Triathlet Oliver Spurzem Top-Auftakt bei widrigen Verhältnissen

Aix-en-Provence/Zweibrücken · Oliver Spurzem hat es schon wieder getan. Gleich im ersten Rennen des Jahres sicherte sich der Zweibrücker Triathlet – für ihn selbst überraschend – den Altersklassensieg beim Halbdistanz-Ironman-Rennen in Aix-en-Provence. Und hat damit die Quali für die 70.3-WM in Finnland in der Tasche.

Der Zweibrücker Oliver Spurzem sicherte sich über die Halbdistanz in Aix-en-Provence den Sieg in seiner Altersklasse.

Der Zweibrücker Oliver Spurzem sicherte sich über die Halbdistanz in Aix-en-Provence den Sieg in seiner Altersklasse.

Foto: Privat

Der Abstecher in die Provence ist für Oliver Spurzem so ganz anders verlaufen als erwartet. Das Wetter viel schlechter als erhofft, die Bedingungen auf der harten Strecke widrig, das Abschneiden dafür überraschend gut. Der Triathlet aus Zweibrücken hat es nach seinem ersten Ironman-Altersklassensieg überhaupt bei der Langdistanz im schweizerischen Thun im Vorjahr gleich im ersten Rennen der neuen Saison erneut nach ganz oben aufs Podium geschafft. Die Ironman-Halbdistanz im französischen Aix-en-Provence legte er nach 4:34,40 Stunden für die 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 auf dem Rad, und 21,1 Kilometer auf der abschließenden Laufstrecke als Schnellster der Klasse 45 bis 49 zurück.

„Es war schon krass irgendwie“, erklärt der 46-Jährige am Montagmorgen im Rückblick auf das Rennen 24 Stunden zuvor, immer noch ein bisschen erstaunt von der eigenen Leistungsfähigkeit. Auf einer Strecke und unter äußeren Bedingungen, die es in sich hatten. „Das Schwimmen war noch gut“, erzählt Oliver Spurzem. Nach 28:16 Minuten hatte er die 1,9 Kilometer im Peyrolles-See hinter sich. Doch dann kam die Radstrecke. „In der Wechselzone habe ich mir erstmal Zeit gelassen. Ich habe mich warm angezogen. Es war wichtig, auf dem Rad nicht zu frieren.“ Denn mit dem erhofft sonnigen Wetter im Süden Frankreichs war es nichts. Die gesamte Woche über – auch am Wettkampftag selbst – hat es durchgehend geregnet. „So waren die ohnehin richtig schwierigen Abfahrten nass, da musst du ein bisschen auf Sicherheit fahren“, erklärt der Zweibrücker.

Auf den 90 Kilometern durch den Montagne Sainte-Victoire – mit 1200 Höhenmetern – sei er zwar dennoch die Werte gefahren, die er sich vorgenommen hatte. „Aber diese Berge – das war eine sehr schwere Strecke unter wirklich widrigen Umständen.“ Ohnehin sei der Straßenbelag in Frankreich, der bremst, nicht gut. „Und wenn es nass ist, dann siehst du fast nichts.“ Hinzu kamen das wellige Streckenprofil und der Wind. „Da war alles dabei, das war nicht geil“, erklärt Spurzem und ergänzt: „Ich bin schon froh gewesen, dass ich früh genug hier war und die Strecke vorab erkundet habe. Da wusste ich, welcher Abschnitt, welche Serpentinen jetzt kommen. Das war eine echt fiese Strecke und technisch extrem anspruchsvoll.“ Verkrampft ist er dabei aber nicht. Angst sei in solchen Situationen kein guter Begleiter. „Ich bin da wie eine Maschine auf dem Rad. Ich weiß ja, was ich machen muss. Wenn du da ausrastest, landest du eher mal im Graben.“

Mit dem Sieg in Aix-en-Provence hat Triathlet Oliver Spurzem das Ticket für die Halbdistanz-WM in Finnland gelöst.

Mit dem Sieg in Aix-en-Provence hat Triathlet Oliver Spurzem das Ticket für die Halbdistanz-WM in Finnland gelöst.

Foto: Privat

Ein Problem sei zudem gewesen, dass gleich zu Beginn der 90 Kilometer eine Gruppe weg ist, die auch Windschatten gefahren ist – eigentlich verboten. „Ich habe das nicht mitgemacht und sie ziehen lassen. So kann ich immer sagen: Ich habe das alleine geschafft.“ Und so ist Spurzem eben in seinem Tempo durchgefahren. Die Zeit von 2:35 Stunden hätten letztlich gepasst.

Als Siebter seiner Altersklasse ging der ehrgeizige Athlet auf die abschließende Laufstrecke. „Zur Spitze hatte ich acht Minuten Rückstand. Das war schon eine Herausforderung, die auf einer Mitteldistanz – auf 21,1 Kilometern – herauszulaufen.“ Eigentlich hatte er selbst nicht daran geglaubt, das noch schaffen zu können. „Der Plan war, einfach so hart zu laufen, wie ich kann, damit es am Ende okay für mich ist. Es wurde aber irgendwann mehr als okay, das hat sehr gut funktioniert“, sagt Spurzem lachend. Und das, obwohl er sich auf seiner einstigen Paradedisziplin in der Vorbereitung durch den Rad-Fokus nicht in Topform, rund fünf Sekunden pro Kilometer drüber, sah. Davon war am Sonntag allerdings rein gar nichts zu spüren. „Ich habe teilweise Zeiten von 3:36 Minuten pro Kilometer drin gehabt, das ist für einen Halbmarathon doch sehr fix“, war er erstaunt von seiner Physis. „Es hat schon richtig weh getan. Das war nicht schön. Aber ich konnte das frei im Kopf abrufen, konnte drücken, drücken, drücken und gegen den Schmerz angehen.“ So ist der Zweibrücker in 1:21 Stunden einen „sehr sehr schnellen Halbmarathon“ gelaufen. „Manchmal kann der Körper doch mehr, als du denkst.“

„Natürlich“ habe er einen kleinen Knick drin gehabt, „als ich wusste, ich bin mit doch recht großem Rückstand auf dem siebten Platz“. Dennoch habe er sich auch vor dem Halbmarathon nicht gestresst. „Eher unbewusst habe ich auf der Strecke Druck gemacht.“ So sehr, dass er Platz um Platz aufgeholt hat. „Ich hatte immer ein paar Zwischenzeiten, aber genau weißt du ja nie, was los ist im Rennen“, erklärt Spurzem, dass ihm im Zielkanal nicht gleich klar war, dass er ganz vorne landen würde. Denn rund einen Kilometer vorher lag der Zweibrücker noch auf Rang zwei. „Mit etwa 17 Sekunden Rückstand“ auf den Franzosen Alexandre Delort. „Den muss ich dann aber irgendwo noch überholt haben. Ich bin ins Ziel gekommen, habe auf die Zeit geschaut und dann kam kurz nach mir der Franzose. Er warf mir noch einen nicht so netten Blick zu, gratulierte mir aber missmutig“, erzählt Spurzem, der erfolgreich das Feld beim Laufen von hinten aufgerollt und den bis zum letzten Kilometer führenden noch abgefangen hat.

 Einmal ist Oliver Spurzem voll fokussiert vor dem Start des Rennens in Aix-en-Provence . . .

Einmal ist Oliver Spurzem voll fokussiert vor dem Start des Rennens in Aix-en-Provence . . .

Foto: Privat

Geholfen hat ihm dabei auch, dass er einen Teil der Strecke mit der Erstplatzierten der Profi-Frauen bestreiten konnte. „Die hat ein bisschen Pace gemacht. Das war wirklich gut“, erklärt der fünfmalige Hawaii-Teilnehmer. Denn die Laufstrecke durch Aix-en-Provence sei eine „ganz heiße Kiste“ gewesen. „Es ging hoch und runter, war sehr verwinkelt in der Stadt und führte teilweise durch einen sehr schlammigen, rutschigen Park. Wir haben ausgesehen wie die Schweine. Das war die Hölle.“ Aufgrund der Bedingungen „war das in der Gesamtleistung dann aber schon top“, ist Spurzem sehr zufrieden mit seinem Auftaktrennen. Durch das ein weiterer Wettkampf in diesem Jahr dazugekommen ist.

Denn gleich im ersten Anlauf ist ihm durch den Altersklassensieg in Frankreich die Qualifikation für die Halbdistanz-WM im finnischen Lahti (27. August) gelungen. „Das letzte Puzzlestück für die Saison ist nun also auch noch da“, freut sich Spurzem. Neben dem unverhofften Start bei der Langdistanz-Weltmeisterschaft am 10. September, die erstmals nicht auf Hawaii, sondern in Nizza ausgetragen wird, „habe ich auch die WM in Finnland nun im Sack“. Und so plötzlich zwei weitere Großereignisse im Rennkalender. Denn eigentlich hatte er auf seinen im Oktober in Sacramento erkämpften Slot für die Ironman-WM auf der Vulkaninsel 2023 verzichtet, mit dem Gedanken, in dieser Saison nicht auf Hawaii starten zu wollen. Nach der Verlegung nach Frankreich sei nachträglich nochmal eine Einladung für das Nizza-Rennen gekommen. Und so nimmt Spurzem die WM ohne den ganz großen Reiseaufwand eben doch mit.

Zunächst aber richtet sich der Fokus nun auf seine erste Langdistanz des Jahres im österreichischen Klagenfurt am 18. Juni. Auf der an Höhenmetern reichen Strecke stellte Spurzem 2016 in 9:16 Stunden für die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 auf dem Rad und 42,2 auf der Laufstrecke eine neue Bestzeit auf. Die er nur ein Jahr später in Frankfurt (9:14 Std.) toppte. Damals hat es in Klagenfurt nicht für einen Hawaii-Slot gereicht. Auch dieses Mal kann er den Austria-Ironman nicht für die nächste Quali 2024 nutzen. „Dafür ist das Rennen zu früh.“

 . . . dann wieder ist der Zweibrücker gut aufgelegt vor dem Sprung in den Peyrolles-See.

. . . dann wieder ist der Zweibrücker gut aufgelegt vor dem Sprung in den Peyrolles-See.

Foto: Privat

Nach dem Start beim Sassenberg-Triathlon mit dem Militär-Nationalteam Anfang August, folgt für den Stabsfeldwebel des Fallschirmjägerregiments 26 kurz darauf der Trip nach Finnland. Nach der 70.3-WM kommt dann noch Nizza. „Das sind wieder genug Highlights“, sagt der 46-Jährige. Und das, obwohl die Hawaii freie Saison eigentlich als eine zum Durchatmen geplant war. „Es kommt ja darauf an, wie Du die Rennen gestaltest. Ich hatte auch in Aix-en-Provence den Kopf frei und bin ohne Erwartungen rangegangen“, erklärt er. „Und dann hat irgendwie alles gepasst, die Form stimmt“, sagt Oliver Spurzem happy und blickt somit recht entspannt den kommenden Aufgaben entgegen.

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