonne Simon sieht das „Hobby-Horsing“ als „günstige Alternative für alle, die sich kein eigenes Pferd leisten können“. Oder keines wollen mit Blick auf Pflegeaufwand und Nebenkosten. So stehen in vielen „Hobby-Horsing-Ställen“ gleich mehrere Steckenpferde, meist in verschiedenen Farben und Ausführungen, und die ganze Familie ist eingebunden: Papa und Opa zimmern Ställe und gestalten Hindernisstrecken im Garten, Mama hilft ab und zu, die kleine Pferdeherde zu bewegen.

So manch ein Jugendtraum erfüllt sich dabei, wenn das Pferdevirus überspringt. Doch auch für ihr Reiten oder Voltigieren erfahren die Mädchen mit ihren, charakterlich sehr verschiedenen und nicht immer ganz einfachen, Pferden viel für die Realität. Vor allem sind sie über die sichtlich anstrengende Übungsstunde jeden Dienstag hinaus regelmäßig in Bewegung. Kondition, Koordination, Konzentration, Ausdauer trainieren – freiwillig, mit sichtlich mega viel Spaß.

„Weil wir Pferde lieben!“, erklingt es einstimmig auf die Frage nach dem „Warum“. Mit ihren Pferden befassen, sie bürsten, Zöpfchen flechten und wieder ausflechten, statt nur vor Handy oder PC zu sitzen. Wobei „Hobby-Horsing“- und Pferdevideos ohnehin bevorzugt werden.

Die Sozialpädagogin Stefanie Linn erlebt als Ausbilderin die rasante körperliche wie kognitive Entwicklung der Grundschülerinnen. Wie im wirklichen Reitunterricht, werden die Grundgangarten gelernt und verfeinert, die Bahnfiguren einstudiert, Dressuraufgaben ausgeführt und Parcours-Springen über Hindernisse aus dem Hunde- wie Pferdesport eingeübt. „Rhythmusgefühl“ sei dabei besonders wichtig: Wie viele Tritte brauche ich bis zum nächsten Sprung? Was bringt es mir, Tritte zu verkürzen, auf einen Zwischentritt mehr zu verlängern oder auf einen Zwischentritt zu verzichten? Wie merke ich mir die Hindernisabfolge schnell? Unterstützt bei der „Hobby-Horse“-Ausbildung wird Stephanie Linn von der Leichtatlethin und Reiterin Marie Derstroff. Außerdem sponserte das HeimTierZentrum HTZ Homburg ein paar Hindernisse, bedankt sich Stephanie Linn.

Im Oktober hatte der Unterricht begonnen und ist jetzt wieder in vollem Gang. In der 20 x 40 Meter-Reithalle ist noch genügend Raum für weitere „Hobby-Horse“-Reiter. Der Unterricht findet dienstags von 16.30 bis 17.30 Uhr statt. Info und Anmeldung unter (0157) 73 00 90 80.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort