Triathlet Oliver Spurzem vor großen Herausforderungen Qualvolle Momente vorprogrammiert
Zweibrücken · Der Einstand in eine ungewöhnliche Saison ist Oliver Spurzem schon mal gelungen. Neben dem Höhepunkt, seiner fünften Hawaii-Teilnahme, hat der Zweibrücker Triathlet weitere Herausforderungen zu meistern: Etwa zwei Wettkämpfe innerhalb von vier Tagen mit einer schlaflosen Nacht, insgesamt drei Langdistanzen und beinahe auch drei WM-Teilnahmen.
Quälen kann sich Oliver Spurzem. Im täglichen Training wie im Wettkampf. Er ist es gewohnt, alles aus seinem Körper herauszuholen, über lange Distanzen, über viele Stunden. Das hat der Zweibrücker Triathlet auch zum Saisonauftakt am vergangenen Wochenende bei der Mitteldistanz (1,9 km Schwimmen – 90 km Radfahren – 21,2 km Laufen) im Kraichgau wieder unter Beweis gestellt. Eine Herausforderung der besonderen Art steht für den 45-Jährigen, der in diesem Jahr zum fünften Mal beim legendären Ironman auf Hawaii starten wird, kommende Woche an. Nicht nur mit der Militär-Weltmeisterschaft über die für ihn ungewohnt kurze olympische Distanz (1,5 km – 40 km – 10 km) im spanischen Aguilas.
Die Vorfreude darauf, sich mit dem Bundeswehr-Nationalteam nochmal bei der WM des CISM (Conseil International du Sport Militaire) beweisen zu können, steigt bei Spurzem allmählich. Besonders, nachdem er am vergangenen Wochenende bei seinem Saison-Auftaktrennen in Baden-Württemberg so erfolgreich Wettkampfluft schnuppern konnte. Nach starken 4:33,46 Stunden (1,9 km Schwimmen: 28:10 min; 90 km Rad: 2:33,46 std; 21,1 km Laufen: 1:25 std) bei schwierigen Bedingungen überquerte er als Zweiter seiner Altersklasse M 45 bis 49 die Ziellinie. „Komischerweise war ich die ganze Zeit in meiner oberen Wohlfühl-Zone. Das war jetzt noch nicht so, als hätte ich mich schlimm angestrengt. Das war schon echt gut“, blickt der Zweibrücker zufrieden auf das erste Rennen des Jahres. Nach dem „welligen“ Schwimmen folgte eine „ziemlich harte“ Radstrecke hoch auf den Schindelberg. „Aber das hat schon gepasst. Ich hatte hinten raus keinen Einbruch, obwohl die Bedingungen echt mies waren“, erzählt Oliver Spurzem, wie ihn bei Kilometer 70 der Regenschauer traf. „Das hat richtig auf den Helm getrommelt.“ Doch selbst davon hat er sich nicht aus dem guten Rhythmus bringen lassen. „Das Training zahlt sich aus“, erklärt der ehrgeizige Sportler, dass er den Fokus in der langen Vorbereitung seit November aufs Radfahren gelegt hat, „weil ich da das größte Defizit hatte“. „Ich merke aktuell zwar, dass es beim Schwimmen nicht unbedingt eine Steigerung gibt, dafür habe ich auf dem Rad mehr Effizienz. Und Laufen war ja noch nie das Problem“, sagt er lachend. Wenn die wellige, kurvige Strecke zum Saisoneinstieg auch nicht die einfachste war. Aber einfach ist auch nichts für Spurzem.
Ganz und gar nicht leicht fiel ihm die Entscheidung, die er nach dem Rennen treffen musste. „Mit meiner Platzierung habe ich auch einen Startplatz für die Halbdistanz-WM in St.George (Utah) 2022 gewonnen“, erzählt Spurzem. Es wäre neben der Militär-WM über die olympische Distanz kommende Woche und der Langdistanz-WM auf Hawaii Anfang Oktober der dritte WM-Start in nur einem Jahr. Doch er hat sich schweren Herzes gegen eine Teilnahme entschieden, „da mein Terminkalender mit zwei WM-Starts und einigen anderen Wettkämpfen schon echt voll ist“. Grundsätzlich hätten die 70.3-Titelkämpfe Ende Oktober sogar noch gepasst, weil Spurzem zwei Wochen nach Hawaii ohnehin noch sein bereits mehrfach verschobenes Rennen in den USA (Sacramento/Kalifornien) im Plan hat. „Von dieser Langdistanz könnte ich theoretisch nochmal rüberfahren nach St. George.“ Doch hadernd habe er sich letztlich dagegen entschieden. „Alles gut. Ich bin ja happy, dass es so gut läuft.“ Dass er durch seine Leistung überhaupt in die Lage versetzt wird, über drei WM-Starts in einer Saison nachzudenken.
Gleich am Montag richtete sich der Fokus von Spurzem, der schon wieder zum lockeren Training aufs Rad stieg, dann aber auf die nächsten Herausforderungen. Die nicht ohne sind in der kommenden Woche. Am Montag geht es von Zweibrücken nach Hamburg, von wo das Bundeswehr-Nationalteam am Dienstag nach Spanien fliegt. Am Donnerstag bestreitet der Stabsfeldwebel des Fallschirmjägerregiments 26 sein WM-Rennen in Aguilas. Am Samstag geht es zurück nach Hamburg. Zum Ausruhen bleibt dem 45-Jährigen dann überhaupt keine Zeit. Denn über Nacht fährt er ohne großen Schlaf gleich durch nach Maxdorf. „Dort stehe ich am nächsten Morgen schon wieder an der Startlinie.“ Zur nächsten Mitteldistanz. Hört sich selbst in Spurzems Ohren verrückt an. „Das wird total beschissen“, gibt er zu. Aber sein ganzes Team – 14 Athleten, die er als Trainer betreut – wird dort starten. „Wir haben gesagt, wir machen ein Team-Event daraus, wir wollen alle da sein.“ Und genau deshalb nimmt Spurzem diese ungewöhnlichen Strapazen auf sich. „Als Teamchef muss ich da sein, da muss ich durch.“
Zuvor aber steht die Militär-WM an. Was dort im Nationaldress möglich ist, kann der Zweibrücker nur schwer einschätzen. „Das Team ist recht stark. Schön wäre es, mit der Mannschaft nochmal eine Medaille zu gewinnen.“ Wie 2018 im schwedischen Lidköpping, als Spurzem mit dem Bundeswehr-Nationalteam Bronze erkämpfte. „Im Einzel werde ich wahrscheinlich nicht so stark sein. Einfach, weil ich meinen Fokus schon auf das Langdistanztraining gelegt habe“, erklärt er, dass die kürzere, aber für ihn zugleich heftige olympische Distanz etwas ganz anderes sei. „Das wird schon wehtun. Diese Strecken jetzt aus dem Ironman-Training heraus werden eine echt harte Nummer. Aber es ist eine Weltmeisterschaft, das macht man dann ja für Deutschland.“ Und die Grundschnelligkeit sei schließlich da. „Ich werde einfach versuchen, das Beste rauszuholen. Zu was das reicht, werden wir dann sehen“, sagt Spurzem, für den der Blick nach Maxdorf dann allmählich auf das nächste große Ziel gerichtet wird: Seine fünfte Teilnahme an der Ironman-WM auf der Pazifikinsel.
„Mit Maxdorf schließe ich sozusagen einen ganz harten, längeren Trainingsblock ab und mache dann Mitte Juni mal Pause. Schüttele mich, bevor der Hawaii-Block startet“, erklärt der Zweibrücker, dass er dann vier Wochen Zeit bis zu seiner ersten Langdistanz des Jahres – seiner insgesamt 15. – am 10. Juli im schweizerischen Thun hat. Danach folgt eine weitere kurze Ruhephase, bevor die direkte Vorbereitung auf die WM beginnt. Wo er nicht einfach nur dabei sein möchte. „Urlaub habe ich in diesem Sommer gestrichen. Das kann ich mir dieses Jahr nicht leisten. Ich muss mich jetzt wirklich einmal komplett auf Hawaii vorbereiten. Den Fokus nur darauf richten“, betont Spurzem, der sich mit zwei Rennen im September – der olympischen Distanz in Remagen sowie der Mitteldistanz in Neuwied – die letzte Wettkampfhärte holen will.
Lange drei Jahre sind aufgrund der Corona-Pandemie seit seiner letzten Hawaii-Teilnahme 2019 vergangen. Das große Ziel hat sich in dieser Zeit für Spurzem nicht geändert: Über die 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen auf der Vulkan-Insel endlich die Zehn-Stunden-Marke zu knacken. Seine Langdistanz-Bestzeit liegt bei 9:14 Stunden (Frankfurt), auf Hawaii bei 10:03 Stunden. „Diese Marke bleibt im Kopf.“ Bis sie abgehakt ist. Und dafür ist Oliver Spurzem bereit, sich erneut so richtig zu quälen.